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Verzicht auf Biogas erhöht volkswirtschaftliche Kosten

Das Abschalten der Biogasanlagen würde bedeuten, dass im Strom- und Wärmebereich mehr fossile Energie eingesetzt werden und Emissionen sowie Kosten steigen, zeigte die Pressekonferenz des Fachverbandes Biogas in Nürnberg. Daher sei eine Anschlussregelung volkswirtschaftlich gerechtfertigt.

Lesezeit: 5 Minuten

Was passiert mit dem Biogasanlagenpark nach dem Jahr 2021, wenn die ersten Anlagen keine Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mehr erhalten? Diese Frage beschäftigt seit Monaten die gesamte Branche – so auch die rund 700 Teilnehmer der zweitägigen Jahrestagung des Fachverbandes Biogas in Nürnberg, die heute (17.02.) zu Ende ging.


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Wie eine Anschlussregelung kostengünstig erreicht werden kann, prüft das federführende Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) derzeit. „Das EEG 2016 enthält erste Eckpunkte sowie eine Verordnungsermächtigung, damit eine gemeinsame Ausschreibung für neue und bestehende Biomasseanlagen entwickelt werden kann“, heißt es in dem am Montag (15.02.16) veröffentlichten Eckpunktepapier des BMWi. „Das reicht bei weitem nicht, wir fordern eine Ausschreibung schon im Gesetz, nicht per Verordnung“, kritisierte Horst Seide, Präsident des Fachverbandes Biogas gestern auf der Pressekonferenz des Verbandes. Denn wann und ob eine Verordnung kommt, bliebe immer fraglich. Dabei bräuchten die Biogaserzeuger handfeste Perspektiven. Grund: Derzeit kommen erhebliche Investitionen auf die Landwirte zu, z.B. nach der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) oder der neuen Dünge-Verordnung (DüV). Danach müssen Anlagenbetreiber neue Gärrestbehälter bauen, Wälle um ihre Anlagen ziehen oder in Aufbereitungstechniken für Gärreste investieren. Auch würden Investitionen in Wärmenetze unterbleiben, wenn der Abschreibungszeitraum zu kurz ist. „Ohne Horizont werden die Anlagenbetreiber bei Investitionen von 500.000 € ihre Anlagen stilllegen, bevor sie neu investieren“, befürchtet Seide. Daher bräuchte die Branche jetzt eine Nachfolgeregelung.


Eine weitere Forderung des Fachverbandes ist, dass die Branche einen Zubau von netto 100 Megawatt (MW) pro Jahr benötigt. „Die Bundesregierung strebt dagegen 100 MW brutto an“, macht Seide deutlich. Das bedeutet: Wenn 100 MW neu dazukommen, gleichzeitig aber 500 MW stillgelegt werden, würde der Bestand rapide absinken.


Neue Studie


Was das für Folgen hätte, hat das Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) aus Kassel ermittelt. Würde der Anlagenpark auch im Jahr 2030 die gleiche Menge Strom wie heute produzieren, allerdings in optimierter Form, hätte das folgende Auswirkungen auf das Stromsystem:

  • Die Biogasanlagen könnten rund 15 Prozent des Energiebedarfs liefern, den Wind- und Solarstromanlagen nicht abdecken.
  • Gleichzeitig könnten Biogasanlagen 68 % der negativen und 59 % der positiven Regelleistung decken.
  • Die Anlagen könnten 4 % des Wärmebedarfs in Deutschland regenerativ erzeugen.
Ohne Anschlussregelung und bei Fortführung des EEG 2014 mit einem Zubau von brutto 100 MW jährlich würde bis zum Jahr 2030 dagegen die Bemessungsleistung auf 500 MW jährlich absinken und sich auf kleine Gülleanlagen beschränken. Zum Vergleich: Heute sind 3500 MW Biogasleistung installiert. Die Folgen:

  • Biogasanlagen könnten nur noch 1 % des Reststrombedarfs („Residuallast“) decken.
  • Der Beitrag zur Regelenergie und zur Wärmeerzeugung ist kaum noch nennenswert.
Das hätte nach Ansicht der Fraunhofer-Experten erhebliche Auswirkungen auf die volkswirtschaftlichen Kosten und die Klimaschutzbemühungen:

  • Um die fehlenden Biogasanlagen zu kompensieren, müssten 22.000 MW Wind- und Solarstromleistung zusätzlich errichtet werden.
  • Der höhere Anteil der schwankenden Stromerzeugung macht mehr teure Speicher nötig.
  • Sehr viel Wind- und Solarstrom bleibt ungenutzt.
  • Für den Reststrombedarf müssen mehr fossile Kraftwerke einspringen, v.a. Steinkohlekraftwerke. Das erhöht die CO2-Emissionen um 3 Mio. t (Äquivalente) jährlich.
  • Der Erdgasverbrauch in der Wärmeerzeugung erhöht sich um 8 Mrd. Kilowattstunden.
„Die Studie zeigt, dass die Fortführung der Biogasstromerzeugung günstiger ist als der andere Weg“, fasst Seide die Ergebnisse zusammen. Insgesamt sei es daher günstiger, heute in die Flexibilisierung von Biogasanlagen zu investieren. Die Studie zeige, dass die doppelte Überbauung (also die Verdopplung der elektrischen Leistung bei Halbierung der Stromproduktion auf ca 3800 Volllaststunden pro Jahr) wirtschaftlich am günstigsten ist.


„Die Studie macht deutlich, dass die ewige Kostendebatte im Biogasbereich zu Unrecht geführt wird“, betont auch Hendrik Becker, Vizepräsident des Fachverbandes und Sprecher des Firmenbeirats. Auch müsse die Politik die technologischen Folgen eines Ausstiegs aus der Biogaserzeugung sehen. „Wenn man das viel gelobte Power-to-Gas will, braucht man Biogasanlagen, um aus Wasserstoff Methan zu machen“, erklärt Becker.


Eine Fortführung der Branche sei auch ein Signal für das Ausland. Ohne diese Märkte sei der Markt für neue Anlagen tot. Das wäre das Aus für die deutschen Hersteller. Becker: „Biogas ist der Kitt zwischen erneuerbaren Energien im Strom-, Wärme- und Verkehrssektor und damit wertvoller, als die Politik derzeit vermittelt.“ 


Der Fachverband Biogas setzt sich daher verstärkt dafür ein, dass es für neue, aber auch für bestehende Anlagen eine Ausschreibung geben wird. „In der Branche der erneuerbaren Energien will keiner die Ausschreibung, aber wir kommen in der politischen Diskussion daran nicht mehr vorbei“, erklärt Dr. Claudius da Costa Gomez, Hauptgeschäftsführer des Fachverbandes Biogas. Daher sei es aussichtslos, dagegen zu kämpfen.


Allerdings verzögert sich die Umsetzung des EEG 2016 bzw. des „Ausschreibungsgesetzes“, wie es wohl heißen wird. Der Fachverband sieht einen Grund in den kommenden Landtagswahlen. Damit dürfte es eng werden für den Zeitplan, wenn das Gesetz noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll.


Im Windschatten des wieder einmal heftigen Tauziehens um die EEG-Novelle blieb fast verborgen, dass der Fachverband in Nürnberg seine 25. Jahrestagung durchführte. Die Jubiläumsveranstaltung war die letzte, die traditionell Anfang des Jahres stattfand.


Künftig arbeitet der Fachverband mit der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) zusammen und wird in den geraden Jahren die Jahrestagung parallel zur Messe Energy Decentral und der EuroTier in Hannover durchführen – erstmals vom 15. bis 18. November 2016.

In den ungeraden Jahren, in denen die DLG die Agritechnica in Hannover ohne Biogasbeteiligung durchführt, findet die Jahrestagung als "Biogas Convention" mit Messe im Dezember in Nürnberg statt.

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