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topplus Branche warnt vor Aus

Preisexplosion für Putenfleisch befürchtet

Das "Eckpunktepapier mit Mindestanforderungen an das Halten von Mastputen in Deutschland“ sieht eine geringere Besatzdichte vor und drückt viele Geflügelhalter in die Aufgabe. Ein Hilferuf.

Lesezeit: 4 Minuten

Europas größter Vermarkter von Putenfleisch, das Unternehmen Heidemark, fürchtet um die Putenhaltung in Deutschland. Grund ist das Eckpunktepapier zur Putenhaltung von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir.

Sollte es so umgesetzt werden, können Landwirte in Deutschland keine Puten mehr halten, mahnte am Dienstag der geschäftsführende Gesellschafter Christopher Kalvelage. Das öffnet seinen Worten nach die Türen für Billigimporte aus dem Ausland.

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„Özdemir hat noch keinen Stall von innen gesehen“

In Deutschland würde nach ersten Berechnungen Putenfleisch zum Luxusartikel mit Preiserhöhungen von 2,50 €/kg. Kalvelage kritisiert, dass der Minister ein Papier veröffentlicht habe, ohne sich auch nur ein einziges Mal mit der Branche über den Ist-Zustand ausgetauscht zu haben. „Ich bezweifele, dass er weiß, wie die Aufzucht von Puten in Deutschland wirklich aussieht. Er hat noch keinen Stall gesehen, es gibt keinen fachlichen Austausch, weder mit den Putenhaltern noch mit den Geflügelvermarktern“, so der Inhaber von Heidemark.

„Wenn ein Minister in einem wichtigen wirtschaftlichen Bereich solch gravierende Veränderungen anstrebt, erwarte ich Fach- und Sachkenntnis und entscheide so etwas nicht nach Aktenlage.“

Aktuell besteht überhaupt keine Notwendigkeit für Verschärfungen

Kalvelage erinnert daran, dass es bereits seit 2013 bundeseinheitliche Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen mit hohen Ansprüchen an das Tierwohl gibt. Es bestehe aktuell keinerlei Notwendigkeit, mit dem Schließen von möglichen Lücken in der Nutztierhaltungsverordnung im Bereich der Putenhaltung zu beginnen und im Rahmen nationaler Alleingänge massiv in bestehende Festlegungen und Regelungen der Putenhaltung einzugreifen.

Kalvelage: „Ich würde mich sehr freuen, wenn wir die bisherige Sprachlosigkeit auflösen könnten und lade den Minister in unser Unternehmen und in unsere landwirtschaftlichen Betriebe ein, damit er sich vor Ort ein Bild machen kann.“

Einheitliche europäische Regelung in der Nutztierhaltung schaffen

Bei einer Umsetzung des Eckpunktepapiers sei ein Abwandern der Putenwirtschaft in andere EU- und Drittländer praktisch unvermeidlich, so die Branche weiter. Die in Deutschland getroffene Regelung habe nämlich Vorbildcharakter: die Besatzdichten liegen deutlich unter den Empfehlungen des europäischen Geflügelverbands AVEC mit 63 kg/m².

Neben Deutschland es gibt es nur in Polen und Ungarn spezifische Haltungsverordnungen für Puten mit deutlich niedrigeren Haltungsstandards. In Italien, Frankreich und Spanien existieren keine Obergrenzen für die Besatzdichte. In Kombination mit der aktuellen Erhöhung der Importquoten für Geflügelfleisch für Brasilien, Chile, Ukraine durch die EU werden laut Kalvelage Tierleid und gesundheitliche Risiken (Einsatz von nicht in der EU zugelassenen Medikamenten in der Mast) importiert, statt Tierwohl im eignen Land gesichert. „Niemand kann wollen, dass wir regional erzeugtes Fleisch durch Importe ersetzen, die oftmals unter deutlich niedrigeren Tierwohl-, Umwelt- und Sozialstandards produziert werden“, sagte er bei einem Pressetermin.

Weil genau dieses aber passiere, sei eine europäische Lösung statt Insellösungen gefordert. „Was beim Automobilantrieb und bei der Gebäuderichtlinie EU-weit gilt, muss auch in der Lebensmittelerzeugung möglich sein“, fordert Kalvelage den Abschied vom deutschen Alleingang in der Nutztierhaltung.

Im Rahmen der “Farm to Fork Strategy“ ist von der EU-Kommission ein Prozess zur Überarbeitung der Tierschutzvorschriften, einschließlich Tiertransporte und Schlachtung von Tieren aufgesetzt, um sie an die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse anzupassen. Dieser Prozess läuft bereits für alle Tierarten, auch für die Pute.

AEF: Özdemir fördert massiv den Import ausländischer Ware

Scharfe Kritik kommt auch vom Agrar- und Ernährungsforum Oldenburger Münsterland mit Sitz in Vechta (AEF). Der Vorstandsvorsitzende Sven Guericke stellt unverblümt fest, dass die Regierung die Putenerzeugung in Deutschland mit dem Eckpunktepapier ganz bewusst auf’s Spiel setze und damit massiv den Import ausländischer Ware auf den deutschen Markt befördere.

Damit würden nicht nur die Tierwohlbemühungen deutscher Putenhalter komplett ignoriert, sondern darüber hinaus noch der Wettbewerb mit dem Ausland befeuert. "Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Putenhaltung in Deutschland faktisch vor dem Aus steht, sollte die Bundesregierung die Hilferufe der Verbände und Fachexperten nicht ernst nehmen, mahnt Guericke.

Jetzt mit dem Eckpunktepapier die Daumenschrauben für die Putenhalter ungeprüft und ohne Folgenabschätzung noch enger zu drehen, bedeutet seiner Ansicht nach in der Konsequenz, dass nicht nur die Putenhalter selber, sondern darüber hinaus ganze Wirtschaftsbereiche der vor- und nachgelagerten Branche in der Region keine Zukunftsperspektive mehr sehen.

Welche Konsequenzen die weitere Reduzierung der Besatzdichten in der Putenhaltung nach sich ziehen, zeigen deutlich die Entwicklungen im Nachbarland Österreich. Seit dort eine Besatzdichte von 40 kg pro qm gilt, ist der Selbstversorgungsgrad mit Putenfleisch auf 30 % zurückgegangen, im Großhandelsbereich sogar auf 7 %, so das AEF. Darüber hinaus beschneide das Eckpunktepapier die Haltungskriterien der von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Haltungsformkennzeichnung.

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