Die Pachtpreise für Flächen für die Photovoltaiknutzung hören sich durchaus lukrativ an: Investoren bieten 2.500 bis zu 4.500 €/ha jährlich plus prozentuale Beteiligung am Stromerlös. Unterschreiben Sie aber nicht voreilig: Rechtsanwalt Mandus Fahje von Geiersberger Glas & Partner mbB Rechtsanwälte aus Schwerin rät, sich vorher genau zu überlegen, was mit der Fläche nach 30 Jahren ist.
Es ist nicht nur anzunehmen, dass die Fläche vermutlich den Ackerstatus verliert und ein Grünlandumbruch nur gegen Ausgleich möglich sein dürfte. Daneben besteht eine Problematik bezüglich der Erbschafts- und Schenkungssteuer, die das Angebot komplett unwirtschaftlich machen kann.
Eine frühe steuerliche und rechtliche Beratung ist unbedingt ratsam. Wertvolle Hinweise dazu gibt Fahje im Interview:
Diese wertvollen Tipps vom Fachmann sollten Sie dringend beachten
Herr Fahje, der Wettlauf um Land hat auch die Photovoltaik erreicht: Entwickler und Betreiber suchen händeringend nach Flächen. Was raten Sie Landwirten, die Pachtangebote erhalten?
Fahje: Bei Pachtverträgen mit Laufzeiten von 20 bis 30 Jahren sollte niemand übereilt unterschreiben. Überlegen Sie sich vorher, was mit der Fläche nach 30 Jahren ist. Bedenken Sie, dass die Fläche den Ackerstatus vermutlich verloren hat und ein Grünlandumbruch ausgleichspflichtig sein könnte. Dieser Wertverlust muss über die Pacht kompensiert sein. Was könnten Sie auf den Flächen in dieser Zeit erwirtschaften? Lohnt sich das Rechtsgeschäft?
Dazu kommt die Problematik mit der Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer, die das Angebot komplett unwirtschaftlich machen kann: Denn findet während der Vertragslauszeit eine Betriebsübertragung durch Todesfall oder auch geplant statt, gehört die Photovoltaikfläche (PV-Fläche) nicht mehr zum landwirtschaftlichen Vermögen des Betriebs, das erbschaftssteuerrechtlich verschont wird. Es können erhebliche Erbschaftssteuerbelastungen entstehen.
Diese Problematik wird häufig über eine geringe Beteiligung des Flächeneigentümers von ca. 1 % an der Betreibergesellschaft der PV-Anlage gelöst. Die Verpachtung von Solarflächen kann bei Anwendbarkeit der Höfeordnung zu Folgeproblemen und Ansprüchen der sogenannten Miterben führen, die den Hof nicht übernehmen. Fazit: Kommt die Verpachtung tatsächlich in Betracht kommt, lassen Sie sich unbedingt schon früh steuerlich und rechtlich beraten. Manchmal ist auch der Eigenbetrieb der Anlage eine Option, oder eine größere Beteiligung an der Betreibergesellschaft.
Was ist wichtig, wenn man sich für einen Pachtvertrag entscheidet?
Fahje: Die Anlagen können nur umgesetzt werden, wenn die zuständigen Gemeinden dies wollen und bereit sind, einen entsprechenden Bebauungsplan auf den Weg zu bringen. Andernfalls sind die Anlagen nicht genehmigungsfähig. Es ist also immer ein kommunalpolitisches Thema.
Zu beachten ist auch, dass sich Projektierer die Flächen teilweise auf Vorrat sichern und die Verträge dann weitervermarkten oder die angedachten Projekte auch gar nicht weiter verfolgen. Bevor die Planung nicht ein gewisses Stadium erreicht hat, z.B. durch Vorliegen des Planaufstellungsbeschlusses für den B-Plan, sollten keine grundbuchlichen Rechte bewilligt werden.
Die vertraglichen Rechte und Pflichten sowie die Grundbucheintragung sollten auf die letztlich tatsächlich in Anspruch genommene Fläche begrenzt werden. Es kann sich lohnen, die tatsächlich genutzte Fläche katasterlich herauszumessen, sobald die Anlage steht, damit die übrigen Flächen verkehrsfähig bleiben.
Schließen Sie als Eigentümer ausdrücklich die Haftung dafür aus, dass sich die Grundstücke für eine Solarnutzung tatsächlich und rechtlich eignen, da Sie dies nicht abschätzen und daher auch nicht gewährleisten können!
Ein Streitpunkt im Pachtvertrag sind oft auch die aus Gründen des Naturschutzrechts notwendigen Ausgleichsflächen. Geht man von intensivem Ackerland zur PV-Nutzung über, ist der Ausgleich meist weniger umfassend, als wenn Dauergrünland überbaut wird.
Überlegen Sie sich, ob Sie als Grundstückseigentümer die Ausgleichspflicht übernehmen. Wer z.B. Wasserflächen anlegt, muss damit rechnen, dass diese nach 30 Jahren geschützte Biotope sind, die nicht rückbaubar sind.
Im Vertrag lässt sich festlegen, dass hier eine Entschädigung gezahlt wird. Jedenfalls sollten diese Flächen aber bei der Bestimmung der Pachthöhe berücksichtigt werden. Bedenken Sie immer: Sie als Grundstückseigentümer verpachten nur einmal und müssen 30 Jahre mit den getroffenen Regeln leben!
Reicht eine pauschale Flächenpacht?
Fahje: Auf keinen Fall! Von der Systematik her favorisieren wir in unserer Beratungspraxis Nutzungsentgelte, wie es auch im Windkraftbereich üblich ist. Das heißt, es gibt zum einen eine feste Mindestpacht von mindestens etwa 3.500 €/ha und Jahr.
Dazu kommt zwingend eine prozentuale Beteiligung am Einspeiseerlös. Diese Beteiligung liegt im Regelfall bei etwa 6,5-8 % des Netto-Einspeiseerlöses aus dem Betrieb der Anlage auf der verpachteten Fläche, naturgemäß nicht der gesamten Anlage. Teilweise wird dieser Prozentsatz während der Vertragslaufzeit erhöht, z.B. sobald die Fremdfinanzierung endet.
Der Vorteil ist: Durch die Erlösbeteiligung wird das Inflationsrisiko zumindest in erheblichen Teilen abgedeckt, und Sie haben Anteil an Strompreisentwicklung sowie dem wirtschaftlichen Erfolg der Anlage. Legen Sie auch eine Beteiligung an den sonstigen Einnahmen aus dem Anlagenbetrieb fest, wie z.B. der Verkauf von Co2-Zertifikaten (sog. Herkunftsnachweise).
Wenn statt der Vermarktung des Stroms die Erzeugung von grünem Wasserstoff oder sonstige Verfahren zur Stromverwertung geplant sind, sollte auch dies berücksichtigt werden, da der Strom dann wohl nicht zu marktüblichen Preisen verkauft wird.
Wann sollten die Pachtzahlungen beginnen?
Fahje: Üblich ist eine zumindest anteilige, z.B. hälftige Zahlung der Flächenpacht ab Baubeginn. Ab diesem Zeitpunkt ist schließlich keine landwirtschaftliche Nutzung mehr möglich. Spätestens ab Inbetriebnahme der Anlage ist der volle Betrag zu zahlen. Außerdem rechtfertigt schon das exklusive Vorhalten der Fläche bis zum Baubeginn die Forderung nach einem Bereitstellungsentgelt. Dies motiviert den Betreiber zusätzlich zur Projektbeschleunigung.
Sollte man die Pachtzahlung absichern?
Fahje: Das ist Verhandlungs- und Vertrauenssache. In der Praxis ist dies nicht die Regel, jedenfalls nicht über Bürgschaften o.Ä. Soll eine Absicherung erfolgen, muss sie insolvenzsicher sein. Eine Variante wäre eine ggf. abgezinste Vorauszahlung auf die Pacht für einen Teil der Vertragslaufzeit, der auch bei vorzeitigem Ende nicht zurückzuzahlen ist.
Wichtig ist in Sachen Absicherung aber vor allem eine ausreichende Rückbaubürgschaft, die regelmäßig überprüft und angepasst werden sollte, weil sich Entsorgungs- und Rückbaukosten eventuell ändern.
Der Pachtvertrag wird branchenüblich im Grundbuch abgesichert. Welche Hinweise geben Sie dazu?
Fahje: Gängig ist eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit zu Gunsten der Betreiber. Akzeptabel ist auch eine Vormerkung für die Bank, falls der Haftungs- oder Sicherungsfall eintreten sollte. Ebenso die Verpflichtung, für neu in den Vertrag eingestiegene Dritte die persönliche Dienstbarkeit zu bewilligen. All diese Rechte können auf die maximale Vertragslaufzeit befristet werden.
Will die Bank oder Dritte direkt eine eigene Dienstbarkeit bekommen, ist das ist aus meiner Sicht nicht nötig und auch nicht gerechtfertigt. Die Bank ist nicht Vertragspartner des Eigentümers und sie übernimmt diesem gegenüber auch keine Pflichten. Wieso sollten ihr daher Nutzungsrechte eingeräumt werden? Das ist allerdings ein stetiger Streitpunkt in den Verhandlungen.
Kann man trotz Freiflächenphotovoltaikanlage Flächenprämien erhalten?
Fahje: Ab 2023 ist gemäß der neuen GAP davon auszugehen, dass „klassische“ Freiflächenanlagen keine EU-Förderung erhalten. Anders sieht es bei Agriphotovoltaik-Anlagen aus, bei der die landwirtschaftliche Hauptnutzung mit üblichen Geräten im Vordergrund steht und die Stromproduktion aufgeständert in lichter Höhe bzw. bodennah aufgeständert stattfindet. Verringert diese Anlage die Landwirtschaftsfläche nur in einem Umfang von 10 bis 15 %, bleibt die Fläche förderfähig.
Was passiert mit dem Ackerstatus?
Fahje: Derzeit ist nach hiesiger Rechtsauffassung davon auszugehen, dass der Ackerstatus bei Freiflächenanlagen verloren geht. Ob der Gesetzgeber dieser Rechtsfolge entgegentreten wird, bleibt abzuwarten. Nehmen Sie die Fläche nach 30 Jahren Photovoltaik wieder in die Nutzung, müssen Sie jedenfalls damit rechnen, dass Dauergrünland entstanden ist. Dieses wieder umzubrechen, könnte aus Gründen des Naturschutzes dann ein ausgleichspflichtiger Eingriff sein. Ist der Umbruch nicht möglich, entsteht natürlich ein Verkehrswertverlust.
Was ist mit der jagdlichen Nutzung?
Fahje: Das ist eine wichtige, oft übersehene Überlegung. Die Fläche wird eingezäunt und damit zum befriedeten Bezirk, in dem die Jagd ruht. Sie ist langfristig nicht mehr landwirtschaftlich nutzbar, was z.B. Auswirkungen auf die Mindestgröße einer Eigenjagd oder den Anspruch auf Jagdpacht bei Verpachtung des Jagdausübungsrechts haben kann. Ein Jagdpächter muss keine Pacht für eine nicht bejagbare Fläche zahlen.
Was ist wichtig bei der Kündigung?
Fahje: Häufig wollen sich die Betreiber Kündigungsrechte für den Fall festschreiben, dass die Anlage nicht wirtschaftlich errichtet werden kann oder während der Laufzeit unwirtschaftlich wird. Das kann den Grundstückseigentümer doppelt belasten: Stellen Sie sich vor, die Anlage ist acht Jahre gelaufen, dann wird gekündigt. Sie haben dann Dauergrünland mit dem entsprechenden Verkehrswertverlust und den Verlust aus 20-30 Jahren fehlender Pachtzahlung.
Will der Betreiber weitreichende Kündigungsrechte festschreiben, finde ich es daher legitim, sich gegen diese Verluste abzusichern. Hier muss die Absicherung zwingend insolvenzsicher sein, denn wird die Anlage unwirtschaftlich, verfügt die Betreibergesellschaft nicht mehr über die nötigen Mittel, um den Eigentümer zu entschädigen.