Die PNE AG aus Cuxhaven (Niedersachsen) ist auf die Entwicklung von Windenergie- und Photovoltaikprojekten weltweit sowie auf die Stromerzeugung mit eigenen Windparks spezialisiert. Zusätzlich hat PNE eine Beratung rund um die Vermarktung von grünem Strom aufgebaut.
Wie das Unternehmen mitteilt, zeigt der Markt dabei einen klaren Trend: Besonders im Solarbereich gewinnen hybride Vermarktungsmodelle an Bedeutung. Was das genau bedeutet und wie Betreiber von Wind- oder Solarparks davon profitieren können, haben wir mit Nils Kompe, Leiter Power Origination & Green Markets bei PNE, diskutiert.
Sie bieten eine Beratung zu einer alternativen Stromvermarktung für Wind- und Solarparks an. Die EEG-Vergütung gilt bislang doch als sichere Bank. Warum brauchen wir eine Alternative?
Kompe: Aktuell ist eine Alternative hauptsächlich bei Solarparks nötig. Gerade bei der häufigen Überzeichnung der Ausschreibungsrunden und dem damit verbundenen sinkenden Höchstgebotspreis ist die Wirtschaftlichkeit von Solarparks sehr eng. Darum kann eine Preisabsicherung über Stromlieferverträge gerade hier sinnvoll sein. Bei der Windenergie dagegen liegen die Vergütungssätze real bei über 8 ct/kWh, sodass hier eine Absicherung zu höheren Preisen kaum möglich bzw. nötig ist. Denn man wird kaum Unternehmen finden, die mehr zahlen.
Mit wem schließt der Anlagenbetreiber Stromlieferverträge ab? Und gefährdet das nicht die EEG-Vergütung wegen des Doppelvermarktungsverbots?
Kompe: Es geht hierbei um Power-Purchase-Agreements (PPA) zwischen dem Anlagenbetreiber bzw. Stromerzeuger und z.B. einem Industriebetrieb. Für den Zeitraum, in dem der Betreiber den Strom direkt liefert, erhält er keine EEG-Vergütung, von daher ist die Vergütung nicht in Gefahr. Der Betreiber kann ja theoretisch monatlich zwischen den Vermarktungsoptionen wechseln. Wir sind bei diesen hybriden Vermarktungsmodellen, wie sie genannt werden, beratend tätig und dafür mit Händlern, Versorgern, aber auch mit Industrieunternehmen als Stromabnehmer im Austausch. Wir unterstützen Solar- oder Windparkbetreiber bei den Vermarktungsverträgen.
Welchen Vorteil bringen die PPA jetzt zur EEG-Vergütung?
Kompe: Damit kann der Stromerzeuger Festpreise für eine bestimmte Strommenge (horizontale Fixierung) sowie für eine bestimmte Zeit wie Wochen, Monate oder Jahre (vertikale Fixierung) vereinbaren. Wenn der anzulegende Wert für einen Solarpark bei 50 €/MWh liegt und der Betreiber die Chance hat, für 55 €/MWh ein Zusatzgeschäft abzuschließen, muss er abwägen, ob er Verträge für die gesamte Strommenge oder nur einen Teil abschließt und wie lange dieser Vertrag dauern soll. Der Preis könnte bald wieder fallen, aber auch steigen. Diese Preisabsicherung über Futures ist ja im landwirtschaftlichen Bereich auch in Rohstoffmärkten wie bei Soja, Raps oder Milch üblich.
Wie lange sind die Zeiträume, in denen der Betreiber kurzzeitig die EEG-Vergütung verlässt und den Strom direkt vermarktet?
Kompe: Bis vor der Energiekrise 2022 waren Zehn-Jahresverträge bei PPA der Standard, aber das hat sich geändert. Das hat auch mit der wachsenden Angebotsvielfalt zu tun, die Konkurrenz bei den Anbietern wächst. Viele Betreiber von Solarparks suchen eine kurzfristige Absicherung über drei bis fünf Jahre. Auch Industriekunden fühlen sich sicherer, wenn die Frist nur mittelfristig ist.
Wie wird sich der Markt in Zukunft entwickeln?
Kompe: Wir denken, dass angesichts der starken Überzeichnung der Solarausschreibungen das aggressive Bieterverhalten anhalten wird. Das bedeutet: Die Projektierer gehen davon aus, dass sie im Laufe der kommenden 20 Jahre zusätzlich zu ihrem anzulegenden Wert auch Erlöse außerhalb des EEG haben werden. Mit dieser Strategie können sie auch Gebote knapp unterhalb der Wirtschaftlichkeit abgeben.
Ist eine EEG-Förderung für Solaranlagen überhaupt noch nötig?
Kompe: Der durchschnittliche Zuschlagswert bei der jüngsten Solarausschreibung vom 1. März lag bei 4,66 ct/kWh. Auch der Jahresmarktwert Solar erreichte im vergangenen Jahr 4,6 ct/kWh. Damit wäre in diesem Fall theoretisch keine Förderung nötig. Aber der Jahresmarktwert sinkt bei zunehmender Menge von eingespeistem Strom. So lag er noch im Jahr 2023 bei 7,3 ct und damit 36 % höher. Zur Erläuterung: Der Marktwert Solar wird von den Übertragungsnetzbetreibern ermittelt. Er gibt den durchschnittlichen Großhandelspreis für die Stunden an, an denen Solarstrom eingespeist wurde. Die künftige Entwicklung ist unklar. Die staatliche Absicherung hilft daher bei der Finanzierung. Ohne das EEG würden Risiken und damit die Kapitalkosten erheblich steigen, vor allem über die Laufzeit von 20 Jahren. Und damit hilft das EEG auch zum Aufrechterhalten der Akteursvielfalt.
Wieso das?
Kompe: Wenn die Solarausschreibung dem freien Markt ausgesetzt wäre, würden wahrscheinlich ausschließlich Projekte in Bayern und Baden-Württemberg einen Zuschlag erhalten, weil die Projektierer wegen der höheren Solareinstrahlung niedrigere Gebote abgeben können. Aber es wäre auch zu befürchten, dass nur noch die großen kapitalintensiven Projektierer bzw. Finanzierer das Rennen machen, Bürgersolarprojekte oder andere Akteure wären wegen des hohen Risikos und der höheren Kosten außen vor.
Wie wird sich das Segment des PPA-Markts Ihrer Meinung nach entwickeln?
Kompe: In den letzten zwei Jahren haben wir einen enormen Boom bei PPA-Verträgen gesehen. Das wird unserer Einschätzung nach auch anhalten. Denn immer mehr Unternehmen suchen nach Möglichkeiten, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Es gibt auch einen zunehmenden gesellschaftlichen Druck, in grüne Energiequellen zu investieren. Und außerdem bieten PPA eine optimale Möglichkeit für langfristige Preissicherheit und damit für wirtschaftliche Planungssicherheit aus Sicht der Unternehmen. In den vergangenen Jahren war das im Zuge der Energiepreiskrise ein großes Thema. Und bei den aktuellen weltpolitischen Unwägbarkeiten bleibt die Unsicherheit auf den internationalen Märkten bestehen. PPA werden eine stärkere Rolle in einem zukünftigen Strommarktdesign spielen, aber aus den genannten Gründen vorerst nicht die EEG-Förderung gänzlich ablösen können.