Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Gärrestaufbereitung

Pilotanlage: Mit MAP vom Gärrest zum Torfersatz

Landwirt Torben Lohmann aus Voerde erzeugt mithilfe von Kieserit und einem Dekanter ein Substrat, das bei Gärtnereien gefragt ist.

Lesezeit: 4 Minuten

Die Gärrestaufbereitung ist nicht nur eine Möglichkeit, Nährstoffe transportfähig zu machen. Sie kann auch ein neues Geschäftsfeld eröffnen. Einen neuen Weg dazu beschreitet seit Kurzem Torben Lohmann aus Voerde-Stockum in Nordrhein-Westfalen. Lohmann betreibt seit dem Jahr 2011 eine Biogasanlage mit 250 kW elektrischer Leistung. Als Substrat setzt er heute überwiegend Gülle und Mist ein. „„Da der Kuhstall nicht mehr zeitgemäß war, stand ich vor der Entscheidung, weiter in die Viehhaltung zu investieren oder neue Wege zu beschreiten“, berichtet der Landwirt.

MAP-Fällung mithilfe von Kieserit

Das Wichtigste zum Thema Energie freitags, alle 4 Wochen per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Seit Frühjahr 2020 hat Lohmann in einem eigenen kleinen Praxisversuch begonnen, den Gärrest aufzubereiten. Zunächst gibt Lohmann im Nachgärbehälter ESTA Kieserit dazu. Das Düngemittel des Herstellers K+S enthält 27 % Magnesium und 22 % Schwefel. Stickstoff und Phosphor aus dem Gärrest gehen im Nachgärer eine chemische Reaktion mit Kieserit ein, es entstehen wasserunlösliche Kristalle in Form von Magnesium-Ammonium-­Phosphat (Struvit). „Die Menge bemisst sich am Phosphatgehalt und sollte als Faustformel das 1,4fache vom P-Gehalt in dem Gärrest betragen“, erklärt Berater Reinhard Elfrich von K+S Minerals and Agriculture. „Die über Kieserit zugeführten Nährstoffe werden von den Kulturpflanzen ohnehin gebraucht. Das Produkt ist außerdem nach EU-VO im ökologischen Landbau zugelassen“, sagt Elfrich.

Fest-Flüssig-Trennung im Dekanter

Der so behandelte Gärrest gelangt in der Anlage von Lohmann in den Dekanter, den die Firma Flottweg, Hersteller von Schneckenzentrifugen, für den Versuch zur Verfügung gestellt hat. Lohmann hat diesen zusammen mit dem Flottweg-Servicetechniker Michael Matzken an das Biogassubstrat angepasst. Denn die Technik kommt ansonsten überwiegend in Klärwerken zum Einsatz.

Im Dekanter wird der Gärrest in eine Fest- und eine Flüssigphase getrennt. Die Festphase hat etwa einen TS-Gehalt von 25 %. „Die Flüssigphase führen wir als Rezirkulat wieder zurück in den Fermenter“, erklärt Lohmann. Es stellte sich heraus, dass der Stickstoffgehalt der wenig transportwürdigen flüssigen Phase um 65% reduziert wurde. Zudem ist der Gärrest nahezu geruchslos.

Mischung mit Kompost

Die anfallende Festphase mischt Lohmann mithilfe einer Siebmaschine aus der Kompostierung mit Grünschnittkompost. „Das Material ist für Erdenwerke und Gärtnereien als Torfersatz sehr interessant, es gibt eine große Nachfrage“, sagt Sergej Steinbarth von der Firma G&D Steinbarth, die jetzt Vermarktungswege für das Material aufbauen will. Als Abnehmer hält er auch Ökobetriebe bzw. Bio-Gärtnereien für geeignet.

„In der Tat können Torfersatzprodukte für Biogasanlagenbetreiber ein zukünftiger Markt sein“, bestätigt Prof. Walter Stinner vom Deutschen Biomasse-Forschungszentrum aus Leipzig. Denn Torf trägt zum Abbau der Moore bei, was aus Natur- und Klimaschutzaspekten immer mehr in die Kritik gerät.

Als Torfersatz reicht es jedoch nicht, den Gärrest einfach nur zu entwässern, erläutert der Wissenschaftler: „Wichtig ist es, eine gute Struktur zu schaffen, die für die Anzucht von Jungpflanzen wichtig ist.“ Hierbei können Holzfasern helfen, z. B. aus Grünkompost. Allerdings gibt es einen Zielkonflikt. „Im Kultursubstrat muss genügend Stickstoff zur Versorgung der Pflanzen vorhanden sein. Doch auch beim mikrobiellen Abbau der Holzfasern wird Stickstoff benötigt und festgelegt. Bei der Mischung des fertigen Kultursubstrates muss man also diese Stickstofffixierung durch eine entsprechende Zugabe überkompensieren.“ Die hohe Stickstoffverfügbarkeit beschleunigt den Abbau der Fasern, so dass die Strukturwirkung abnimmt. Die geringe Löslichkeit des Struvits, dass von den Pflanzenwurzeln erschlossen werden kann, dürfte hier Vorteile gegenüber anderen Düngern bieten, erwartet Stinner. Er wird jetzt zusammen mit Karl-Heinz Eichers von Erden.NRW eine Versuchsreihe anlegen.

Flüssigkeit wird fast klar

In der Pilotphase hat Lohmann jetzt über 5.000 m3 Gärrest aufbereitet. Was er dabei festgestellt hat: Wenn er den Gärrest mehrmals durch den Dekanter schickt, wird die Flüssigkeit immer klarer, sie enthält kaum noch Nährstoffe. „Mit Aufbereitungskosten von rund 1,16 €/m3 ist der Dekanter aber für eine reine Fest-Flüssig-Trennung zu teuer. Das Verfahren ist nur dann wirtschaftlich rund, wenn man eine Vermarktung für den Gärrest aufbaut“, stellt er fest. „Mit diesem Verfahren können wir alle Nährstoffe überwiegend in der festen Phase anreichern, was für die Vermarktung entscheidend ist. Die Flüssigphase ist so strukturarm, dass man sie jetzt in einer Umkehrosmose zu vorfluterfähigem Wasser aufbereiten kann“, ergänzt Berater Wilhelm Gantefort von der Firma Bio-Solar, der das MAP-Verfahren seit dem Jahr 2018 auf Biogasanlagen empfiehlt.

Mehr zu dem Thema

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.