Nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG, umgangssprachlich „Heizungsgesetz“ genannt) sind Hausbesitzer aufgefordert, unter bestimmten Bedingungen die Heizung ganz oder teilweise auf einen erneuerbaren Wärmeträger umstellen. Infrage kommen z.B. Wärmepumpen oder Holzheizungen.
Parallel dazu arbeiten viele Kommunen an einer „Kommunalen Wärmeplanung“. Dabei werden auch Nahwärmenetze auf Basis von erneuerbaren Energien als Möglichkeit betrachtet, um bestimmte Orts- oder Stadtteile mit erneuerbarer Wärme zu versorgen, z.B. über Holzheizwerke, Abwärme aus Biogasanlagen, Solarthermiefelder oder Großwärmepumpen.
Wichtige Fragen
Für die Wirtschaftlichkeit der Wärmenetze ist eine möglichst hohe Anschlussquote wichtig. Die spannende Fragen:
Darf die Kommune per Anschluss- und Benutzungszwang Hausbesitzer verpflichten, ihr Haus an das Nahwärmenetz anzuschließen, selbst wenn diese eine GEG-konforme Einzelheizung eingebaut haben?
Und müssen die Hausbesitzer die vielleicht noch neue Heizung dann wieder außer Betrieb nehmen?
Dürfen Hausbesitzer gebäudeindividuelle GEG-konforme Heizungen in Betrieb nehmen, auch wenn eine Nahwärmeversorgung geplant ist?
Das Gutachten
Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, hat die Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen ein Rechtsgutachten wir bei den re|Rechtsanwälten in Auftrag gegeben, das nicht nur die Behandlung von Wärmepumpen in solchen Gebieten, sondern auch anderer GEG-konformer Heizungsanlagen (Biomasse, Solarthermie etc.) in den Blick nimmt und sich mit der Frage beschäftigt, unter welchen Gegebenheiten ein Anschluss- und Benutzungszwang zur Nutzung von Nah- bzw. Fernwärme durchgesetzt werden kann.
Zentrales Ergebnis: Die Durchsetzung des Zwangs zum Anschluss und zur Nutzung eines Wärmenetzes durch die Kommune ist bei GEG-konformen Heizungsanlagen an hohe Hürden geknüpft. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine bestehende Anlage handelt – oder um einen Neueinbau.
Wann ein Anschlusszwang zulässig ist
Grundsätzlich kann eine Kommune durch Fernwärmesatzungen einen Anschluss- und Benutzungszwang (AuBZ) zur Nutzung von Fernwärme vorgeben. Voraussetzung ist, dass dieser AuBZ einem Allgemeinwohlbelang dient. Zulässige Allgemeinwohlbelange sind dabei Klimaschutz und/oder Gesundheitsschutz. Andere Erwägungen sind hingegen nicht als alleinige Begründung für einen AuBZ zulässig. Ferner muss grundsätzlich die Möglichkeit zu Ausnahmen (Dispens) eingeräumt werden, da diese Satzungen sonst unwirksam werden.
Kriterien für die Durchsetzung eines AuBZ
Die erste Hürde in diesem Zusammenhang liegt darin begründet, dass die Zwangsausübung geeignet sein muss, den Klima- und/oder Gesundheitsschutz zu fördern. Konkret bedeutet dies, dass die Fernwärme ggü. gebäudeindividueller Heizungsanlagen geringere CO2-Emissionen (Klimaschutz) bzw. geringere lokale Emissionen haben muss.
Die zweite Hürde für die Durchsetzung eines AuBZ ist, dass dieser Zwang erforderlich und angemessen sein muss. Konkret ist hier zu prüfen, ob ein gleich geeignetes, milderes Mittel an die Stelle der Zwangsdurchsetzung treten kann und ob die Zwangsdurchsetzung unzumutbar in das Eigentumsrecht des Betroffenen eingreift.
Die Einordnung
Im Ergebnis zeigt sich, dass nach Ansicht der Gutachter die Durchsetzung eines AuBZ für Wärmepumpen, Solarthermische Anlagen und Stromdirektheizungen nicht umsetzbar ist. Für diese ist kein zusätzlicher Beitrag zu Klimaschutz oder Gesundheitsschutz absehbar. Hier muss demnach eine Ausnahme vom AuBZ gewährt werden.
Andererseits stellt sich für verbrennungstechnische Lösungen (mit biogenen Brennstoffen und Wasserstoff) die Situation differenzierter dar. Hier kann (im Einzelfall) die Durchsetzung eines AuBZ möglich sein, sofern es sich um stark schadstoffbelastete Gebiete handelt. Da bei der Verbrennung von Biomasse oder Biogas Schadstoffe emittiert werden können, kann aus Gründen des Gesundheitsschutzes unter Umständen ein AuBZ möglich sein, resümiert die Klimaschutzagentur.
Weitere Informationen
Das vollständige Rechtsgutachten finden Sie hier zum Download