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So geht Solarnutzung ohne Flächendruck

Gleichzeitig Solarstrom erzeugen und Landwirtschaft betreiben – das ermöglichen Agri-Photovoltaikanlagen. Die Öko-Feldtage 2023 widmen dem Thema eine große Sonderfläche.

Lesezeit: 7 Minuten

Keine Frage: Will man ökonomisch optimiert möglichst viel Sonnenstrom je Hektar erzeugen und stößt auf keine planerischen oder rechtlichen Hindernisse, ist eine Freiflächen-Photovoltaikanlage (Freiflächen-PV) das Mittel der Wahl. Die erprobte Technik arbeitet wirtschaftlich und ermöglicht sogar für den Verpächter noch hohe Pachtzahlungen in Höhe von 2.500 bis 5.000 €/ha. Gravierender Nachteil der flächendeckenden PV-Anlagen: Die darunter liegende Fläche fällt aus der Bewirtschaftung und lässt den landwirtschaftlichen Bodenmarkt durch Pachtsteigerungen und Flächenentzug weiter unter Druck geraten.

Das ist nicht nur für den einzelnen Betrieb eine Herausforderung, sondern auch in Hinblick auf die regionale Nahrungsmittelproduktion. Aus diesen Gründen sprechen sich auch bereits Gemeinden grundsätzlich gegen Freiflächen-PV aus. Die Konkurrenz zwischen Landwirtschaft und Energieerzeugung entschärfen kann die Agri-Photovoltaik (Agri-PV). Hier finden landwirtschaftliche und Photovoltaiknutzung gleichzeitig statt, wobei die Hauptnutzung bei der Landwirtschaft liegt. Am Markt sind derzeit verschiedene Konzepte vertreten, u. a. gibt es:

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Vertikale Anlagen: Die Module stehen wie Zäune senkrecht in Reihen auf Acker und Grünland. Die Reihen sind meist in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet, damit die sogenannten bifacialen Module auf beiden Seiten vormittags bzw. nachmittags Strom erzeugen können.

Horizontale Anlagen: Hier sind die Moduleauf 5 – 6 m aufgeständert, sodass sich z. B. Schlepper und Mähdrescher darunter bewegen können.

Nachgeführte Agri-PV: Die Module stehen in Reihen auf dem Feld und drehen sich per Nachführtechnik mit der Sonne mit. Das Nachführen läuft über eine oder zwei Achsen, angetrieben von Motoren (2D- bzw. 3D-Tracking). Während der Bewirtschaftung lassen sich die Module senkrecht stellen.

Rückenwind für Agri-PV

Gegenüber den Freiflächen-PV genießen Agri-PV einige Vorteile bei Planung und Förderung. Zu beachten ist allerdings, dass Anlagen nur dann als Agri-PV gelten, wenn sie die Anforderungen der technischen Vorschrift DIN SPEC 91434 (siehe Kasten ) erfüllen. Mit folgenden Erleichterungen soll Agri-PV gefördert werden:

EEG: Mit der Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) Anfang des Jahres 2023 sind Agri-PV-Anlagen jetzt auf fast allen landwirtschaftlichen Flächen förderfähig und nicht mehr nur auf 500 m-Streifen entlang von Autobahnen etc. Hochaufgeständerte Agri-PV erhalten einen Technologiebonus (s. u.).

Steuerlich: Wer Flächen für Freiflächen-PV verpachtet oder selbst bebaut, sollte wissen, dass diese Flächen steuerlich vom land- und forstwirtschaftlichen Vermögen ins Grundvermögen fallen. Dadurch steigt in meisten Bundesländern die laufende Grundsteuer. Zudem können hohe Erbschafts- oder Schenkungssteuern anfallen, wenn man es versäumt, hier vertraglich vorab gegenzusteuern. Flächen mit Agri-PV bleiben dagegen in der Grundsteuer A und im land- und forstwirtschaftlichen Vermögen.

EU-Flächenprämien: Für Flächen, auf denen Agri-PV stehen, können Sie nach der neuen GAP 2023 landwirtschaftliche Direktzahlungen erhalten, z. B. die Grundprämie von ca. 156 €/ha. Voraussetzungen sind u. a.: Die Solaranlage darf die landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Fläche mit üblichen Methoden und Maschinen nicht ausschließen. Solaranlagen dürfen max. 15 % der Fläche einnehmen, die anderen 85 % müssen unter landwirtschaftlicher Bewirtschaftung stehen und sind dann prämienfähig. Weiterer Vorteil von Agri-PV: Der Ackerstatus der Fläche bleibt erhalten.

Kleine Anlagen bald baurechtlich privilegiert?

Agri-PV haben derzeit nur kleine Vorteile im Baurecht: Wie bei Freiflächen-PV ist der Bau seit Anfang des Jahres 2023 in einem200-m-Streifen rechts und links von Autobahnenund Bundesschienenwegen baurechtlichprivilegiert, dort ist also kein Bebauungsplannotwendig. Alle anderenAnlagen benötigen aber einen Bebauungsplander Gemeinde, was Jahre dauern kannund sehr teuer ist.Das Bundesbauministerium plant aber aktuell, kleine Agri-PV Anlagen bis 2,5 ha nach § 35 BauGB im Außenbereich zu privilegieren.

Strompreis: EEG oder PPA?

Wie Freiflächenanlagen können auch Agri-PV den Strom entweder per EEG oder auch in freien Verträgen (Power Purchase Agreement = PPA) vermarkten. Die EEG-Vergütung für den Strom („anzulegender Wert“) für Agri-PV unter 1 MW liegt derzeit bei 7 ct/kWh (aktuelle Vergütungssätze unter www.bundesnetzagentur.de). Der Anlagenbetreiber vermarktet den Strom dabei direkt am Strommarkt und erhält bei Marktpreisen unter 7 ct die Differenz zum EEG-Satz erstattet. Liegen die Preise auf dem Strommarkt über dem anzulegenden Wert, können Anlagenbetreiber das Geld behalten – derzeit greift allerdings die Erlösabschöpfung bis max. zum 30.4.2024. Agri-PV über 1 MW müssen im EEG an der Ausschreibung teilnehmen, bei der nur die günstigsten Gebote einen Zuschlag bekommen. Für hochaufgeständerte Agri-PV gibt es einen automatischen Technologiezuschlag von 1,2 ct/kWh im Jahr 2023, was etwa einer Förderung von 6.000 €/ha und Jahr entspricht. Wer Strom per direktem PPA-Vertrag verkauft, muss sich mit stark schwankenden Preisen abfinden, die seit 2021 zwischen 4,5 und 11 ct/kWh pendelten.

Vertikal ist teils wettbewerbsfähig

Die Wirtschaftlichkeit von Agri-PV untersucht Jonas Böhm vom Thünen-Institut in Braunschweig. Insbesondere die vertikalen Agri-PV können bei den Stromgestehungskosten teilweise bereits mit der Freiflächen-PV mithalten. Agri-PV, die sich mit der Sonne mitdrehen (2D- bzw. 3D-Tracking), produzieren durch die Technik teurer, weshalb sie vor allem in sonnenreichen Gebieten interessant sind, erklärt Jonas Böhm. Die in 5 bis 6 m Höhe aufgeständerten Agri-PV produzieren Strom zu den höchsten Kosten. Ursache ist der hohe Stahlverbrauch für die massive Aufständerung. Für eine 1 MW-Freiflächen-PV kann man derzeit mit ungefähr 830 €/kW Leistung rechnen, so eine Anlage nimmt etwa 1,2 ha ein. Eine vertikale Anlage kostet nach Angaben der Hersteller etwa 15 % mehr. Für 1 MW benötigt man bei 10 m Modulreihenabstand etwa drei Hektar. „Interessant ist dabei die Flächenersparnis“, rechnet Böhm vor: „Im Verhältnis zur Freiflächen-PV kommt die vertikale Agri-PV bei gleichem Stromertrag mit ca. ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche aus.“

Maßgeblich für die Wirtschaftlichkeit ist auch die Entfernung zum Einspeisepunkt, denn für einen Kilometer Kabeltrasse sind rund 100.000 € einzuplanen.

Ackerbaulich immer ein Kompromiss

Die Doppelnutzung Strom und Landwirtschaft hat ihren Preis, denn die Bewirtschaftung ist natürlich erschwert. Je nach Aufständerung müssen Sie auch über die Fruchtfolge nachdenken. So könnte z. B. ein Maisbestand vertikale Systeme verschatten. Auch ist noch unklar, ob die Module RTK-GPS-Signale verschatten, das untersucht derzeit die Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden an einer Vertikalanlage.

Wie sich die Agri-PV auf Erträge und Qualitäten auswirkt, erforscht Dr. Andreas Schweiger vom Fachgebiet Pflanzenökologie an der Universität Hohenheim. Seit 2017 beobachten die Forscher die Effekte einer aufgeständerten Photovoltaikanlage auf Kulturen wie Weizen, Kartoffel oder Sellerie. Fazit bisher: Die Photovoltaikanlage fördert vor allem die Widerstandsfähigkeit des Bestandes gegenüber Klimaextremen. Steht genug Wasser zur Verfügung, nehmen die Module Licht weg und beeinträchtigen die Pflanzen in ihrer Produktivität. Auf der anderen Seite führt die Beschattung aber auch zu weniger Verdunstung und die Pflanzen sind weniger trockengestresst. Das hat in Trockenperioden positive Effekte für die Produktivität. Für den Anbau unter Agri-PV besonders geeignet hält Schweiger deshalb Kulturen, die sensitiv gegenüber Trockenheit und gleichzeitig schattentolerant sind. Bei den künftig vermehrt zu erwartenden klimatischen Extremen könnte im Extremfall aber sogar Mais von der Beschattung durch eine Agri-PV-Anlage profitieren.

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Welche Solaranlagen gelten für Förderung und Steuer als Agri-Photovoltaik?

Welche Photovoltaikanlagen durch die landwirtschaftliche Hauptnutzung als Agri-PV gelten, legt die technische Vorschrift DIN SPEC 91434 fest. Viele Vorschriften aus Förder-, Steuer- und Planungsrecht beziehen sich mittlerweile auf sie. Die Norm definiert genaue Anforderungen an die Planung, den Betrieb, die Dokumentation und die Betriebsüberwachung sowie Messkennzahlen für das Prüfverfahren zur Qualitätssicherung von Agri-PV-Anlagen. Die Vorschrift macht u. a. ein landwirtschaftliches Nutzungskonzept inklusive Berechnung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit für die nächsten drei Jahre zur Pflicht und stellt strenge Anforderungen an die Hauptnutzung „ Landwirtschaft“. So muss z. B. nach dem Anlagenbau der Ertrag der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen bei mind. 66 % des Referenzertrages liegen. Als Vergleich dient dabei z. B. der Ertrag auf anderen Flächen des Betriebs oder regionale Vergleichswerte. Bei Agri-PV der Kategorie I (Aufständerung und Bewirtschaftung unter der Anlage) dürfen Aufbauten und Unterkonstruktion max. 10 % der Fläche einnehmen, bei Kategorie II (Bewirtschaftung zwischen den Reihen) max. 15 %. Die DIN SPEC 91434 ist kostenlos im Internet zu finden.

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