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VDB: Scheitern des Energierates birgt Chancen

Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) stellt sich auf lange Verhandlungen zu den Biokraftstoffen ein.

Lesezeit: 5 Minuten

Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) stellt sich auf lange Verhandlungen zu den Biokraftstoffen ein. VDB-Geschäftsführer Elmar Baumann erklärte gegenüber dem Presse- und Informationsdienst AGRA-EUROPE: Trotz der andauernden Unsicherheit gebe das überraschende Scheitern eines Kompromisses im EU-Energieministerrat aber auch Anlass zur Hoffnung, dass die Position der Bundesregierung stärker Eingang in den Ratsbeschluss finde.


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EU-Energiekommissar Günther Oettinger habe jedenfalls bereits von einer „kurzfristigen Überarbeitung“ des Kommissionsvorschlages gesprochen. Allerdings ist Baumann skeptisch, was den Zeitplan angeht. Er verwies darauf, dass einige Fraktionen im Parlament offenbar wenig Interesse an einer Fortführung der Debatte hätten.


Umweltschützer haben Bedenken


Hintergrund: Die EU wird ihre EU-Biokraftstoffpolitik vorerst nicht neu regeln. Es gebe noch einige offene Fragen und deshalb konnte man keine politische Einigung erzielen, heißt es bei der EU. Eigentlich wollten die Mitgliedstaaten den Anteil des Ökotreibstoffes am gesamten Kraftstoffverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 20 % ausdehnen. Aber daran gibt es Kritik. Der Anbau von Energiepflanzen für den Sprit verknappe das Nahrungsmittelangebot, was den Hunger in der Welt anheize, so der Vorwurf.


Umweltschützer weisen auch gerne noch auf eine andere Problematik hin: Wenn die EU auf einem Teil ihrer Ackerflächen Energiepflanzen anbaue, müssen möglicherweise mehr Nahrungs- und Futtermittel importiert werden. Das führe unter Umständen dazu, dass andere Staaten Regenwald abholzen, in Ackerland umwandeln und drauf dann wiederum Nahrungs- und Futtermittel für die EU anbauen. Experten sprechen auch von der "indirekten Landnutzungsänderung", kurz iLUC.


An den Vorwürfen gibt es allerdings ebenso große Zweifel. Einige namhafte Wissenschaftler halten den Einfluss des Biokraftstoffes auf das Weltmarktgeschehen sogar für sehr gering. Litauen hatte dennoch eine Deckelung des Biokraftstoffanteiles aus Nahrungsmittelpflanzen auf 7 % vorgeschlagen. Die EU-Kommission ist für fünf Prozent.


Baumann begrüßt daher, dass die iLUC-Faktoren, die nach einer Studie des Washingtoner International Food Policy Research Institute (IFPRI) erstellt worden seien, anhand eines neuen Modellansatzes nun doch überarbeitet werden sollen. Kritisch anzumerken bleibe aber, dass die EU-Kommission trotz massiver grundsätzlicher Bedenken zur Wirkung auf den Waldschutz und der methodischen Belastbarkeit an einer iLUC-Modellierung festhalte, anstatt bestehende Mechanismen wie bilaterale Verhandlungen mit Rodungsländern aufzunehmen. 


Rohstoffe sind kein Abfall


Als problematisch bezeichnete Baumann die Obergrenze für auf Anbaubiomasse basierte Biokraftstoffe. Noch bedeutender sei allerdings die Korrektur der Liste von Rest- und Abfallstoffen, die als Rohstoffe doppelt auf die Quote angerechnet werden dürften. Der VDB-Geschäftsführer hob als Beispiel Rohglycerin hervor, das ein wichtiger Industrierohstoff und kein Abfall sei. Das Anliegen der Bundesregierung, die Liste deutlich zu kürzen, werde von den Biokraftstoffproduzenten begrüßt. Die Branche lehne die Mehrfachanrechnung nicht grundsätzlich ab, stellte Baumann klar. Allerdings verfestige sich der Eindruck, dass einige Mitgliedstaaten sich lediglich die Erfüllung des 2020-Ziels mit einer sehr langen Liste zur Mehrfachanrechnung leicht machen wollten. Mit ernst gemeinter Nachhaltigkeit habe dies nichts zu tun. Stoffe, die hier vermehrt genutzt würden durch verstärkte Förderanreize, fehlten zudem an anderer Stelle.


Der VDB-Geschäftsführer verwies auf die fachlich richtige Position der Bundesregierung, wonach auch bei Abfällen und Reststoffen indirekte Effekte zu beachten seien. Sorgen bereitet Baumann die im Ratsvorschlag mögliche Berücksichtigung des Bahnstromes beim Erneuerbaren-Ziel im Verkehrssektor. Hier handele es sich um einen eklatanten Mitnahmeeffekt. Ein zusätzlicher Anreiz für den Einsatz und die Produktion von erneuerbarem Strom sei unwahrscheinlich; dagegen würde das für neuartige Biokraftstoffe vorgesehene Segment praktisch auf Null reduziert.


Wirksamkeit der THG-Quote sicherstellen


Von der neuen Bundesregierung fordert der VDB-Geschäftsführer, dringend die praktischen Regelungen zur Treibhausgas-(THG)-Quote, die ab 2015 gelten werde, zu erarbeiten und auf den Weg zu bringen. Die Umstellung auf diese Quote werde von der Wirtschaft generell befürwortet. Sie habe in den vergangenen Jahren bereits eine Optimierung des Herstellungsprozesses bei den Biokraftstoffproduzenten bewirkt. Mit großer Sorge verfolge der VDB dagegen, dass das federführende Bundesumweltministerium bislang keine geeigneten Vorgaben für Zertifizierungen und Kontrollen unter der THG-Quote gemacht habe, erklärte Baumann. So fehle eine sachgerechte Regelung für die Zertifizierung abfallbasierter Biokraftstoffe unter der THG-Quote, denn die Regelung zur Doppelanrechnung laufe zum Ende 2014 aus. Das Ministerium habe mit der Novellierung der 36. Bundes-Immissionsschutzverordnung zu Recht strenge Kontrollmechanismen für abfallbasierte Biokraftstoffe installiert, wie sie auch von der Branche selbst gefordert worden seien. Ohne eine Fortführung dieser Regelungen drohe ein Rückfall in die problematischen Zustände vor der Novellierung, der vom Umweltressort kaum beabsichtigt sein könne.


BLE-Ansatz weiterentwickeln


Zudem erfordere die anspruchsvolle THG-Quote mit individueller Dokumentation von THG-Bilanzen generell stringentere Zertifizierungssysteme als die von der EU-Kommission zugelassenen, die heute im Markt für Roh- und Biokraftstoffe gängig sind, führte der VDB-Geschäftsführer aus. Die Treibhausgasminderung sei das zentrale Wettbewerbsmerkmal, sie müsse penibel dokumentiert und zertifiziert werden. Nur so sei ein fairer Wettbewerb sichergestellt. Die geeignete Zertifizierung der THG-Bilanz sei damit essentiell für den Erfolg der THG-Quote, die als deutsche Sonderregelung auch mit besonderen Kontrollmechanismen ausgerüstet werden müsse, legte Baumann dar. Auf EU-Ebene gebe es ein großes Missverhältnis zwischen Anspruch und Umsetzung der Nachhaltigkeitszertifizierung, da eine Kontrolle der Zertifizierungssysteme durch die Kommission völlig fehle. In Deutschland fungiere die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) anhand der Datenbank Nabisy als Clearingstelle und überwache den Betrieb der Zertifizierungssysteme, erläuterte Baumann. Diese Praxis müsse auch unter der THG-Quote fortgesetzt und in geeigneter Weise weiterentwickelt werden.

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