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topplus Wirtschaftsdünger aufbereiten

So werden Gülle und Gärrest zu Dünger

Wirtschaftsdünger können mit der richtigen Aufbereitung Mineraldünger und Energiepflanzen für Biogasanlagen ersetzen. Mit dem richtigen Verfahren profitieren Abgeber und Aufnehmer.

Lesezeit: 8 Minuten

In vielen Veredelungsregionen gibt es zu viel Stickstoff und Phosphat im Nährstoffkreislauf. Dagegen zeigen Ackerbauregionen großes Interesse an Wirtschaftsdünger. Denn damit können sie teuren Mineraldünger ersetzen. Doch Gülle und Gärrest enthalten viel Wasser und haben keine homogene Qualität. Darum sind Lösungen zur Aufbereitung und Verwertung gefragt.

Gezielte Aufbereitung nötig

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Ulrich Löhr vom Netzwerk Ackerbau Niedersachsen rät Veredelungsbetrieben, Gülle oder Gärreste gezielt für Ackerbauregionen aufzubereiten. Die Pflanzenbauer, die bislang mineralisch gedüngt haben, seien homogene Dünger und gezielte Gaben gewöhnt. Er schlug Kooperationen vor, bei denen Abgeber und annehmende Betriebe gemeinsam eine Mistplatte bauen. Das würde zu mehr Zuverlässigkeit auf beiden Seiten führen. „Ziel muss es sein, die Düngeeigenschaften zu verbessern, um dem Produkt einen Wert zu geben“, fordert auch Dr. Harm Drücker aus dem Fachbereich Energie, Bauen und Technik der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.

Darum sind neue Verfahrenskombinationen gefragt. Die künftige Gülle- und Gärrestaufbereitung muss mehrere Probleme lösen: Nährstoffe gezielt exportieren, die Transportwürdigkeit verbessern und damit die Entsorgungskosten senken.

Separation im Mittelpunkt

Die Aufbereitung muss daher zum Kunden, also zum Abnehmer der Wirtschaftsdünger passen. Hierbei haben sich in den letzten ein bis zwei Jahren zwei Strategien als praxisnahe Lösung entwickelt:

  • Der viehhaltende Betrieb in Überschussregionen separiert die Rohgülle – entweder mit einem eigenen, kleineren Separator kontinuierlich, oder er beauftragt einen Lohnunternehmer, der größere Mengen auf einmal bearbeitet.

  • Die Dünnphase bleibt bei diesem Verfahren auf dem Betrieb, die Feststoffe liefern Dienstleister an Biogasanlagen in Ackerbauregionen. Einige Biogasanlagenbetreiber haben auch eine Direktbeziehung zu den Viehhaltern aufgenommen und holen die Feststoffe dort ab.

  • Die zweite Lösung: Biogasanlagen in Veredelungsregionen nehmen Gülle und Mist von Viehhaltern an, vergären diese und verarbeiten den anfallenden Gärrest zu Dünger. Dieser lässt sich dann in Ackerbauregionen vermarkten.

Run auf die Festphase

Aktuell gibt es einen regelrechten Run auf die Feststoffe von separierter Rindergülle. „Sie sind ideal für die Biogasanlage und inzwischen beliebter als Hähnchenmist oder Hühnertrockenkot. Denn sie enthalten weniger Stickstoff, was für die Biologie im Fermenter besser ist“, sagt Carsten Bahlburg von der Firma BST Innova aus Tarmstedt (Niedersachsen), die sich auf Gülle- und Gärrestaufbereitung spezialisiert hat. Außerdem enthält der Feststoff keine Fasern – anders als z.B. strohreicher Pferde- oder Rindermist. Darum lässt sich das Material gut mit bestehender Einbringtechnik verarbeiten.

Zudem ist das Material günstig: In vielen Regionen können es Biogasanlagenbetreiber kostenlos abholen oder bekommen es gegen kleines Entgelt geliefert. Zwar liegt die Gasausbeute nur bei 50 % von der von Silomais. Das bedeutet: Es sind 2 bis 3 t Güllefeststoffe nötig, um 1 t Silomais zu ersetzen. „Damit steigt der Lagerbedarf auf der Anlage“, erklärt Bahlburg.

Aber dafür kann der Biogasanlagenbetreiber damit auch Gülle ersetzen und trotzdem die Auflagen für den Güllebonus erfüllen. So schiebt er weniger Wasser durch die Anlage, was den Lagerraum für den Gärrest am Ende reduziert.

Wichtig für eine hohe Gasausbeute ist , dass die Feststoffe möglichst frisch zur Biogasanlage kommen. In der Praxis hat sich bewährt, wenn das Material nicht älter als eine Woche ist.

Schnecken und Zentrifugen

Bei der Wahl der richtigen Separationstechnik kommt es vor allem auf die Art der Rohgülle an, zeigen Erfahrungen aus verschiedenen aktuellen Projekten, wie z. B. dem kürzlich abgeschlossenen deutsch-niederländischem Demonstrationsprojekt „Mest op Maat“ (Dünger nach Maß):

  • Pressschneckenseparatoren sind ideal für Rindergülle und Gärrest.
  • Bei dünnflüssiger Schweinegülle sind Zentrifugen das Mittel der Wahl.

Beide Techniken gibt es inzwischen auch als mobile Einheiten auf Lkw-Aufliegern mit einer Durchsatzleistung von bis zu 250 m3/Stunde. Die Lohnunternehmer, die die Dienstleistung anbieten, vermarkten dabei in der Regel auch die Feststoffe, die per Förderband gleich auf einen Lkw geladen werden.

Bei Pressschneckenseparatoren presst eine Schnecke die zugeführte Gülle gegen ein Sieb. Die in der Gülle enthaltenen Fasern sorgen für den Aufbau eines „Propfens“, der als zusätzliches Sieb dient. Die Kosten für diese Fest-Flüssig-Trennung liegen je nach Durchsatzleistung und Anlagengröße bei 1,20 bis 3,50 €/m3 Rohgülle. Die Investitionskosten für einen Separator gehen bei ca. 30 000 € los.

Bei dieser Technik lässt sich über den Anpressdruck der Schnecke der TS-Gehalt des Feststoffs einstellen. Er kann zwischen 20 und 30 % liegen. Feuchtes Material ist aus Sicht des abgebenden Betriebs dann erwünscht, wenn der Lagerraum knapp ist und viel Masse abtransportiert werden soll. Mit der Separation lässt sich der Lagerraum in der Regel um 20 bis 25 % reduzieren.

Trockener Feststoff ist dagegen gefragt, wenn Nährstoffe günstig über weite Entfernungen transportiert werden sollen. Allerdings gelingt die Nährstofftrennung mit der Pressschnecke nicht so gut, zeigen Messungen der Landwirtschaftskammer. Aus Sicht der Rinderhalter steht ohnehin nicht allein der Export von Phosphor oder Stickstoff im Vordergrund. Sie erhalten mit der Dünnphase einen Flüssigdünger, der sich gut auf dem Grünland ausbringen lässt. Denn er enthält viel pflanzenverfügbaren Ammonium-N, dafür aber weniger Fasern. Diese können bei Trockenheit „Würste“ auf dem Grünland bilden, die mit dem Gras nach oben wachsen und bei der Ernte wieder ins Futter gelangen.

Export von Phosphor

Dagegen ist der Export von Phosphor bei Schweinehaltern gefragt. „Das gelingt sehr gut mit der Zentrifuge“, berichtet Sascha Hermus (3N). Bis zu 80 % des in der Schweinegülle enthaltenen Phosphats (P2O5) reichert sich im Feststoff an.

Bei einer Zentrifuge wird die Gülle in eine Trommel eingeführt und anschließend mit 2 500 bis 3 000 Umdrehungen pro Minute geschleudert. Per Fliehkraft tritt dabei die Flüssigkeit aus. Die Technik hat aber einen hohen Strombedarf. Das erhöht die Gesamtkosten: Diese sind nach Auswertung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen mit 5 bis 7 €/m3 doppelt so hoch wie bei der Pressschnecke. Inzwischen bietet ein Hersteller allerdings auch einen senkrecht stehenden Pressschneckenseparator an, der sich für dünnere Schweinegülle eignen soll.

Genau rechnen

Jeder Betrieb sollte aber genau rechnen, was er heute für die Entsorgung bezahlt und was die Separation bringen könnte, rät Gerd Meyering, der bei der Landwirtschaftlichen Bezugsgenossenschaft Damme (LBD) für den Einsatz einer überbetrieblichen Zentrifuge zuständig ist. Die LBD übernimmt für Schweinehalter die Dienstleistung von der Stoffstrombilanz bis hin zur Pflanzenbauberatung und Dokumentation.

Die Genossenschaft liefert den abseparierten Feststoff derzeit vor allem an Biogasanlagen im Raum Hannover, Gütersloh oder Kassel. Das Zentrifugieren einschließlich Abfuhr der Feststoffe kostet ca. 10 €/m3 Durchsatz plus Anfahrt. „Wer heute mehr als 10 €/m3 Gülle für die Abfuhr bezahlt, sollte zumindest über das Zentrifugieren nachdenken“, nennt Meyering einen Faustwert. Mit der Dünnphase erhält der Landwirt zudem einen Kalidünger, dessen Düngewert er sich mit rund 2 bis 3 €/m3 gutschreiben kann. Zieht man das von den Separationskosten ab, kostet der m3 abgefahrener Gülle umgerechnet 7 bis 8 €.

Vollaufbereitung zu Wasser

Heute ist die Festflüssigtrennung (neben der Trocknung oder der Vakuumverdampfung von Gärresten) das häufigste Aufbereitungsverfahren. Daneben gibt es seit längerem Ansätze zur Vollaufbereitung, die mithilfe von Ultrafiltration und Umkehrosmose Nährstofffraktionen und einleitfähiges Wasser herstellen sollen. Von ihnen gibt es aber in Deutschland noch keine kontinuierlich laufende Anlage. Sie stehen vor vielen Herausforderungen, wie Drücker berichtet: „Sie müssen die nötigen Grenzwerte einhalten, die für das Einleiten des Wassers in den Vorfluter vorgeschrieben sind. Außerdem arbeiten einige Verfahren mit Fällungs- und Flockungsmitteln, was bei einer Verschärfung des Düngemittelrechts auf Dauer problematisch werden kann.“

Ein häufiges Problem ist auch die Verstopfung der Membranen bei der Umkehrosmose mit Fasern in der Gülle.

Zudem sind bei der Vollaufbereitung laut Drücker wegen der hohen Investitionskosten jährliche Durchsatzmengen von 100 000 m3 und mehr nötig, damit sich die Anlage rechnet. „Die Aufbereitungskosten werden aktuell nicht unter 10 €/m3 liegen“, kalkuliert der Berater. Dazu kommen die Transportkosten vom Betrieb zur Aufbereitung. Und schließlich muss er langfristige Verträge mit dem Betreiber der Aufbereitung eingehen. So flexibel wie mit einer Güllebörse ist er dann nicht mehr.

Verschiedene Lösungswege

Daher scheinen sich dezentrale Lösungen derzeit verstärkt durchzusetzen. Hierfür gibt es verschiedene Ansätze, wie die Praxis zeigt:

  • Direktbeziehungen zwischen Biogasanlagen und Milchviehhaltern,
  • Überbetriebliche Dienstleistungsangebote von Genossenschaften wie die LBD oder von Maschinenringen, die neben der Separation auch die Dokumentation und Vermarktung der Nährstoffe übernehmen,
  • Biogasanlagen als Nährstoffdrehscheiben, die Gülle und Mist aus der Region verarbeiten und daraus Dünger produzieren.
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