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topplus Erdgaslieferungen aus Russland

Ukraine-Krieg: Energieversorgung bleibt sicher

Die Sorge wächst, dass mit dem Einmarsch von Russland in der Ukraine und dem Stopp von Nord Stream 2 Energie knapp werden könnte. Politiker und Verbände geben Entwarnung.

Lesezeit: 8 Minuten

Anlässlich des von der Bundesregierung gestoppten Genehmigungsverfahrens für die russische Pipeline Nord Stream 2 und der angespannten geopolitischen Lage sehen Politiker und Verbände die Notwendigkeit, neue Wege der Energieversorgung schneller und umfassender als bisher geplant zu beschreiten. Wir haben aktuelle Meinungen und Forderungen dazu zusammengefasst.

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BEE: Sichere Versorgung und heimische Wertschöpfung

Die Bundesregierung müsse Klimaneutralität, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit durch eine umfassende Reform der Energiesysteme gewährleisten. „Die im Koalitionsvertrag verankerte Plattform Klimaneutrales Stromsystem sollte alsbald ihre Arbeit aufnehmen, um die Möglichkeiten der umfassenden heimischen Versorgung mit erneuerbaren Energien auszuloten“, fordert Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE).

Der BEE habe kürzlich in seiner Strommarktstudie mit den Fraunhofer Instituten IEE und ISE gezeigt, dass nicht nur die Importabhängigkeit deutlich verringert, sondern auch Preisstabilität, das Erreichen der Klimaziele, Versorgungssicherheit und eine gesteigerte heimische Wertschöpfung verbessert werden könne. „In Deutschland stehen aktuell über 9.500 Biogasanlagen, die zusammen rund 10 Mrd. Kubikmeter Gas mit einem Energiegehalt von ca. 100 Terawattstunden (TWh) pro Jahr erzeugen – was rund 10 % des deutschen Gasverbrauchs entspricht", sagt Peter.

Davon werden derzeit ca. 10 TWh aufbereitet und ins Gasnetz eingespeist. 90 % des Biogases wird vor Ort in Blockheizkraftwerken zu Strom und Wärme umgewandelt – was ebenfalls Erdgas einspart. "Theoretisch ließe sich das gesamte Biogas aufbereiten und ins Gasnetz einspeisen“, so Peter.

Mehr Biogas möglich mit der Güllevergärung

Auch eine Verdopplung der Produktion auf 200 TWh sei möglich, allein durch die Vergärung der vorhandenen Gülle- und Abfallmengen und der Nutzung von Grünland und Biodiversitätsflächen. Damit ließe sich die Abhängigkeit von russischen Gasimporten signifikant reduzieren. Hierfür müsse der Anlagenpark stabilisiert und flexibilisiert werden. Das gelte auch für die Wasserkraft und die KWK.

„Zudem zeigt die Studie, dass eine wirtschaftliche Elektrolyseleistung von 100 Gigawatt Grünem Wasserstoff in Deutschland möglich ist. Importe können auch hier weitestgehend vermieden werden“, betont die Präsidentin. Gleichzeitig sollten die Elektrolyseure als flexibel steuerbare Leistung im räumlich nahen Bereich der Erzeugung fluktuierender erneuerbarer Energien positioniert werden, um verbrauchsbedingte Netzengpässe zu vermeiden“, sagt sie.

Wenn zudem weitere Möglichkeiten der Sektorenkopplung, wie der verstärkte Einsatz von Wärmepumpen oder Elektromobilität, sowie eine umfassende Wärme- und Verkehrswende in Angriff genommen, eine Aus- und Weiterbildungsoffensive für den Energiesektor gestartet und im europäischen Binnenmarkt die grenzübergreifenden Möglichkeiten der Energiewende genutzt würden, sei die Versorgung unserer Energiebedarfe in allen Sektoren sichergestellt“, so Peter abschließend.

Keine Laufzeitverlängerung für Kohle- und Atomkraftwerke

Dagegen warnt der BEE angesichts von Rufen nach Laufzeitverlängerungen für Kohle- oder Atomkraftwerke davor, den gesellschaftlichen und politischen Energiewende-Konsens aufzukündigen. „Aus strategischen und klimapolitischen Gründen müssen wir dringend unabhängiger von Energieimporten werden und dafür alle Optionen im eigenen Land nutzen“, betont Peter.

Die Planungen müssten nun umgehend gestrafft, die Potenziale von Repowering ausgeschöpft und blockierende Regelungen im Bereich PV beseitigt werden. Gleichzeitig sei Flexibilität anzureizen. Allein beim Biogas könne – ohne Ausweitung des Energiepflanzenanbaus – die Produktion von aktuell rund 95 Terawattstunden (TWh) auf 234 TWh erhöht werden. Wenn das gesamte technische Biogaspotenzial erschlossen und vollständig zur Methanproduktion genutzt werde, könnten Biogasanlagen sogar bis zu 450 TWh Methan (Biomethan + Synthetic Natural Gas (SNG)) liefern. Voraussetzung sei ein "Roll-Out" von Elektrolyseuren an Biogasanlagen.

DVGW: Keine Gefährdung der Gasversorgung

Die Versorgung mit Gas ist nach Aussagen des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) aktuell nicht gefährdet, da der Bezug hierzulande im Vergleich zu anderen EU-Staaten einen hohen Grad an Diversifizierung aufweist. Zudem besitzt Deutschland die größten Speicherkapazitäten. Der Speicherfüllstand liegt derzeit bei 31 % und ist saisonal vergleichbar mit den beiden Vorjahren.

Fakt ist, dass Deutschland in erheblichem Maße Erdgas aus Russland bezieht. Der DVGW teilt die Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, dass der Ausbau erneuerbarer Energien nun noch schneller vorangehen und die Integration von Wasserstoff als Energieträger kurzfristig deutlich Fahrt aufnehmen müsse.

Keine Energiewende ohne Wasserstoff

Die Energiewende in Deutschland unter Einhaltung der Klimaschutzziele sei ohne Wasserstoff nicht möglich. Die dafür notwendige Infrastruktur sowie das technologische Knowhow stellt die Gasbranche bereits heute bereit. Viele Anwendungen sind H2ready und können zukünftig zu 100 % klimaneutralen Wasserstoff aufnehmen.

Dieses Potenzial gelte es nun zu nutzen und verbindliche politische Voraussetzungen zu schaffen. Kontraproduktiv – auch im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland mit Blick auf die Sozialverträglichkeit – wäre es, eine reine Elektrifizierung des Energiesektors anzustreben. "Eine massive Reduktion von Gasanwendung zugunsten von Strom ist technisch illusorisch und volkswirtschaftlich verfehlt. Im Wärmemarkt und bei industriellen Prozessen wäre dies mit Blick auf die Systemstabilität ohnehin nicht umsetzbar", erklärt der DVGW-Vorstandsvorsitzende Prof. Gerald Linke.

Niedersachsen will Flüssiggasterminals

Niedersachsen will sich weniger abhängig machen von russischen Gasimporten. Dafür soll eine Infrastruktur von GreenGasReady-Terminals entstehen, sagte Niedersachsens Energieminister Olaf Lies am Donnerstag im Niedersächsischen Landtag. Schon vor dem eskalierten Konflikt in der Ukraine habe die Landesregierung den Ausbau von Flüssiggas (LNG) immer unterstützt, so Lies. „Mit Blick auf konsequente und langfristige Sanktionen ist es umso dringender, dass wir darüber sprechen, wie wir diese Sanktionen auch durchhalten. Wir sind in einer unglaublichen Abhängigkeit von Gaslieferungen gerade aus Russland."

Mit Wilhelmshaven und Stade verfüge Niedersachsen über „zwei hervorragend geeignete Standorte für den Import von Flüssiggas", so der Energieminister. „Wir sind in Stade und Wilhelmshaven als Landesregierung immer auch kritisch betrachtet worden, dass wir uns für LNG eingesetzt haben, weil es ein Rückschritt sei. Ich betrachte den Einsatz von LNG-Terminals als Fortschritt, sowohl in der Frage der Diversifizierung des Imports als auch in der Frage der Zukunftsfähigkeit des Ausbaus von Infrastruktur.“

DUH: Stopp von Nord Stream 2 war richtig

Zur Entscheidung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, das Zertifizierungsverfahren für die Pipeline „Nord Stream 2“ zu stoppen, ist nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe die richtige Entscheidung für Europa und den Klimaschutz. „Das gesamte Projekt muss nun auf den Prüfstand: Dazu gehört die Wirkung der Pipeline auf die Energiesicherheit Europas, aber auch auf die Klimaziele“, fordert DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.


Nord Stream 2 sei das größte fossile Projekt Europas, das transportierte fossile Gas stehe für 100 Mio. t CO₂ im Jahr. „Angesichts der Klimakrise ist klar, dass wir aus der Nutzung von fossilem Gas so schnell wie möglich aussteigen müssen. Dafür muss Bundesminister Robert Habeck nun so schnell wie möglich einen Fahrplan vorlegen“, betont Müller-Kraenner. Die zentralen Bausteine seien der Umstieg auf erneuerbare Energien bei Strom und Wärme sowie die Reduktion des Energieverbrauchs in allen Sektoren. Das müsse sich im bereits angekündigten Osterpaket seines Ministeriums widerspiegeln.

Aiwanger fordert bessere Gasbevorratung

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat sich angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine in einem Gespräch mit den in Bayern tätigen Gasnetzbetreibern über die aktuelle Versorgungssituation informiert. Aiwanger: "Die Gasspeicher sind zu gut 30 % gefüllt. Selbst wenn die russischen Lieferungen ausfallen würden, ist damit die Gasversorgung für die nächsten Wochen gesichert."


Aiwanger hält es für dringend nötig, die Befüllung der Erdgasspeicher für den Winter 2022/2023 sicherzustellen. „Es war ein Fehler der aktuellen Energiebevorratung des Bundes, mit halb leeren Gasspeichern in den Winter zu gehen. Das können wir uns künftig nicht nochmal leisten“, warnt Aiwanger. Die vergleichsweise milden Temperaturen seit Weihnachten hätten geholfen, dass die derzeitigen Speicherfüllstände nicht noch geringer sind.

Der Staatsminister weist darauf hin, dass die Länder in den letzten Jahren immer wieder beim Bund vorstellig wurden, um das Instrumentarium zur Befüllung der Speicher und damit zur Erhöhung der Versorgungssicherheit zu verbessern. Der Bund sah dies nicht als notwendig an. Daher begrüßt Aiwanger den Meinungsumschwung im Bundeswirtschaftsministerium sehr.

Niedrige Füllstände für Preisanstieg verantwortlich

Für die Vernachlässigung ausreichender Speicherfüllstände zu Beginn des Winters wurde aus Sicht des Bayerischen Staatsministers viel Lehrgeld bezahlt. Niemand könne dies exakt beziffern, aber die Gaspreise und in Folge die Strompreise in Deutschland hätten sicherlich nicht so stark nach oben ausgeschlagen, wenn die Unsicherheiten infolge niedriger Speicherfüllstände geringer gewesen wären. Damit wären die Belastungen der Energieverbraucher, sowohl Unternehmen als auch Bürger, nicht so extrem ausgefallen.

Antworten auf zentrale Fragen der Erdgasversorgung Deutschlands finden Sie unter www.dvgw.de/gasversorgung-deutschland

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