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Zweifel an positiver Bilanz von E-Autos

Eine neue Studie des Kieler Weltwirtschaftsinstitutes sowie ein Positionspapier des Bundesverbandes Erneuerbare Energien zeigen aktuelle Schwächen der Elektromobilität auf.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Bundesregierung hat ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Förderung der E-Mobilität beschlossen. Dazu gehört eine erhöhte Kaufprämie. Diese erhalten Käufer von E-Autos ab letzter Woche rückwirkend für Autokäufe seit dem 3. Juni. Bis Ende 2021 verdoppelt der Bund seinen Anteil am bestehenden Umweltbonus, der zur Hälfte aus Steuergeldern und zur Hälfte von den Herstellern gezahlt wird. Wer ein reines E-Auto kauft, kann bis zu 9000 € Prämie bekommen, für Plug- in-Hybride sind es bis zu 6750 €.

Mehr Geld für die Ladeinfrastruktur

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Neben der Kaufprämie gehören zu den weiteren aus Steuermitteln geförderte Maßnahmen der Aufbau der Ladeinfrastruktur, der Leitungsausbau regional und überregional sowie Steuerbegünstigungen. Fahrzeughersteller und Energieversorgungsunternehmen subventionieren ergänzend den Fahrzeugkauf und die Infrastruktur. Die Energiewirtschaft fordert dazu jetzt sogar noch Nachbesserungen: In einem gemeinsamen Schreiben appellieren der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der Verband der Automobilindustrie (VDA) und der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) an die Politik, die Rahmenbedingungen für den Ausbau privater Ladeinfrastruktur zu verbessern. Mit einem Anteil von rund 85 % der Ladevorgänge sei die private Ladeinfrastruktur ein zentraler Hebel für den Ausbau der Elektromobilität.

In dem Schreiben sprechen sich die Verbände für eine stärkere staatliche Förderung der Installation und Errichtung privater Ladeinfrastruktur aus. Insbesondere in Wohnanlagen sind Impulse nötig, um die erhebliche Erstinvestitionsschwelle abzusenken. Das Konjunkturpaket sieht hierfür Mittel für den Ausbau einer modernen und sicheren Ladeinfrastruktur vor, unter anderem mit einer Förderung von privaten und gewerblichen Ladeeinrichtungen in Höhe von einer halben Milliarde Euro.

Milliardenförderung können sich nicht alle EU-Staaten leisten

Allerdings gibt es immer wieder Zweifel an der Öko- und Klimabilanz von Elektrofahrzeugen. Im Fokus stehen dabei nicht nur die Rohstoffgewinnung zur Batterieherstellung, sondern auch der eingesetzte Strom. Zudem gibt es Kritik daran, dass die Bundesregierung konventionelle Biokraftstoffe vernachlässigt. „Dieses Förderpaket zur Elektromobilität können sich in diesem Umfang die meisten anderen EU-Mitgliedsstaaten nicht leisten. Selbst wenn im Jahr 2030 hierzulande die angestrebte Anzahl von 10 Mio. zugelassenen Elektro-Pkw erreicht wird, werden noch mehr als 30 Mio. Fahrzeuge (Pkw und schwere Nutzfahrzeuge) mit Verbrennungsmotoren betrieben“, argumentiert der Bundesverband Bioenergie (BBE) in einem aktuellen Positionspapier mit Bezug auf die vom Bundesverkerhsministerium (BMVI) initiierten „Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität“ (NPM). Mit dem Ausbau der Elektromobilität müsste im gleichen Umfang der Ausbau der Stromerzeugung aus Windkraft und Photovoltaik beschleunigt werden, um den zusätzlichen Strombedarf zu decken. Anderenfalls beschleunige der Ausbau der E-Mobilität den Verbrauch fossiler Energieträger im Stromsektor.

Studien vernachlässigen zusätzlichen Stromverbrauch

Der BBE bezweifelt in seinem Positionspapier, dass die E-Mobilität angesichts des schleppenden Zubaus von „zusätzlicher“ erneuerbarer Energie und dem gleichzeitig in diesem Zeitraum praktisch nicht stattfindenden Kohleausstieg einen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Zu dieser Feststellung gelangt ebenfalls die aktuell veröffentlichte Studie des Kieler Weltwirtschaftsinstitutes. Der Studie zufolge ist der Beitrag der E-Mobilität sogar negativ.

Aktuelle Studien, die dem Elektroauto schon beim derzeitigen Strommix eine positive Klimabilanz attestieren, vernachlässigen demnach einen entscheidenden Faktor: den steigenden Stromverbrauch. Bei einer vollständigen Umstellung auf Elektromobilität allein im deutschen PKW-Bereich würde der Strombedarf um fast 20 Prozent steigen. Im Vergleich zu einer Situation ohne Ausbau der Elektromobilität erfordert dies eine stärkere Verstromung fossiler Energieträger, wenn man davon ausgeht, dass die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien in beiden Fällen gleich hoch sein dürfte. Elektroautos führen damit zu 73 Prozent höheren Treibhausgasemissionen als moderne Diesel-PKW. Der Grund: Es ist klimaschonender, mit erneuerbaren Energien den Anteil fossiler Energieträger - insbesondere von Kohle - im Strommix zu reduzieren, als damit Elektroautos zu betanken. „Elektroautos fahren heutzutage de facto mit 100 Prozent Kohlestrom“, sagt IfW-Forscher Ulrich Schmidt. „Denn der Anteil erneuerbarer Energie an ihrem Stromverbrauch steht nicht zur Verfügung, um fossile Energieträger an anderer Stelle zu verdrängen, und der erhöhte Strombedarf erfordert die zusätzliche Nutzung fossiler Energieträger.“ Schmidt hat in dem aktuellen Kiel Policy Brief „Elektromobilität und Klimaschutz: Die große Fehlkalkulation“ die Klimabilanz von Elektromobilität unter Berücksichtigung des steigenden Strombedarfs und des Strommixes überprüft. „Erst wenn die Energiewende weit fortgeschritten ist und der Strom nahezu ausschließlich aus erneuerbaren Energien besteht, ist das Elektroauto klimafreundlicher als moderne Diesel-Fahrzeuge.“

Der emissionstreibende Effekt der E-Autos im Verkehrssektor wird laut Schmidt nur dank der Existenz des europäischen Emissionshandelssystems abgefangen. Durch dieses System sind die Gesamtemissionen des Energie- und Industriesektors nach oben begrenzt, während der Verkehr nicht enthalten ist. Erhöhen sich aufgrund der Elektromobilität die Emissionen im Energiesektor, wird dadurch eine Reduktion im Industriesektor erzwungen. Nur durch diesen Effekt kann die Elektromobilität derzeit zum Klimaschutz beitragen.

UFOP: Nachhaltige Biokraftstoffe gehören dazu

„Die Studie unterstreicht einmal mehr, dass jede jetzt wirksame und nachhaltige Maßnahme berücksichtigt werden muss – nachhaltige Biokraftstoffe gehören in ihrer Vielfalt dazu“, kommentiert Dieter Bockey von der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (UFOP) die Ergebnisse. Hier gelte es jetzt, Hürden zu beseitigen, indem die Beschränkung der Kappungsgrenze für Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse von 7% gemessen am Endenergieverbrauch im Verkehr überprüft und auf 7% angehoben wird und zugleich die Kraftstoffspezifikationen für Diesel und Benzin so angepasst werden, dass die Markteinführung B10 bzw. E 20 ermöglicht wird.

Zudem sollte laut UFOP der Entwicklungspfad technologieoffenen gehalten werden, denn in bestehenden Erdölraffinerien können z.B. Pflanzenöle und zukünftig Pyrolyseöle mitverarbeitet werden. „Es gilt also, das aktuell nachhaltig verfügbare Biomassepotenzial über Anbaubiomasse, sowie Abfall- und Reststoffe zu nutzen“, fordert Bockey.

Landwirtschaftsministerium übersieht Nutzen für Ackerbauer, Tierhalter und Imker

Bedauerlich sei, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium an dieser Stelle Biokraftstoffen nicht zur Seite springt, in dem die Potenziale der anbaubasierten Biokraftstoffe in einer in der Wertschöpfung „vernetzten“ Bioökonomie unterstrichen werden. Das Gegenteil sei der Fall. Diese Verwendung von Getreide, Raps usw. werde nicht als Vermarktungsoption genutzt, um den Preis- und Einkommensdruck im Ackerbau abzubauen. Auch berücksichtige das BMEL nicht, dass die bei der Herstellung von Biokraftstoffen anfallende Proteinkomponente den Import- und damit den „Flächenbedarf“ für Soja aus Drittstaaten erheblich zu reduzieren hilft. „Das ist bedauerlich, weil insbesondere die Milchviehfütterung auf heimisches gentechnikfreies Rapsschrot angewiesen ist. Als Blühpflanze ist der Raps eine in ausgewogenen Fruchtfolgen unverzichtbare Komponente zur Verbesserung der Bodenqualität und der Biodiversität“, argumentiert Bockey. In manchen Regionen in Deutschland bedauern Imker bereits den Rückgang in der Anbaufläche.

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