Georg Kirchmaier, Putenmäster im oberbayerischen Maitenbeth und Leiter des Qualitätsmanagements bei der Süddeutschen Truthahn AG, betreibt im Nebenerwerb eine Mastanlage mit 1.300 Putenhähnen. Diese werden nach den BTS-Vorgaben (besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme) für einen schweizer Handelskunden gehalten.
BTS erlaubt eine maximale Besatzdichte von 36,5 kg/m² und verlangt einen Außenklimabereich von mindestens 20 % der Stallfläche. Seit 2014 setzt Kirchmaier erhöhte Sitzflächen ein, um den BTS-Vorgaben gerecht zu werden, die mindestens 10 % der Stallfläche als strukturierte Ebene vorsehen.
Im Vorfeld wurden in der Erzeugergemeinschaft jedoch Bedenken diskutiert:
Erhöhtes Risiko von Beinbrüchen
Verletzungsgefahr durch Anstoßen
Erhöhter Reinigungsaufwand und -kosten
Unklare Nutzung der Sitzflächen durch die Tiere
Fragen zur optimalen Breite und Gestaltung der Sitzflächen
Zusätzlicher Arbeitsaufwand bei der Stallkontrolle
Optimale Platzierung der Sitzflächen im Stall
Seit 2014 sind an der Stallwand perforierte Sitzebenen installiert. Die Sitzflächen befinden sich in einer Höhe von 70 cm, sodass die Tiere auch den Bereich darunter nutzen können. Dadurch sind die Sitzflächen als 10 % der gesamten Stallfläche anrechenbar. Aufstiegshilfen wurden nicht installiert.
Erfahrungen nach 10 Jahren Nutzung
Verhalten und Nutzung
Puten aller Altersklassen nutzen die Sitzflächen, allerdings variiert die Nutzung zwischen den Herden. Besonders nachts bevorzugen viele Tiere weiterhin den Bodenbereich.
Gesundheit und Verletzungsrisiken
Schwerere Hähne nutzen die Sitzflächen ohne Steighilfen. Das Springen scheint Muskulatur und Knochen zu stärken. Durch das Auf- und Absteigen gab es keine signifikante Zunahme von Beinbrüchen.
Verletzungen durch Anstoßen sind möglich, insbesondere an den Flügeln. Eine optimierte Konstruktion könnte das Risiko minimieren.
Fußballengesundheit
Die Sitzflächen bieten eine trockene Fläche, die das Risiko von Fußballendermatitis verringern könnte. Durch die erhöhte Positionierung können die Fußballen besser abtrocknen.
Sozialverhalten
Die Sitzflächen fördern das Sozialverhalten, bieten Rückzugsorte und Struktur. Dennoch bleiben Rangkämpfe bestehen. Rangordnungskämpfe sind ein natürliches Verhalten der Puten, was auch bei Wildputen zu beobachten ist.
Reinigungsaufwand und Wirtschaftlichkeit
Der Reinigungsaufwand verdoppelt sich durch die Sitzflächen. Notwendig sind spezielle Geräte wie Schmutzfräsen und Heißwasserreiniger.
Die Mehrkosten betragen ca. 1 Cent pro kg Lebendgewicht.
Fazit und Ausblick
Laut Georg Kirchmaier hat sich die Einführung erhöhter Sitzflächen in der Putenmast als praktikabel erwiesen. Sie fördern das Sozialverhalten, stärken Muskulatur und Knochen und tragen zur Fußballengesundheit bei. Die Tiere nehmen die Sitzflächen unterschiedlich stark an – nicht alle nutzen sie gleichermaßen.
Der erhöhte Reinigungsaufwand und die Kosten müssen jedoch durch die Programme angemessen kompensiert werden. Ab Juli 2025 gehören erhöhte Sitzflächen außerdem als neues Kriterium zur Initiative Tierwohl in der Putenhaltung.