Hans-Henning Hagemann freut sich. Seinen auf 50 ha geernteten Weizen veredelt er jetzt durch die Mägen von 36.000 Masthühnern anstatt die Ware zu schwankenden Preisen an der Börse zu verkaufen. Das reduziert die Futterkosten je Kilogramm erzeugtes Fleisch erheblich. Und für die Cobb-Tiere scheint diese Art der Fütterung ideal zu sein. Aktuell läuft am Standort in Calbe/Sachsen-Anhalt der vierte Durchgang mit dieser Genetik.
Kontinuierliche Säuregabe
Bis zu 55 % Weizen bekommen die Tiere zum Ergänzer in den Trog – obwohl der Ergänzer für eine maximal 40%ige Zufütterung konzipiert ist. „Seit wir mit den Säuren arbeiten, klappt das“, sagt Hagemann.
Dies hat Thore Petersen eingeführt. Er arbeitet als Fachberater für Trouw Nutrition und schwört auf den kontinuierlichen Säureeinsatz im Tränkewasser. Diese wurde in den Calber Ställen zuvor lediglich punktuell über wenige Tage appliziert. „Damals hatten wir Probleme mit feuchter Einstreu", sagt Hagemann.
Dies gehört inzwischen der Vergangenheit an und hat sich auch positiv auf die Fußballengesundheit ausgewirkt. 2024 wurden in den Vorräumen der beiden Ställe Doppelpumpen installiert. Darüber werden Chlor und Säuren dem Tränkewasser getrennt zudosiert, wobei zwei verschiedene organische Mischsäuren zum Einsatz kommen. Diese fördern die Darmgesundheit der Tiere und führten bereits zu weniger Medikamenteneinsatz.
Das Ziel von Hagemann ist, zukünftig komplett auf Medikamente verzichten zu können. Mit dem ausgeklügelten Säureund Chlormix wird der Redoxwert des Wassers beeinflusst, der im Idealfall auf etwa 650 mV eingestellt ist. Dadurch werden Keime und Viren abgetötet. Für die Anwendung und jeweilige Konzentration der Zusätze hat Petersen einen detaillierten Plan aufgestellt.
Weizenquetsche gekauft
Als Richtwert für den pH-Wert des Tränkewassers gibt Petersen 3,8 an. Dies ist wichtig für hygienische Tränkeleitungen und fördert zudem die Verdauung der Tiere. Diese müssen weniger Magensäure produzieren, um das Futter zu verwerten. Die dadurch eingesparte Energie kann das Tier nun zum Wachsen nutzen.
Den pHWert überprüft Petersen bei seinen regelmäßigen Besuchen stets mit einem pH-Meter. Eine weitere wichtige Neuerung in den Ställen ist die automatische Tränkespülung. Sie sorgt für dauerhaft saubere Leitungen und auch dafür, dass an allen Tränkenippeln die erwünschte Konzentration der jeweiligen Zusätze ankommt.
Neu auf der Hofstelle sind seit dem vergangenen Jahr auch drei weitere Futtersilos. In diesen lagert der Weizen, der entweder ganz oder gequetscht zugefüttert wird. Auch die dafür erforderliche Quetsche wurde angeschafft. Wie hoch der jeweilige Anteil von ganzem und gequetschtem Weizen in der Ration ist, hängt auch von der Stalllänge und der Fütterungstechnik ab. „Ganzer Weizen kann härter sein als das Futter, der Transport kann dann schwergängiger sein“, erläutert Petersen. Bei dem hier vergleichsweise hohen Weizenanteil sei aber auch der eventuell höhere Mehlanteil beim Quetschen zu beachten.
Der geerntete Weizen wird während der Lagerung in einer Halle belüftet und ist so das ganze Jahr über trocken. Das durch den hohen Weizenanteil fehlende Protein in der Ration wird nach Ansicht von Hagemann durch die verdauungsfördernden Säuren wieder wettgemacht. Eine dritte Säure wird nämlich mit durchgehend 4 kg/t dem Futter zudosiert.
„Cobb 500-Tiere werden für den Weltmarkt gezüchtet und kommen daher auch mit dünnerem Futter zurecht“, erklärt Petersen. Er empfindet diese Genetik als robust und genügsam.
In Futteraufnahme bremsen
„Die Verdauung muss stimmen“, sagt Farmleiter Dirk Hattwig. Das scheint bei den Cobb-Tieren auch mit so viel Weizen gegeben zu sein. Seitdem die Genetik umgestellt wurde, gibt es kein Futterloch mehr, wie es sich bis dahin rund um den 17. Tag oft zeigte. „Die Cobb-Tiere fressen durch und so verkaufen wir mehr Fleisch“, sagt Hagemann. Seinen und Hattwigs Beobachtungen zufolge sortieren diese Tiere auch keinen Weizen aus, wie es sonst zu beobachten war. Damit es mit den Cobb-Masthühnern rund läuft, ist eines aber wichtig.
„Man muss die Tiere bis zum 21. Tag im Wachstum bremsen. Das Schlimmste ist, wenn sie zu schnell wachsen“, sagt Petersen. Zuerst müsse das Knochengerüst gut ausgebildet werden. Nach dem Tag 21 können dann höhere Weizengaben erfolgen. „Günstig füttern und die Tiere wachsen lassen“, bringt es Petersen auf den Punkt.
Um die Gewichtsentwicklung der Tiere im Blick zu haben, wiegt Hattwig wöchentlich etwa 200 Tiere per Hand – zusätzlich sind im Stall Waagen installiert. Hattwig wirft dabei einen Korb aus und wiegt alle Tiere, die sich darunter befinden. Die Steuerung der Futteraufnahme und damit der Gewichtsentwicklung gelingt auch über eine längere Dunkelphase. Diese geht nachts über sechs Stunden und auch mittags wird den Hähnchen zwei Stunden Ruhe gegönnt.
Zweimal wird vorgefangen Hagemann lässt in den beiden Ställen, die 500 bzw. 1.000 m2 Stallfläche umfassen, jeweils zweimal Vorfangen. Dass dies das Risiko einer Infektion durch Keimübertragung beim Einsatz der Fangtrupps erhöht, ist dem Farmleiter bewusst.
Dennoch ist er von diesem System überzeugt, weil mehr Fleisch in den Ställen erzeugt werden kann. Die Aufzucht dauert meist 41 Tage wobei die Vorgriffe bei 1.500 bzw. 1.800 g schweren Tieren erfolgt.
Die Endgewichte der zum Unternehmen Wiesenhof gelieferten Tiere liegen bei etwa 3.000 g. Die ersten Ergebnisse der drei Mastdurchgänge mit den Cobb- Tieren lieferten hervorragende Ergebnisse: Die Futterverwertung betrug 1 : 1,53 bei 96,8 % bezahlten Tieren. Bezogen auf die gesamte Futtermenge betrug der Weizenanteil im Schnitt 34,5 % – das waren über 6 % mehr als vorher eingesetzt wurden.