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Stromerlösabschöpfung: Bundestag nimmt Biogas nahezu vollständig aus

Der Bundestag befreit die meisten Biogasanlagen doch noch von der Abschöpfung der Strommarkterlöse. Betreiber von Restholzkraftwerken müssen aber weiter um ihre Zukunft bangen.

Lesezeit: 6 Minuten

Der Bundestagsausschuss für Klima und Energie beschließt heute Änderungsvorschläge für das Strompreisbremsengesetz, in dem die Abschöpfung von Strommarkterlösen für Erneuerbare Energien Anlagen geregelt ist. Danach soll die Abschöpfung von Strommarkterlösen erst ab einem Megawatt Bemessungsleistung greifen und Satelliten-Blockheizkraftwerke nicht in die Berechnung der Leistung eingehen. „Dies befreit richtigerweise nicht nur die meisten Biogasanlagen, die ohnehin mit hohen Kosten zu kämpfen haben, auch ermöglicht es zahlreichen hochflexiblen Biogasanlagen ihre wichtige Aufgabe zur Entlastung der Netze in genau den Stunden vornehmen, in denen ansonsten teures Erdgas eingesetzt werden müsste“, kommentiert Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie, den Gesetzesentwurf.

Der erhöhte Sicherheitszuschlag von 9 Cent pro Kilowattstunde für Biogasanlagen kompensiere bei den meisten Anlagen mit einer Leistung oberhalb der Bagatellgrenze die jüngste Steigerung der variablen und fixen Betriebskosten. „Es ist aber nicht nachvollziehbar und energiewirtschaftlich kontraproduktiv, dass die Erlöse aus der flexiblen und netzdienlichen Stromerzeugung unter die Abschöpfung fallen“, kritisiert sie.

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Stroh und Restholz in der Zange

Auch für Altholzanlagen sei ein erhöhter Sicherheitszuschlag von 7 Cent pro Kilowattstunde ein wichtiger Schritt, um trotz massiv gestiegener Brennstoffkosten weitgehend kostendeckend arbeiten zu können. Allerdings müsse der Sicherheitszuschlag auch ausgeförderten Altholzanlagen zugestanden werden, um die Wirtschaftlichkeit dieser Anlagen nicht zu gefährden.

„Für die Betreiber von Restholz- und Strohheizkraftwerken ist der nun beschlossene Abschöpfungsmechanismus jedoch desaströs; ohne eine Erhöhung des Sicherheitszuschlags stehen diese Anlagen vor dem Aus“, warnt Rostek.

Hohe Preissteigerungen bei den Einsatzstoffen seit Beginn der Energiekrise würden einen wirtschaftlichen Betrieb unmöglich machen, wenn ein Sicherheitszuschlag von lediglich 3 ct/kWh für diese Anlagen beschlossen werde. So seien beispielsweise die Preise für Hackschnitzel seit Anfang 2021 von 102 € bis zum Spätsommer 2022 auf 170 €/t geklettert. „Es ist völlig unverständlich, warum die Ampelregierung mitten in einer Energiekrise erneuerbare Wärme und Strom aus fester Biomasse derart benachteiligt, während klimaschädliche Steinkohle gleichzeitig von dem Abschöpfungsmechanismus ausgenommen bleibt“, kritisiert sie. Die einzelnen Verbesserungen für Biogas und Altholz dürften auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Abschöpfungsmechanismus in der vorliegenden Form viel zu komplex und juristisch fragwürdig sei.

LEE NRW begrüßt Vorschläge

„Es ist absolut zu begrüßen, dass die Ampelkoalition in allerletzter Minute die für die flexiblen Biogasanagen existentiell wichtig Korrektur beim geplanten Gesetz zur Strombremse geschafft hat. Es wäre niemanden ernsthaft zu vermitteln gewesen, wenn die einzig technische mögliche Lösung im Konzert der erneuerbaren Energien gegen die Dunkelflaute kaputt gemacht worden wäre", erklärt Dr. Thomas Griese, stellvertretender Vorsitzender vom Landesverband Erneuerbare Energien in Nordrhein-Westfalen. Es sei nun eine vordringliche Aufgabe der Zukunft, die Fahrweise aller Biogasanlagen – soweit technisch möglich - zu flexibilisieren. "Das würde den Stellenwert der Biogastechnologie für die Energiewende deutlich erhöhen", sagt Griese.

Biogasrat: EU-Ziele werden konterkariert

Die geplante „Überschusserlösabschöpfung“ für die Stromerzeugung aus Biogasanlagen steht dem erklärten Ziel der Bundesregierung entgegen, durch Investitionen in neue erneuerbare Erzeugungsanlagen und Diversifizierung bestehender Energiequellen für eine höhere Energiesicherheit zu sorgen. „Auch führt sie zu einem massiven Vertrauensverlust in politisch konsistentes Handeln bei Erzeugern von und Investoren in erneuerbare Energietechnologien“, kritisiert Janet Hochi, Geschäftsführerin des Biogasrates. Dringend notwendige Investitionen in eine klimaschützende, resiliente und flexible erneuerbare Energieversorgung mit Biogas und die Umrüstung bestehender Biogasanlagen auf die Biomethanerzeugung würden blockiert. „Damit konterkariert die geplante Erlösabschöpfung für die Stromerzeugung aus Biogas auch die REPowerEU-Ziele, die bis 2030 europaweit eine Steigerung der Biomethanproduktion auf 35 Milliarden Nm3 pro Jahr vorsehen“, betont sie.

Gleichwohl hätten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages mit den nun vorliegenden Änderungen des Gesetzentwurfes ein wichtiges Signal an die Biogasbranche mit Blick auf die gesicherte Stromerzeugung aus Biogas gesendet und eine weitere Verschärfung der Energiemangellage verhindert. Wesentliche Vorschläge des Verbandes, wie die Umstellung der Bagatellgrenze von 1 MW installierter Leistung bei Biogasanlagen auf 1 MW Bemessungsleistung und die Erhöhung des Sicherheitszuschlages für Biogasanlagen von 7,5 ct/kWh auf 9,0 ct/kWh, wurden von den Parlamentariern nach fachlicher Prüfung berücksichtigt. „Dies begrüßen wir grundsätzlich“, sagt Hochi.

Klage gegen das Gesetz angekündigt

Der Ökostromanbieter Green Planet Energy hat eine Klage gegen die Strompreisbremse angekündigt, sofern sie in der aktuell vorliegenden Fassung beschlossen wird. Dabei findet die Hamburger Ökoenergiegenossenschaft eine Strompreisbremse im Prinzip richtig. In der geplanten Ausgestaltung führe sie aber unter anderem dazu, dass engagierte Ökostromanbieter erst die Preise anheben müssten – die dann, mit höheren Ausgaben aus Steuermitteln, per Strompreisbremse wieder gedämpft würden. „Eine solche Regelung wäre ein echter Schildbürgerstreich. Wir sind entsetzt darüber, dass ausgerechnet ein grün geführtes Bundeswirtschaftsministerium Regelungen einführen will, die besonders hochwertigen Ökostrom beschädigen“, sagt Nils Müller, Vorstand von Green Planet Energy. Sollte das Gesetz am Freitag final beschlossen werden, bliebe der Genossenschaft nur der Klageweg, so Müller.

Referenzpreise in der Kritik

Das Gesetz zur Strompreisbremse sieht vor, dass Produzenten von Ökostrom angesichts der krisenbedingt hohen Marktpreise entstehende Mehrerlöse abführen sollen. Mit diesem Geld soll die geplante Strompreisbremse zur Entlastung der Verbraucher finanziert werden. Green Planet Energy kritisiert vor allem den im Gesetz formulierten Passus, wonach Wind- oder Solarkraftwerke, die ihren Strom über langfristige Lieferverträge – so genannte Power Purchase Agreements (PPA) – vermarkten, nicht gemäß der darin vereinbarten Preise abgeschöpft werden, sondern anhand von Referenzpreisen, die sich an den Börsenpreisen orientieren. „Die fiktiven Referenzpreise liegen zumeist deutlich über den PPA-Preisen, zu denen Erneuerbaren-Anlagen ihren Strom an Ökoenergieanbieter liefern“, sagt Müller.

Die Folge: Betroffene Ökostrom-Anlagen geraten in Liquiditätsschwierigkeiten, da die angenommenen Überschüsse nicht real verdient, aber dennoch vom Staat abgeschöpft werden. Dies könne im Extremfall sogar zu Insolvenzen führen. Dabei hatte Green Planet Energy Experten-Vorschläge eingebracht, wie dies hätte verhindert werden könnte. Die drastischsten Folgen ließen sich Müller zufolge aber noch mildern, wenn der Bundestag das Gesetz so ändert, dass die Abschöpfung vom PPA erst zum Stichtag 1.12.2022 gilt.

PPA könnten platzen

Gelingt das nicht, würde allein bei Green Planet Energy eine erhebliche Anzahl von PPAs platzen, was zu Mehrkosten in Höhe von rund 25 Mio. € führen würde. Als Folge müsste Green Planet Energy – ausgerechnet wegen der Strompreisbremse – wohl die Strompreise erhöhen, sagt Nils Müller: „Es geht aber nicht nur ums Geld, sondern auch um ökologisch sinnvolle Effekte. Einerseits sollen Menschen direkter am Ausbau der Erneuerbaren beteiligt werden, doch genau solche Projekte würden jetzt Schaden nehmen.“

Als Beispiel nennt Müller eine große Photovoltaikanlage, deren Bau die Mitglieder der Ökoenergiegenossenschaft finanziert hätten, aus der sie seither günstigen Strom beziehen. Das Angebot ist laut Müller in dieser Form nun akut gefährdet. Laut eines Rechtsgutachtens der Kanzlei Becker Büttner Held ist die Bundesregierung auch über EU-Recht zur Stärkung von PPA verpflichtet. Die geplante Abschöpf-Regelung laufe dem zuwider.

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