Es gibt zwei wichtige Gründe, die aus Sicht von Brandenburgs Wirtschaftsminister Prof Jörg Steinbach gegen die Elektromobilität sprechen: Die schlechte Ökobilanz und die fehlende Ladeinfrastruktur. „Angefangen von den Rohstoffen wie Lithium, Mangan und Kobalt für die Batterie bis zur Inbetriebnahme eines Fahrzeugs ist die Klimabilanz schlechter als die spätere CO2-Einsparung im Betrieb. Darum sehe ich Elektrofahrzeuge nicht als Lösung, sondern als zusätzliche Belastung an“, erläuterte der Minister gestern bei einem Pressegespräch auf dem Gelände des Biokraftstoffherstellers Verbio in Schwedt (Brandenburg), zu dem die Agentur für Erneuerbare Energien geladen hatte. Angesprochen auf mehrere Studien, die Elektrofahrzeugen sehr wohl eine positive Klimabilanz attestieren, entgegnete der Minister: „Selbst wenn dem so wäre, halte ich es für falsch, einseitig auf nur eine Technologie zu setzen und sich damit in eine Rohstoffabhängigkeit zu begeben.“
Zu wenig Ladesäulen
Dazu käme die Ladeinfrastruktur: In Brandenburg gäbe es beispielsweise nur 125 öffentlich zugängliche Ladepunkte und 32 Schnellladesäulen. „Der Ausbau geht viel zu langsam voran, genauso wie der Ausbau der erneuerbaren Energien. Denn für die Elektromobilität brauchen wir deutlich mehr Strom, als die Prognosen der Bundesnetzagentur voraussagen“, sagte er.
Steinbach sieht die Zukunft eher im Wasserstoffantrieb mit Brennstoffzelle. Das würde er z.B. auch für die „letzten Meter“ im Schienenverkehr bevorzugen, anstelle die Abschnitte in entlegenen Regionen mit teuren Oberleitungen zu elektrifizieren.
Reform des Abgabesystems wichtig
Damit die Wasserstoffwirtschaft aber in Gang kommt, plädiert Steinbach für eine Reform des Abgabesystems. Die Umlagen und Abgaben würde Wasserstoff aus Ökostrom unnötig verteuern. „Es gibt viele Unternehmen aus der Chemie- oder Stahlindustrie, die sofort grünen Wasserstoff einsetzen würden. Aber das muss sich auch rechnen!“ Darum will er sich mit den Ländern Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern dafür einsetzen, dass der Gesetzgeber zumindest übergangsweise eine Art Experimentierklausel oder ähnliches erlässt, damit sich neue Geschäftsmodelle für eine Wasserstoffwirtschaft erproben lassen. „Zudem müssen wir das EEG und das Umlagesystem auf die neue Energiewirtschaft anpassen“, fordert er.
Prozesse müssen schneller werden
Bei allen Infrastrukturprojekten und dem Ausbau der erneuerbare Energien sieht er das größte Problem in den langwierigen Verfahren. Sie würden stark dazu beitragen, dass Deutschlands Energiewende zu langsam voranschreitet und damit Ziele nicht erreicht werden. „Wir müssen die Prozesse im Planungs-, Genehmigungs- und Baurecht deutlich beschleunigen“, forderte der Minister.
Außerdem spricht er sich dafür aus, auch Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse und der Vergärung von Gülle in Biogasanlagen wieder mehr Beachtung zu schenken. „Die Güllevergärung ist ein starkes Instrument, um CO₂ aus der Landwirtschaft zu reduzieren. Darum müssen wir unterstützend eingreifen, um ihnen eine wirtschaftliche Perspektive zu geben“, sagte er.