Am Montag (28. Februar) wurde der 6. Sachstandsbericht der Arbeitsgruppe 2 des Weltklimarats (IPCC) zu den Folgen des Klimawandels, von Anpassung und Verwundbarkeit vorgestellt. Die Weltgemeinschaft wird noch früher und stärker mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert als bislang angenommen. Für den Bericht werteten internationale Wissenschaftler Tausende von Studien aus, um die Folgen des Klimawandels zu bewerten. Wir haben die Kommentare und Meinungen dazu zusammengestellt.
Sofortprogramm der Bundesregierung
Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Die Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffimporten und Klimaschutz sind dringendere Aufgaben denn je. Nur wenn wir beides ernsthaft voranbringen, können wir auch die notwendige Anpassung an die Klimakrise bewältigen. Der massive Ausbau der erneuerbaren Energien und die nötige Anpassung von Gesellschaft, Infrastruktur und Ökosystemen sind eine gewaltige Zukunftsaufgabe. Die Bundesregierung wird die Klimaanpassung konsequent angehen: Unsere vorsorgende Anpassungsstrategie wird klare Ziele vorgeben, das Klimaanpassungsgesetz einen sicheren Rechtsrahmen schaffen. Städte und Gemeinden unterstützen wir in ihrer Arbeit: mit Expertenberatung, mit der Förderung von lokalen Anpassungsmanagern und mit Finanzierung für innovative Projekte und Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen. Mit dem Sofortprogramm Klimaanpassung erweitern und ergänzen wir bestehende Maßnahmen. Darüber hinaus arbeiten wir an einer dauerhaften Finanzierung der Klimaanpassung.“
Lisa Badum (Grüne), Obfrau im Ausschuss für Klimaschutz und Energie: „Die deutsche G7-Präsidentschaft setzt gezielt auf internationale Klimapartnerschaften mit Partnerländern, um klimagerechte und vertrauensvolle Wirtschafts- und Handelsbeziehungen aufzubauen. Kohle, Öl und Gas heizen Kriege und das Klima an. Den zerstörerischen fossilen Kreislauf durchbrechen wir nur mit Energie aus Sonne und Wind, die wir maximal effizient einsetzen. Das Abschmelzen fossiler Subvention und der globale Ausstieg aus fossilen Energien werden auf dem deutschen G7-Gipfel in Elmau nochmal an Priorität gewinnen. Die Klimavorsorge für unsere Städte, Landwirtschaft, Wälder und Gewässer muss weiter gestärkt und finanziert werden. Das geplante Klimaanpassungsgesetz ist dafür ein wichtiger Schritt.“
Auch CDU/CSU fordert Energiewende
Andreas Jung, klima- und energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: "Mit zunehmender Erderwärmung nehmen die Schäden für Mensch und Ökosysteme zu und Anpassungsmaßnahmen werden immer schwieriger. Wir müssen deshalb den im letzten Jahr beschleunigten Weg zur Klimaneutralität in Deutschland konsequent gehen und die dafür erforderlichen Maßnahmen beherzt umsetzen: Entscheidende Säulen dabei sind der Ausbau der Erneuerbaren, die Steigerung der Energieeffizienz und die Wasserstoffstrategie. So erreichen wir auch Schritt für Schritt Unabhängigkeit von fossilen Energien im Allgemeinen und von russischen Importen im Besonderen. Durch weltweite Wasserstoffpartnerschaften vermeiden wir zudem einseitige Abhängigkeiten bei den auch künftig notwendigen Importen."
BEE: Klimaschutz und Versorgungssicherheit
Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie: „„Klimaschutz und Versorgungssicherheit sind zwei Seiten derselben Medaille. Wir können heute mit den Potenzialen der heimischen erneuerbaren Energien das Erreichen der Klimaziele mit Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit der Energieversorgung in Einklang bringen. Wichtig ist, dass die Emissionen nun dauerhaft und zügig gesenkt würden. Das Mittel der Wahl sind die erneuerbaren Energien, um die Erderwärmung zumindest zu begrenzen. Die Technologien stehen breit aufgestellt bereit, um die Versorgung im Bereich Strom, Wärme und Mobilität zu übernehmen und ihren Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise zu leisten.
"Green Deal kontakariert Klimaziele"
Max v. Elverfeldt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst: „Der Bericht des Weltklimarates führt uns eindringlich vor Augen, wie stark die Land- und Forstwirtschaft vom Klimawandel betroffen ist. Wir müssen daher unsere Bewirtschaftung auf die Folgen des Klimawandels anpassen und zugleich die Klimasenken von Wald, Holz und Böden stärken. Die Forderung der EU Kommission, 10 % der Flächen aus der Nutzung zu nehmen, erschwert die Anpassung an den Klimawandel und die Produktion regionaler, nachhaltiger Rohstoffe wie Holz. Der EU Green Deal konterkariert in seiner jetzigen Form die Klimaziele Deutschlands und Europas. Wenn der Wald auch künftig als Klimasenke dienen soll, dann muss dies von der Gesellschaft honoriert und analog zur CO₂-Bepreisung auch vergütet werden.“
"Wir können uns selbst helfen"
Professorin Almut Arneth vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung in Garmisch-Partenkirchen und eine der Autorinnen des aktuellen IPCC-Berichts: „Eine höhere Oberflächentemperatur sowie die Zunahme von extremen Wetterereignissen schwächen die Funktionsweise und die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen. Bereits heute ist die Aussterberate um ein Vielfaches höher, als ohne den Einfluss des Menschen zu erwarten wäre. Da wir von den Ökosystemen abhängig sind, bedroht deren weiterer Kollaps letztlich auch unsere eigenen Lebensgrundlagen. Das betrifft auch so elementare Dinge wie die Verfügbarkeit von Nahrung und Trinkwasser. Wir können uns selbst helfen. Durch die Renaturierung geschädigter Ökosysteme und durch einen wirksamen Schutz von Land-, Süßwasser- und Meereslebensräumen kann die Menschheit nicht nur lebensnotwendige Biodiversität erhalten, sondern auch von der Fähigkeit der Natur profitieren, Kohlenstoff zu absorbieren und zu speichern. Wenn wir diese Chance nutzen, kann die Natur uns auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen. Wenn wir die 1,5-Grad-Grenze beim Temperaturanstieg aber überschießen, haben wir deutlich weniger Möglichkeiten gegenzusteuern. Einige Regionen unserer Erde werden schon bei einer Erhöhung um 2 Grad praktisch unbewohnbar.“
Weitere Stimmen
- Antje von Broock, BUND-Geschäftsführerin: „Umweltschutz und Klimagerechtigkeit sind wesentliche Bestandteile eines globalen Friedens. Mit dem G7-Vorsitz muss die Bundesregierung international Lösungen verankern, die zu Emissionsreduktionen führen. Alle G7-Staaten müssen das Ende der fossilen Ära befürworten – Atom und Gas einbezogen – und eine sozial gerechte Klimafinanzierung auf den Weg bringen.“
- Matthias Garschagen,Inhaber des Lehrstuhls für Anthropogeographie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und IPCC-Mitautor: „Die bisherigen Risikoabschätzungen waren zu optimistisch. Wir haben es immer mehr mit Verflechtungen und Komplexitäten im System zu tun, durch die sich Risiken gegenseitig hochschaukeln, etwa wasserbezogene und nahrungsmittelbezogene Risiken. Diese Komplexität hat die Wissenschaft erst in den letzten Jahren verstärkt in den Blick genommen. Wir müssen wesentlich vorausschauender und integrierter agieren, als es bisher der Fall ist.“
- Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz bei der Deutschen Umwelthilfe: „Neben der Treibhausgaseinsparung, die die schlimmsten Auswirkungen der Klimakatastrophe verhindern soll, muss die Bundesregierung auch dringend die im Koalitionsvertrag angekündigte Klimaanpassungsstrategie vorlegen und dafür ausreichende Haushaltsmittel zur Verfügung stellen. Nur so können wir gewährleisten, auch für zukünftige Herausforderungen gewappnet zu sein.“
- Die Umweltschutzorganisation OceanCare fordert u.a. eine grünere Schifffahrt, die ihren ökologischen Fußabdruck signifikant reduziert. Dazu zählen die Entwicklung alternativer Treibstoffe, die signifikante Schadstoffreduktion von Schwefel und Stickstoffoxiden (SOx, NOx) und Ruß sowie die Vermeidung von Unterwasserlärm.