topplus Nichtbrennbar und langlebig

Redox-Flow-Batterien haben viel Potenzial – gerade in der Landwirtschaft

Eine nicht brennbare Batterie mit nahezu unbegrenzter Lebensdauer? Dr. Jan Grosse Austing präsentiert die Vorteile der Redox-Flow-Technologie und mögliche Einsparungen durch alternative Elektrolyte.

Lesezeit: 5 Minuten

Ein großer Windpark oder eine Solarfreiflächenanlage ohne großen Batteriespeicher: Das wird künftig kaum noch möglich sein, ist Dr. Jan grosse Austing überzeugt. Darum werde der Batteriemarkt in nächster Zeit extrem stark wachsen. Der Geschäftsführer des Batterieherstellers Vanevo aus Oldenburg beschäftigt sich schon seit seiner Promotion mit der Stromspeicherung. „Ein sehr vielversprechendes System ist die Redox-Flow-Batterie“, ist er überzeugt (zur Funktionsweise siehe Info unten).

Die Vorteile

Redox-Flow-Batterien haben seiner Meinung entscheidende Vorteile gegenüber Lithium-Ionen-Systemen:

  • Während die Lebensdauer von Li-Ionen in der Regel zwischen 7 und 8 Jahren bzw. 3000 bis 5000 kompletten Ladezyklen (je eine Be- und Entladung) liegt, ist sie bei Redox-Flow-Batterien nahezu unbegrenzt. „Bei Li-Ionen gibt es bei jedem Lade-/Entladevorgang einen mechanischen Stress, den wir bei Redox-Flow nicht haben“, sagt er. Damit sind mindestens 15.000 Zyklen oder 20 Jahre Lebensdauer möglich.

  • Die Investitionskosten für eine Redox-Flow-Batterie sind zwar höher. Wegen der längeren Lebensdauer könnten die Speicherkosten je Zyklus nach aktuellen Studien aber bis 2030 von heute knapp 10 ct auf unter 5,5 ct/kWh fallen, Li-Ionen kämen auf ca. 7 ct/kWh.

  • Redox-Flow-Batterien lassen sich fast vollständig aus EU-Ressourcen herstellen. Damit sind Produzenten nicht von kritischen Rohstoffen und Lieferketten aus Übersee abhängig. „Und sie lassen sich auch leichter recyclen als konventionelle Batterien“, fügt der Geschäftsführer hinzu.

  • Die Batterien sind nicht brennbar. Das ist gerade für den Einsatz in oder nahe von Tierställen entscheidend. „Es gibt Versicherer, die lassen keine Lithium-Ionen-Batterien mehr in Ställen zu“, weiß er.

Leistung und Kapazität

Bei dem System lassen sich Leistung und Speicherkapazität trennen. „Wer tagsüber viel Zeit zum Laden hat, weil er den Strom nachts verwenden will, braucht viel Speicherkapazität, aber nicht so viel Ladeleistung“, sagt er. Das wäre z.B. der Fall bei großen Photovoltaikanlagen in der Landwirtschaft, die aus der EEG-Förderung fallen und bei denen der Betreiber vermeiden will, zu Zeiten von negativen Strompreisen einzuspeisen oder so viel wie möglich davon selbst zu verbrauchen.

Ein übliches System hat ein Verhältnis von Leistung zu Kapazität von 1:4, also z.B. 10 kW Leistung und 40 kWh Kapazität. „Möglich sind auch 1:8“, sagt grosse Austing. Das geht, indem man einfach das Volumen der Tanks verdoppelt. Die Leistung dagegen lässt sich mit der Anzahl der Stacks erhöhen, dem teuersten Bauteil des Systems.

Bereits installierte Systeme lassen sich auf diese Weise einfach erweitern. „Viele Betriebe wissen heute noch gar nicht, wie sich der Stromverbrauch entwickelt, wenn sie z.B. in elektrische Maschinen investieren und mehr Strom vom eigenen Dach selbst nutzen wollen. Die Redox-Flow-Batterie bietet hier viel Flexibilität“, nennt er einen weiteren Vorteil.

Wo die Redox-Flow-Batterie einen kleinen Nachteil hat,  sind die Verluste zwischen Ein- und Ausspeichern: Bei Li-Ionen liegen diese bei 14 bis 18 %, Redox-Flow kommen auf 20 %.

Eigene Systeme in der Entwicklung

Die erst 2018 gegründete Firma Vanevo stellt bislang Komponenten für Redox-Flow-Batterien her, plant aber demnächst den Einstieg in ein eigenes Produkt – wenn sich ein strategischer Partner finden sollte. „Wir haben ein erstes Modul mit 10 kW Leistung und 40 kWh Kapazität entwickelt, das wir jetzt auf 20 kW skalieren wollen“, sagt der Geschäftsführer. Sein Plan ist, ein komplettes System in einem 20-Fuß-Container anzubieten. „Mit zwei 4000 l-Tanks könnte man eine Batterie mit 160 kWh anbieten – also schon ein relativ großes System“, sagt er.

Als Kunden sieht grosse Austing landwirtschaftliche, gewerbliche und industrielle Betriebe im Bereich der mittleren Leistungsklasse sowie perspektivisch Energieversorger, Netzbetreiber oder Besitzer von Wind- und Solarparks bei den größeren Anlagen im Megawattbereich.

Noch Einsparpotenzial

„Wir haben uns vor allem mit dem Stack beschäftigt, der normalerweise aus rund 400 Schichten hergestellt wird. Jede Schicht ist mit einer Dichtung von der anderen abgegrenzt. Wir haben jetzt ein Verfahren entwickelt, um ihn kostengünstiger ohne Dichtungen herzustellen“, sagt er. Dabei werden alle Elemente aufeinandergestapelt und von außen verklebt. Statt 400 Teile, aus denen ein Stack normalerweise besteht, schafft Vanevo das mit knapp 240.

Eine weitere Möglichkeit, die Kosten zu senken, ist ein alternativer Elektrolyt. „Der klassische Vanadium-Elektrolyt kostet etwa 150 €/kWh, andere mit vergleichbaren technischen Eigenschaften kommen auf 40 €/kWh und stehen kurz vor der Kommerzialisierung“, nennt er ein Beispiel.

Weiteres Potenzial sieht er in einer stärkeren Automatisierung. „Bislang stellen wir manuell einen Stack pro Tag her. Bei größeren Stückzahlen kann das auch teil- oder vollautomatisiert geschehen, so dass wir mehrere pro Tag produzieren können“, stellt er in Aussicht.

Wie Redox-Flow funktioniert

Bei Redox-Flow-Batterien wird Strom in Flüssigkeiten gespeichert. Die Speicherflüssigkeiten, auch Elektrolyte genannt, werden in zwei Tanks gelagert. Zum Laden bzw. Entladen der Flüssigkeiten werden diese durch sogenannte Stacks gepumpt.

Beim Ladevorgang werden durch elektrochemische Reaktionen Elektronen und Ionen zwischen den Elektrolytlösungen ausgetauscht, wodurch Energie in Form von chemischer Energie gespeichert wird. Beim Entladevorgang wird dieser Prozess umgekehrt; die Elektronen und Ionen wandern in umgekehrter Richtung und die zuvor gespeicherte Energie wird in elektrische Energie umgewandelt, die dann genutzt werden kann.

Es gibt verschiedene Speicherflüssigkeiten. Vanadium-Elektrolyte wurden und werden seit den 1980er Jahren stetig weiterentwickelt und werden seit über 10 Jahren in kommerziellen Systemen eingesetzt. Es befinden sich aber auch viele weitere vielversprechende Elektrolyte in der Entwicklung, z.B. solche, die auf sehr günstigen und breit verfügbaren Metallen wie Eisen basieren oder auf organischen Aktivmaterialien, die theoretisch in unendlichen Mengen zur Verfügung stehen.

 

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