Bisher wurden am Day-Ahead-Markt der europäischen Strombörse „EPEX SPOT“ Strommengen und Preise für den nächsten Tag („Day ahead“) ausschließlich in einstündigen Blöcken gehandelt. Die Strombörse will jetzt ab Oktober Vermarktung auf viertelstündliche Blöcke umstellen. Wir sprachen mit Energy Market Lead und Regulierungsexperte Dr. Ralf Walther vom Stromanbieter „Tibber“ darüber, welche Konsequenzen das für Verbraucher hat.
Warum ist die Umstellung auf Viertelstundenblöcke nötig?
Walther: Hintergrund ist eine Harmonisierung des Strommarktes. Der gesamte Markt einschließlich Regelleistung, Intradayhandel oder Bilanzierung läuft ja bereits in Viertelstunden ab. Allein deswegen ist eine Angleichung sinnvoll. Außerdem haben wir aber auch die zunehmende Integration von wetterabhängigen erneuerbaren Energien. Für sie ist ein Stundenraster viel zu grob.
Inwiefern?
Walther: Nehmen wir als Beispiel eine Einspeisespitze von Solarstrom in der Zeit von 12 Uhr 45 bis 13 Uhr 15. Sie führt zu einem sinkenden Preis. Würde man ein Stundenraster nehmen, hätten wir von 12 bis 12 Uhr 45 einen hohen Preis und nur eine Viertelstunde lang - in dem Beispiel bis 13 Uhr - einen niedrigeren. Bei der Viertelstundenabrechnung kann man dagegen Stromerzeugung und Verbrauch viel stärker nach den Preisen in den kurzen Zeiträumen ausrichten. Privatpersonen oder Gewerbe- und Industriebetriebe, die Strom flexibel verbrauchen können oder Speicher besitzen, werden mit diesem System belohnt.
Was bedeutet die Umstellung für Verbraucher?
Walther: Die Umstellung klingt zwar relativ einfach, hat aber weitreichende Konsequenzen quer durch alle Systeme hindurch. Für Stromverbraucher wird die Abrechnung damit komplexer, denn jetzt gibt es in einer Stunde nicht mehr einen, sondern vier Preise. Damit steigt für ihn aber auch das Erlöspotenzial. An der Oberfläche merken unsere Kunden allerdings nicht viel von der Umstellung - außer, dass die Preiszeitreihe eben viermal so viele Einheiten hat.
Sie bieten ja dynamische Stromtarife an. Profitiert der Kunde mit dem neuen System davon?
Walther: Ja, auf jeden Fall. Fest steht, dass das Nachsteuern nur noch automatisiert funktioniert, von Hand kann da bei so kurzen Zeiträumen keiner mehr reagieren. Auch wird die Visualisierung z.B. auf dem Handy komplexer, da die Preise stärker schwanken.
Mit welchen Verbräuchen kann der Haushaltskunde vor allem profitieren?
Walther: Das sind vor allem Lasten, die sich auch in einer Viertelstunde abrufen lassen, also z.B. eine Wallbox für ein E-Auto mit hoher Ladeleistung oder ein Speicher mit hoher Ladekapazität. Denn Ziel ist es ja, dass der Kunde in der Viertelstunde mit günstigen Preisen möglichst viel Strom verbraucht. Das geht nicht mit einer Waschmaschine oder dergleichen.
Aber dafür ist es ja auch nötig, dass die Smart Meter schnell installiert werden, oder?
Walther: Ja, ohne Smart Meter geht ohnehin nichts. Das wissen wir schon seit über 15 Jahren. Wir sehen jetzt zum Glück bei der neuen Bundesregierung, dass der Rollout langsam Fahrt aufnimmt. Wer dagegen kein Smart Meter hat, wird nach Standard-Lastprofil abgerechnet. Das bedeutet: der Haushalt wird pauschal nach einem üblichen Verbrauch abgerechnet, nicht nach den tatsächlichen Verbräuchen zu den jeweiligen Preisen.