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Biomethan: „Wie ein Legoturm auf hoher See“

Der Biogasmarkt ist im Umbruch. Ob der Verkehrssektor eine Alternative ist, diskutierten gestern Experten in Berlin. Insider zeigten sich resigniert.

Lesezeit: 5 Minuten

Die Biogasbranche durchlebt eine schwierige Zeit. Die ersten Anlagen erreichen in zwei Jahren das Ende der EEG-Förderung. Eine weitere Stromerzeugung mit der Verlängerung über das Ausschreibungsverfahren erscheint vielen Betreibern nicht attraktiv, wie die geringe Beteiligung der vergangenen drei Auktionsrunden zeigt. Auch gibt es unterschiedliche Signale aus der Politik, ob Biogas in der Stromerzeugung künftig überhaupt noch eine Rolle spielen soll.

Eine Alternative wäre die Umrüstung auf Gasaufbereitung zur Biomethanproduktion. Doch 90 % des Biomethans wird heute in externen BHKW zur Stromerzeugung genutzt und nach dem EEG vergütet. „Da auch für Biomethan-BHkW das Förderende naht, müssen die Biomethanerzeuger nach neuen Absatzmärkten Ausschau halten“, erklärt Kirstina Haverkamp, Geschäftsführerin der Deutschen Energieagentur (dena), gestern auf der Biogaspartner-Jahreskonferenz im Rahmen des dena-Energiewendekongresses in Berlin. Der Verkehrssektor erscheint ihrer Meinung nach interessant, weil gerade im Schwerlastverkehr wegen der Mautbefreiung und des Förderprogramms des Bundesverkehrsministeriums zur Umrüstung von Lkw auf den Gasantrieb viel Bewegung entstanden sei.

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BMVi-Vertreter ist skeptisch

„Es ist aber nicht sicher, dass Biomethan im Schwerverkehr künftig eine Rolle spielen wird. So hat z.B. Daimler angekündigt, bei Lkw aus dem Gasantrieb auszusteigen und künftig nur noch auf Brennstoffzellen zu setzen“, sagte Ulrich Benterbusch, Unterabteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium und u.a. für nachhaltige Mobilität zuständig. Er betonte zwar, dass Biomethan zum Erreichen der Klimaziele für 2030 wichtig sei. „Aber wir dürfen bei der Erzeugung die Vermaisung oder den Pestizideinsatz nicht außer Acht lassen. Die Rohstoffe müssen umweltfreundlich erzeugt werden.“ Er verwies dabei auch auf den geplanten CO₂-Preis. Es sei ein großer Erfolg, dass dieses Instrument jetzt erstmals eingeführt werde, auch wenn der geplante Preis mit 10 €/t so niedrig sei, dass er für Biomethan als Ersatz für Erdgas keine Rolle spielen werde.

Kritik am Gebäudeenergiegesetz (GEG)

Einige Teilnehmer äußerten in der Diskussion ihren Unmut darüber, dass Biomethan im Gebäudeenergiegesetz (GEG) nicht als Erfüllungsoption für Gasbrennwertkessel anerkannt sei. Ihnen erwiderte Bentebusch: „Wir haben ein Problem mit der Nachweisführung, dass wirklich auch dauerhaft Biomethan anstelle von Erdgas eingesetzt wird. Daher fordere ich die Branche auf, ein entsprechendes Modell vorzulegen.“

Falk Heinen vom federführenden Bundesumweltministerium erklärte, dass die für die Verkehrswende entscheidende EU-Vorschrift Renewable Energy Directive (RED II) bis zum Jahr 2021 in Deutschland umgesetzt sein muss.

Dr. Ralf Stöckel vom Mineralölkonzern Total erläuterte, dass Biomethan wegen des großen Treibhausgasminderungspotenzials zwar eine gute Möglichkeit sei, die THG-Quote einzuhalten. Hierzu kauft ein Mineralölkonzern das Gas direkt vom Erzeuger oder Zertifikate von Biomethanerzeugern, die das Gas als „Erdgas“ vermarkten. Allerdings sieht einen sich abschwächenden Absatz. „Einige unserer Erdgastankstellen haben schon wieder geschlossen.“

Sauter: „Pkw-Markt ist für Biomethan tot“

Claus Sauter, Vorstand der Verbio AG, dem weltgrößten Biomethanerzeuger aus Stroh, gab sich resigniert: „Ich weiß gar nicht, warum Sie mich immer wieder als Referent einladen, seit Jahren erzähle ich das Gleiche: Seit 14 Jahren geht es mit Biokraftstoffen in Deutschland nicht mehr vorwärts.“ Das Potenzial sei riesig in Deutschland: Würden die Landwirte auf Halmverkürzer verzichten, könnten 20 Mio. t Stroh jährlich für die Kraftstoffproduktion zur Verfügung stehen. Mit vier Großpacken Stroh könnte man den Jahreskraftstoffbedarf eines Gasautos erzeugen. „Wir machen alles, was Politik und Gesellschaft wollen, wir nutzen einen Reststoff und keine Nahrungs- oder Futtermittel, der Kraftstoff reduziert den CO₂-Ausstoß im Vergleich zu Diesel oder Benzin um 95 % und ein Gasfahrzeug kostet genauso viel wie ein Auto mit Dieselantrieb. Trotzdem will die Politik das nicht.“ Seiner Meinung nach ist der Pkw-Markt für Biomethan tot, Chancen sieht er im Bereich Lkw. Der Busbereich war interessant, wird aber durch die Clean Vehicles Directive der EU unterlaufen. Diese besagt, dass der Busverkehr bis zum Jahr 2050 komplett ohne Kohlenstoff auskommen soll, also elektrifiziert sein muss. Weitere Ungereimtheiten sieht er darin, dass seit 2018 auch Erdgas eine Quote erzeugt, also gleichgeschaltet wird mit regenerativem Gas. Zudem ist die deutsche Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe, zu denen auch Biomethan aus Stroh oder Gülle gehört, mit 0,05 % viel zu niedrig. „Diese Menge erfüllen wir allein mit unserer Produktion in zwei Monaten“, sagt er.

Mit Blick auf Biogaserzeuger, die vorhaben, auf den Verkehrssektor zu setzen, sagt Sauter: „Biomethan ist wie ein Legoturm auf einem Schiff bei Windstärke 7, es ist ein brandgefährliches Geschäft, bei dem man nie weiß, was als nächstes passiert.“ Schuld daran sei die Politik, die wie kein anderes Land das Vertrauen der Investoren nachhaltig zerstört habe.

Chancen für die Landwirtschaft

Ein wenig Licht am Horizont zeigte dagegen Friedrich Lesche auf. Der Entwicklungsleiter des Lkw-Herstellers Iveco sieht große Chancen für CNG (komprimiertes Erdgas oder Biomethan) im Bereich Landwirtschaft. Der ebenfalls zum CNH Industrial-Konzern gehörende Hersteller New Holland habe einen Gastraktor entwickelt, der aus dem Prototypstatus raus sei. Ebenso gäbe es Radlader mit Gasantrieb.

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