topplus Verzögerte Einführung

Wie Smart Meter und dynamische Tarife Stromkosten senken können

Die Einführung von Smart Metern und dynamischen Tarifen könnte eine kostengünstigere und umweltfreundlichere Stromnutzung ermöglichen. Ein Blick auf die aktuelle Marktdynamik.

Lesezeit: 7 Minuten

Smart Meter spielen eine entscheidende Rolle in der Energiewende. In Kombination mit einem dynamischen Stromtarif kann Strom genau dann verbraucht werden, wenn er besonders günstig und damit in der Regel auch klimafreundlich ist.

Der Bundestag hat Ende Januar ein Energiepaket beschlossen, bei dem es auch um intelligente Messsysteme (Smart Meter) ging. Wie schon andere Bundesregierungen hat sich auch die schwarz-rote Koalition vorgenommen, die intelligenten Messsysteme stärker auszubauen.

Einige Unternehmen wollen sich aber nicht mehr allein auf die Politik verlassen und haben die Smart-Meter-Initiative gegründet. Die Anbieter von dynamischen Stromtarifen Octopus Energy, Tibber, Rabot Energy sowie Ostrom wollen damit die Einführung intelligenter Stromzähler in Deutschland beschleunigen. Wir sprachen mit Jan Rabe, CEO von Rabot Energy, über die jüngsten Beschlüsse und die Marktaussichten.

Seit Jahren dümpelt das Thema „Smart Meter“ in Deutschland vor sich hin, obwohl die intelligenten Messsysteme dringend für die Energiewende gebraucht würden. Wird die neue Bundesregierung das jetzt ändern?

Rabe: Das lässt sich noch nicht absehen. Entscheidend wird sein, ob Energieversorger hier stärker aktiv werden. Sie sollten die Messstellenbetreiber darauf hinweisen, ihrer gesetzlichen Pflicht zum Einbau von Smart Metern nachzukommen. Das Gesetz regelt, dass alle Menschen in Deutschland das Recht auf einen Einbau dieser intelligenten Messsysteme haben.

Aber die Energieversorger sind doch seit Anfang des Jahres verpflichtet, dynamische Tarife anzubieten. Müssen sie da nicht auch Smart Meter im Programm haben?

Rabe: Ja, sie müssen diese anbieten, aber nicht aktiv vertreiben. Das bedeutet, viele machen nicht aktiv Werbung dafür. Die wenigsten Kunden wissen Bescheid, dass sie das Recht dazu haben. Auch Smart Meter können Kunden seit diesem Jahr beantragen. Das ist aus Sicht der Energiewende sinnvoll, weil der Kunde damit in die Lage versetzt wird, den Verbrauch in die Zeiten zu legen, wo  Strom günstig oder der Preis sogar negativ ist.

Der Bundestag hat Ende Januar ein Energiepaket beschlossen, bei dem es auch um Messsysteme /Smart Meter ging. Was genau hat sich geändert?

Rabe: Schon im Jahr 2023 wollte der Gesetzgeber mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW ), dass der Smart-Meter-Rollout endlich in Gang kommt. Auch, wenn bis heute rund 1 Mio. Smart Meter eingebaut worden sind, bleibt Deutschland mit dem Einbau der Zähler in Europa so ziemlich das Schlusslicht. Ende Januar hat der Bundestag Änderungen im Messstellenbetriebsgesetz beschlossen. Danach wurden zum Beispiel die Einbaukosten für einen Smart-Meter von 30 auf 100 € und die laufenden Kosten von 20 auf 30 €/Jahr angehoben. Wer eine PV-Anlage bis zu 15 kW installierter Leistung oder eine Wärmepumpe betreibt, muss maximal 50 € für den Smart Meter zahlen. Mit den Mehreinnahmen soll der Smart-Meter-Rollout refinanziert werden.

Wie bewerten Sie die Anhebung?

Rabe: Es ist aus unserer Sicht das falsche Signal an die Verbraucher. Denn es schafft finanzielle Hürden, um an diesem noch freiwilligen System teilzunehmen. Warum das Gesetz geändert wurde, erschließt sich uns nicht. Die Zahlung von 100 € könnte jetzt viele Kunden abschrecken, freiwillig auf Smart Meter zu wechseln. Viele werden jetzt warten, bis der Zähler ohnehin eingebaut wird. Das wird den flächendeckenden Einbau und damit auch die Energiewende um Jahre zurückwerfen.

Wäre die Finanzierung auch ohne diese Preissteigerung möglich gewesen?

Rabe: Auf jeden Fall. Denn mehr Smart Meter bedeuten eine stärkere Flexibilisierung der Nachfrage, also ein Stromverbrauch, der sich stärker an der Produktion von Solar- und Windstrom orientiert. Das könnte dazu führen, dass weniger Stromnetze gebaut werden müssen, weil der Strom stärker vor Ort verbraucht wird. Aus unserer Sicht übersteigen die Einsparungen der Flexibilisierung volkswirtschaftlich die Mehrkosten für den Einbau der Smart Meter.

Auch mit dem Solarspitzengesetz sind Smart Meter (Intelligente Messsysteme, kurz: ImSys) gefordert. Wird es darüber neue Impulse geben?

Rabe: Auf jeden Fall. Das Gesetz soll Verbraucher anregen, sich stärker am Markt zu orientieren und damit das Stromnetz zu entlasten. Mit einem Smart Meter haben sie einen besseren Überblick über den jeweiligen Strompreis. Damit bekommen sie einen zusätzlichen Anreiz, ihren Solarstrom zu bestimmten Zeiten im Haus zu verbrauchen oder damit stationäre Speicher oder das Elektroauto zu laden. Mit diesem Smart Charging können Kunden in Verbindung mit einem dynamischen Stromtarif über 50 % der Stromkosten einsparen. Auch für uns als Stromanbieter wäre es von Vorteil, wenn Kunden den Strom flexibel verbrauchen mit Batterie, Wärmepumpe und Elektroauto.

Aber der Kunde wird ja die Batterie vor allem im Sommer mittags laden. Bringt das denn viel Flexibilität?

Rabe: Auch das hat sich jetzt mit dem Solarspitzengesetz geändert. Denn er kann die Batterie im Sommer für Solarstrom nutzen, sie damit tagsüber laden und nachts ins Netz einspeisen, wenn der Preis hoch ist. Im Winter dagegen, wenn seine Anlage weniger Solarstrom produziert, kann er die Batterie auch nutzen, um günstigen Graustrom aus dem Netz zu laden, vor allem in Zeiten mit viel günstigem Windstrom. Wenn das tausende Haushalte im Schwarm machen, wäre das eine enorme Entlastung für die Netze.

Wie könnte man das jetzt mal praktisch darstellen? Also angenommen, um 11 Uhr sinkt der Preis an der Börse, weil wir sehr viel Solarstrom haben. Wie wirkt sich das auf den Haushalt aus?

Rabe: Dabei muss man zwei Fälle unterscheiden. Ein Kunde, der kein Elektroauto und keine Wärmepumpe hat, sieht den sinkenden Preis in der App und kann seinen Verbrauch darauf abstimmen, also z.B. die Waschmaschine starten oder Elektrogeräte laden. Er muss also selbst darauf reagieren. Wer dagegen eine Batterie, ein E-Auto oder eine Wärmepumpe hat, kann sie über die App mit Ladepräferenzen ausstatten. Dann würde unser Algorithmus anhand der Präferenzen in Zeiten, in denen negative Börsenstrompreise drohen, den Ladevorgang optimieren oder Wärme für den Pufferspeicher produzieren. Im besten Fall bekommt der Kunde dann sogar Geld, wenn er den Strom verbraucht.

Was wäre, wenn der Kunde kein Smart Meter hat? Es wäre doch auch denkbar, dann im Sommer  mittags mehr Strom zu verbrauchen, wenn dieser günstig ist.

Rabe: Das schon, aber ohne intelligenten Zähler sieht man nicht, wann er wie viel  Strom verbraucht hat. Der Strompreis, den er zahlen muss, wäre also immer gleich.  Nur ein Smart Meter misst das viertelstundenscharf. Wer einen dynamischen Tarif hat, kann zwar von günstigen Preisen profitieren, aber hätte auch nichts davon, Verbräuche zu verschieben. Denn auch das wäre nicht messbar.

Es gibt den Vorschlag, zur schnelleren Verbreitung den Smart Meter ohne Gateway, also die Übertragungseinheit, einzubauen. Was halten Sie davon?

Rabe: Das ist in der Tat ein spannender Vorschlag. Zumindest hätte der Kunde damit mehr Transparenz über die Strompreise zu jeder Viertelstunde. Nur könnten wir dann nicht auslesen, wann er wie viel verbraucht hat. Der Datenaustausch wäre also nicht möglich. Das würde uns auch die Prognose erschweren, wann viel Strom benötigt wird. Am Ende kämen wir damit nicht zu einer intelligenteren Energieinfrastruktur. Aber denkbar wäre es, stufenweise vorzugehen, also erstmal die Zähler zu installieren und später den Gateway. Feststeht: Nur durch eine zügige Umstellung auf Smart Meter können wir die dringend benötigte Flexibilität im Stromverbrauch erreichen und damit einen entscheidenden Schritt in Richtung Klimaziele machen.

Infos zum Smart Meter und zum intelligenten Laden

  • Infos zur Smart-Meter-Initiative finden Sie hier.

  • Weitere Informationen zum Thema Smart Meter bietet Rabot Energy hier.

  • Eine aktuelle Studie zeigt: Elektroautofahrer können ihre Lade-Stromkosten um rund 50 % senken, wenn sie ihr Fahrzeug zu Hause und zu optimalen Tageszeiten laden. Dafür sind zwei Dinge entscheidend: ein dynamischer Stromtarif und ein Smart Meter. Weitere Infos zur Studie finden Sie bei Rabot Energy hier.

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