Viele der aktuell diskutierten Lösungsansätze für die Verkehrswende wieE-Mobilität und E-Fuelsbieten ein enormes zukünftiges Potenzial. „Sie können aber weder heute noch in unmittelbarer Zukunft einen signifikanten Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten. Zertifizierte Biokraftstoffe dagegen können heute schon THG-Einsparungen von bis zu 71% erzielen“, betont Prof. Bert Buchholz vom Lehrstuhl für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren der Universität Rostock.Darum bedauert er es, dass die Politik die generelle Notwendigkeit von kontinuierlichen Forschungsaktivitäten im Bereich von nachhaltigen Biokraftstoffen immer wieder in Frage stellt.
Der Einsatz von Biokraftstoffe bei Landmaschinen ist anspruchsvoll
Gerade für den Einsatz von Biodiesel in Landmaschinen sind diese Forschungen aus mehreren Gründen notwendig:
- Grundsätzlich besitzen Biokraftstoffe wie Biodiesel oder Rapsölkraftstoff eine dem fossilen Diesel vergleichbare Energiedichte und erfüllen damit die Anforderung für Feldarbeiten. Die technische Schwelle für die Dekarbonisierung im Bereich Land-, Forst- und Bauwirtschaft ist im Vergleich zu anderen Alternativen niedrig.
- Die Belastungsprofile für Industriemotoren für Landmaschinen und Baumaschinen unterscheiden sich erheblich von denen eines Straßenfahrzeuges. Es gibt wesentlich weniger mittlere Lasten, dafür mehr Volllast und Niedriglast. Die Eignung der Kombination aus Motor und Kraftstoff für dieses Belastungsprofil muss ermittelt und abgesichert werden.
- Des Weiteren erfordern die strengeren Abgasnormen eine moderne, auf das System abgestimmte Abgasnachbehandlung (AGN). Das AGN-System für aktuelle Abgasstufe EU IV muss ebenfalls mit dem Kraftstoff und dem Belastungsprofil erprobt, die Einhaltung der Grenzwerte belegt und die Dauerhaltbarkeit abgesichert werden.
Keine Probleme mit Abgasnachbehandlung
Ein Schwerpunkt eines aktuell am Lehrstuhl für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren erfolgreich abgeschlossenen Forschungsprojektes war daher die Absicherung des AGN-Systems gegen Vergiftung der Katalysatoren durch im Kraftstoff enthaltene Bestandteile wie Phosphor, Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium, usw.
Diese Nachweise müssen für jede Motorgeneration sowie jeden genormten Kraftstoff neu erbracht werden. Für die nächste Abgasstufe EU V muss zusätzlich jeder Kraftstoff und somit auch Biodiesel und entsprechende Biodieselblends (z.B. B20/B30) getestet und hinsichtlich der Auswirkungen auf das Abgasnachbehandlungssystem und die Abgasemissionen im Life Cycle untersucht werden. Zusätzlich ist dann eine Typprüfung für jede Motorbaureihe erforderlich.
Motorenhersteller schätzen Situation unterschiedlich ein
Dazu kommt, dass Motorenhersteller die Biokraftstoffe sehr unterschiedlich einschätzen. Während die Deutz AG praktisch alle Baureihen ab Baujahr 1993 für den Einsatz von Biodiesel freigegeben hat, halten sich andere große Motorenhersteller sich damit zurzeit zurück. So hat laut Buchholz zum Beispiel die Firma CNH Industrial (mit der Hauptmarke New Holland bzw. Motorenhersteller Fiat Power Train) auf der Tagung „Kraftstoffe der Zukunft 2018“ in Berlin Bedenken bezüglich Vergiftungserscheinungen des Abgasnachbehandlungssystems geäußert und damit noch keine Freigabe für Biodiesel erteilt. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts an der Uni Rostock zeigten laut Buchholz jedoch, dass dieses Problem nicht auftritt.
„Der Vorteil bei der Nutzung von Biodiesel ist, dass dieser im Gegensatz zu vielen anderen alternativen Kraftstoffen bereits genormt ist. Außerdem ist Biodiesel europaweit in großen Mengen verfügbar und aufgrund seines Flammpunkts von über 55 °C einfach und sicher zu handhaben“, erklärt der Wissenschaftler. Mit einer zertifizierten THG-Minderung von 71% gegenüber fossilem Dieselkraftstoff sei Europäischer Biodiesel damit die aktuell effektivste verfügbare Lösung zur Senkung der THG-Emissionen.