Jede zehnte Biogasanlage in Deutschland steht in Baden-Württemberg. Im vergangenen Jahr sind hierzulande 23 neue Biogasanlagen ans Netz gegangen. Bei allen neuen Anlagen handelt es sich um sogenannte Güllekleinanlagen. Dem Ausbau steht die Stilllegung von acht Anlagen gegenüber. Damit erhöht sich die Gesamtzahl der Anlagen auf insgesamt 1.012 Anlagen. In Baden-Württemberg entspricht das Ergebnis den Anforderungen, um das Klimaziel der Landesregierung zu erreichen. Die installierte Leistung im Ländle steigt um über 25 Megawatt (MW) auf knapp über 520 MW.
Davon stammen aber nur rund 2,5 MW aus den neu entstandenen Anlagen. „Der mit Abstand größte Anteil dieser Leistungssteigerung, nämlich über 17 MW oder fast 70 Prozent, wurde durch die fortschreitende Flexibilisierung des Anlagenbestands erreicht“, erklärt Raphael Montigel, Fachreferent für Biogas bei der Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (EE Baden-Württemberg). Die Flexibilisierung erlaubt eine punktuelle Stromerzeugung zu den Zeiten, wenn Wind und Sonne keinen oder nicht genug Strom anbieten. Sie bildet also das Rückgrat einer klimaneutralen Stromerzeugung, deren Herzstück Wind und Sonne sind.
Strompreisdeckel erschwert Flexibilisierung
Die Plattform EE BW geht davon aus, dass zum Erreichen der Klimaneutralität bis spätestens 2040 eine weitere Steigerung der installierten Leistung auf 710 MW notwendig ist. Flexible Anlagen werden hier eine wichtige Rolle spielen – und tun dies bereits. „Aktuell schieben sich flexibilisierte Biogasanlagen in Spitzenzeiten wie ein Schutzschild zwischen Verbraucher und teuren fossilen Strom und dämpfen so den Preisdruck“, sagt Montigel. „In einem klimaneutralen Strommarkt bilden sie einen integralen Anteil am Sicherheitsnetz im Falle von Dunkelflauten.“
Nun gelte es, diese Entwicklung nicht durch pauschale Strompreisdeckel auszubremsen. Das Problem: Der Anreiz, die notwendigen, aber teuren Investitionen in die Flexibilisierung einer Anlage zu tätigen, wird über den Strompreisdeckel ausgeschaltet. Mit einem differenzierten Deckel könne der Investitionsanreiz dennoch erhalten und gleichzeitig ein spürbarer und dringend notwendiger Preiseffekt für Endkunden erzielt werden, so Montigel.
Die bisherigen Pläne der Bundesregierung zum Strompreisdeckel ließen die bisweilen enormen Unterschiede der verschiedenen Energieträger in der Stromerzeugung komplett außer Acht. „Natürlich muss der Strompreisexplosion dringend Einhalt geboten werden. Ein pauschaler Preisdeckel schert allerdings alle Energieträger über einen Kamm. Mit einer differenzierten Gestaltung hingegen könnten gleich mehrere Ziele in Einklang gebracht werden – günstigerer Strom und die wichtige Transformation des Anlagenbestands für die Energieversorgung der Zukunft“, so Montigel weiter.