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Windflaute in Bayern: Das sind die Ursachen

Auf einer Webkonferenz von C.A.R.M.E.N. e.V. stellten Experten Gründe für den Stillstand beim Windenergieausbau im Freistaat vor, nannten aber auch Lösungsansätze.

Lesezeit: 6 Minuten

14 neue Windenergieanlagen in den Jahren 2018 und 2019, im Jahr 2020 noch nicht einmal eine Genehmigung: Das ist die traurige Bilanz des Windenergieausbaus in Bayern. Dabei gehört das Land in punkto Energiewende zu Vorreitern in Deutschland: Der Anteil der erneuerbaren Energien lag bereits 2018 bei knapp 50 %. Die Photovoltaik (16 %) hat bei der Bruttostromerzeugung die lange Jahre führende Wasserkraft überholt, die auf einen Anteil von 14,5 % kommt. „Der Anteil der Wasserkraft ist aber genauso ausgeschöpft wie bei der Biomasse, die mit 12,4 % auch einen großen Anteil hat“ , referierte Dr. Petra Hutner, Geschäftsstellenleiterin des Landesverbandes Bayern im Bundesverband Windenergie (BWE), auf der Webkonferenz „Windenergie – Potenziale erkennen und nutzen“. Diese hatte der C.A.R.M.E.N. e.V. gestern als digitalen Ersatz zum ausgefallenen C.A.R.M.E.N.-Symposium durchgeführt.

2 Anlagen pro Landkreis und Jahr nötig

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Wachstumspotenzial gibt es laut Hutner dagegen fast ausschließlich bei der Photovoltaik und der Windenergie. Doch diese erreicht gerade einmal 6 % in Bayern. Neben Photovoltaik müssten aber gerade Windparks den steigenden Strombedarf decken. Denn Elektromobilität, Wärmepumpen oder der Bedarf an Wasserstoff sorgen für einen höheren Verbrauch. „Wir brauchen daher einen deutlichen Aufwind für neue Anlagen, im Jahr müssten es mindestens 2 Anlagen pro Landkreis sein“, fordert sie. Sie kritisiert die CSU, die nach den Erfahrungen der letzten Jahre den Ausbau der Windenergie verhindert hätte. Aber auch die bayerische Wasserstoffstrategie hält sie für falsch, die vor allem auf den Import von Wasserstoff setzt, der in Nordafrika erzeugt werden soll.

Kontroverse Diskussion über Windkraft

Die bayerische Landesregierung will neue Windparks aber nicht gegen den Willen der Bevölkerung „durchdrücken“, betont Dr. Johann Niggl, für erneuerbare Energien zuständiger Abteilungsleiter im bayerischen Wirtschaftsministerium. Wie ihm Landräte bestätigen würden, werde kein Thema so kontrovers diskutiert wie die Windenergie. Er machte noch einmal deutlich, dass die Entscheidung im bayerischen Landtag gegen den Bau von 18 Windrädern mit einer Genehmigung aus der Zeit vor der 10H-Regelung ein „Ringen um einen Kompromiss“ gewesen sei (siehe unsere Meldung vom 10. Juli: „Aus für Windräder in Bayern“).

Er räumte ein, dass der Wegfall der Privilegierung für Windräder im Jahr 2014 zu einem Einbruch der Genehmigungszahlen geführt hatte. Bayern hatte als einziges Land von der Länderöffnungsklausel Gebrauch gemacht und die 10H-Abstandsregelung eingeführt. Sie bedeutet einen Abstand zwischen Windrad und Wohnbebauung, der das Zehnfache der Höhe des Windrades ausmacht. In der Regel sind das 2 km, so viel wie in keinem anderen Bundesland. Die Fortbestand der Regelung war Teil der Koalitionsverhandlungen der Regierungsparteien CSU und Freie Wähler.

Regierung will für Aufwind sorgen

Niggl sieht für den Rückgang der Windpark-Genehmigungen zwar nicht nur 10H verantwortlich, denn es gibt auch eine Überlagerung mit dem 2018 eingeführten Ausschreibungssystem. Dieses hat bundesweit zum massiven Einbruch der neugebauten Anlagen geführt Aber er räumt ein, dass 10H für einen massiven Rückgang

Die Landesregierung stehe hinter der Windenergie und versuche sie wiederzubeleben. Dafür seien mehrere Ansätze beschlossen:

  • Bayern setzt sich für einen Regionalbonus ein, der Nachteile im Ausschreibungssystem ausgleicht. Süddeutsche Länder schneiden in der Regel schlechter ab als in anderen Regionen.
  • Kommunen sollen unterstützt werden, trotz 10H weiter Windparkprojekte umsetzen zu können. Eine Idee ist die Einführung von „Windkümmerern“ als Moderator und regionale Ansprechpartner.
  • Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger will bis zum Jahr 2022 in Bayern 300 neue Windräder, 100 davon in den Bayerischen Staatsforsten.
  • Zudem sucht das Wirtschaftsministerium nach Wegen, um die „schweigende Mehrheit“ zu aktivieren. Die Windkraftgegner sind laut Niggl meist eine kleine, aber laute Minderheit.

Arten- und Klimaschutz vereinbar

Martin Geilhufe vom Bund für Naturschutz Bayern machte in seinem Vortrag deutlich, dass viele Naturschutzverbände hinter der Energiewende und auch der Windenergie stehen würden. Anders, als viele Windkraftgegner anführen, müssen Windräder und Naturschutz kein Widerspruch sein. So kollidieren zwar im Jahr im Schnitt 30 Vögel und 9,5 Fledermäuse mit einem Windrad. Das könnte in der Spitze bis zu 300.000 tote Vögel und 250.000 tote Fledermäuse führen. „Aber ist völlig falsch, allein die Windenergie für den Artenverlust verantwortlich zu machen“, kritisiert er. Denn im Jahr sterben 10 Mio. Vögel im Straßenverkehr, 7,5 Mio. an Stromleitungen und 3 Mio. an Glasflächen bzw. Gebäuden. „Das sind in Summe allein 20 Mio. tote Tiere im Vergleich zu 300.000 bei den Windparks“, nennt Geilhufe die Relation. Dazu kommt: Bestände der windkraftsensiblen Arten wie der Rotmilan, Fischadler, Wiesenweihe oder Schwarzstorch hätten trotz Ausbaus der Windenergie massiv zugenommen, beschreibt der Naturschutzfachmann.

„Es gibt zudem sehr gute Kamerasysteme, die in einem Kilometer Entfernung feststellen, welcher Vogel sich wie schnell nähert und in welche Richtung er fliegt. Damit lassen sich Anlagen rechtzeitig abschalten, um eine Kollision zu vermeiden“, ergänzt Hutner (BWE). Sie kritisierte in dem Zusammenhang vermeintliche Organisationen wie den „Verein für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern“ (VLAB), die de facto unter dem Deckmantel des Naturschutzes nur die Energiewende und insbesondere die Windenergie verhindern wollten.

Glaubwürdigkeit ist wichtig

Frank Sondershaus von der Fachagentur für Windenergie an Land machte in seinem Vortrag zur Akzeptanz von Windparks deutlich, dass Wissenschaftseinrichtungen, Umwelt- und Naturschutzverbände, Zeitungen, Energieagenturen und Bürgerinitiativen pro Windenergie eine hohe Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung genießen. Staatliche Behörden, Ämter, Projektentwickler, Bürgerinitiativen gegen Windenergie und Verbände der Energiewirtschaft dagegen seien weniger glaubwürdig. Das müssten die Beteiligten bei der Diskussion mit der Bevölkerung im Vorfeld beachten. „Die reine Akzeptanzbeschaffung ist ein schlechter Motivator. Besser ist es, die Bevölkerung transparent und gleichberechtigt fair in die Planung einzubeziehen und auch eine gerechte Beteiligung anzubieten“, rät Sondershaus.

Bundesweites Vorbild: Gemeinde Fuchstal

Perfekt umgesetzt wurde das in der Gemeinde Fuchstal im Landkreis Landsberg, wie Kristina Willkomm vom Ingenieurbüro Sing berichtet. In der Gemeinde wurden vier Windräder im Wald errichtet, an denen 116 Anteilseigner beteiligt sind. Die Kommune hatte sich vorbildlich um die Planung und Beteiligung gekümmert und sogar alle Vorkosten in der Planungsphase übernommen. Der Windpark läuft seit vier Jahren zur Zufriedenheit aller, auch weil die Erträge höher sind als prognostiziert. „Gerade unter 10H müssen Bürgermeister und Kommunen hinter den Projekten stehen. Dennoch sind die Hürden so hoch, dass die Kommunen sie selbst bei gutem Willen nicht immer stemmen können“, schränkt Willkomm ein. Dennoch ist sie überzeugt, dass nur eine Energiewende vor Ort, die von den Kommunen ausgeht, erfolgreich ist.

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