Ein anzulegender Wert von 9,5 ct/kWh für Strom aus bestimmten Agri-Photovoltaik (Agri-PV)-Anlagen klingt sehr attraktiv. Diesen Wert hatte die Bundesregierung im April 2024 mit dem Solarpaket 1 in Aussicht gestellt. Doch die EU hat die beihilferechtliche Genehmigung des Gesetzespakets bislang verweigert, weil bestimmte rechtliche Inhalte in dem Gesetz fehlen. Ob und wann die neue Bundesregierung das Thema anpackt, ist weiter offen. Daher fragen sich viele Landwirte, Projektierer, aber auch finanzierende Banken und andere Akteure: Welche Vergütung würde gelten, wenn eine Agri-PV-Anlage in diesem Jahr ans Netz gehen würde?
Denn das EEG 2023 ist mittlerweile so kompliziert und undurchsichtig, dass ein einfacher Blick in den Gesetzestext nicht ausreicht. Wir haben daher Agri-PV-Experten befragt.
Schon 9,5 ct unrealistisch
Immer wieder werben einige Anbieter von Agri-PV-Anlagen damit, dass Landwirte für einige Anlagen noch in diesem Jahr 9,5 ct/kWh erhalten würden. Selbst, wenn das Solarpaket 1 verabschiedet würde, ist diese Angabe aber nicht korrekt, wie Rechtsanwalt Jens Vollprecht von der Kanzlei Becker Büttner Held (BBH) aus Berlin klarstellt: „Der Betrag würde in dieser Höhe nie ausbezahlt werden. In der Einspeisevergütung würden 0,4 ct/kWh abgezogen.“
Was das Gesetz sagt
Doch das Solarpaket 1 und die erhöhte Vergütung sind immer noch nicht in Kraft. Daher gilt: Grundsätzlich sind Regelungen im EEG anzuwenden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt für die Regelungen, die unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung stehen. Welche das sind, ergibt sich aus § 101 EEG. Mit Blick auf Agri-PV benötigen §§ 37b Abs. 2; 37d; 48 Abs. 1b EEG das grüne Licht aus Brüssel. Ohne dieses grüne Licht gelten diese Vorschriften nicht und „alte“ Vorschriften aus dem EEG sind anzuwenden. Welche das sind ergibt sich ebenfalls aus dem § 101 EEG.
Anlagen in der Ausschreibung
„Sowohl im EEG als auch in einem Hinweis der Clearingstelle-EEG findet sich der Hinweis, dass bis zur beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU weiterhin die Fassung des §38b vom 15. Mai 2024 gilt“, erklärt Mark Kugel vom Projektierer Sonntag Energy. Die Clearingstelle hat das Thema in der Rechtsfrage Nr. 229 aufgegriffen: Unter welchen Voraussetzungen sind sog. „Agri-PV-Anlagen“ nach dem EEG förderfähig ?
„Die angesprochene Regelung gilt allerdings nur für Anlagen, die erfolgreich an einer Ausschreibung teilgenommen haben und insgesamt mit einer lichten Höhe von mindestens 2,10 Metern aufgeständert sind.“, ergänzt Rechtsanwalt Vollprecht.
Die Vergütung bestimmt sich in diesem Fall nach dem Grundwert für eine Freiflächenanlage (Ausschreibungsergebnis) plus dem Technologie-Bonus. Die Höhe des Technologie-Bonus ist in § 38b des EEG in der „alten“ Fassung aufgeführt:
(1) Die Höhe des anzulegenden Werts bei den Ausschreibungen für Solaranlagen des ersten Segments entspricht dem Zuschlagswert des bezuschlagten Gebots, dessen Gebotsmenge der Solaranlage zugeteilt worden ist. Wenn es sich bei der Solaranlage um eine besondere Solaranlage nach § 37 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a, b oder c handelt und die Anlage insgesamt mit einer lichten Höhe von mindestens 2,10 Metern aufgeständert ist, erhöht sich der anzulegende Wert nach Satz 1 bei Anlagen, die
im Jahr 2023 einen Zuschlag erhalten haben, um 1,2 Cent pro Kilowattstunde,
im Jahr 2024 einen Zuschlag erhalten haben, um 1 Cent pro Kilowattstunde,
im Jahr 2025 einen Zuschlag erhalten haben, um 0,7 Cent pro Kilowattstunde und
in den Jahren 2026 bis 2028 einen Zuschlag erhalten haben, um 0,5 Cent pro Kilowattstunde. […]
Anlagen mit Festvergütung
Wie sieht es bei den Anlagen aus, die nicht in die Ausschreibung dürfen und deren Vergütung damit gesetzlich bestimmt ist?
„Bei Anlagen bis zu 1 MW bekommt man derzeit eine festgeschriebene Vergütung, ohne Ausschreibung. Diese liegt aktuell bei 6,79 ct/kWh und man erhält keinen Aufschlag für besondere Solaranlagen. Ab 1.8.2025 sinkt die Vergütung um ein weiteres Prozent auf 6,72 ct/kWh“, sagt Marcel Richter vom Projektierungsbüro Viosioneere aus Warendorf.
Axel Pustet von axess solar aus Sinzig (Bayern) gibt zu bedenken: „Sowohl bei 1 MW-Anlagen, als auch bei Bürgerenergieanlagen bis 6 MW (aktueller fest anzulegender Wert ca. 5,23 ct/kWh) gibt es derzeit keinen Technologie-Bonus für Agri-PV!“
Die konkrete Vergütung
Was heißt das jetzt konkret für Agri-PV-Anlagen, die 2025 in Betrieb genommen bzw. an einer Ausschreibung teilnehmen würden und die beihilferechtliche Genehmigung noch nicht erteilt ist?
Anlage bis 1 MW, Inbetriebnahme bis 31.7.2025: 6,79 ct/kWh (gesetzlich festgelegt, keine Teilnahme an einer Ausschreibung nötig).
Anlage bis 1 MW, Inbetriebnahme ab 1.8.2025: 6,72 ct/kWh (gesetzlich festgelegt, keine Teilnahme an einer Ausschreibung nötig).
Anlage über 1 MW, Zuschlag im Jahr 2025: 6,80 ct/kWh plus 0,7 ct, also 7,50 ct/kWh (Teilnahme an einer Ausschreibung nötig. Achtung: das ist der Höchstgebotspreis, der tatsächliche Wert wird wegen der starken Überzeichnung der Ausschreibungen sehr wahrscheinlich darunter liegen.)
„Die „alte“ Vergütung für eine hochaufgeständerte Agri-PV-Anlage ist im nördlichen Nordrhein-Westfalen nicht kostendeckend“, bewertet Marcel Richter.