Eine Möglichkeit zur Erweiterung von heimisch erzeugten Eiweißfuttermitteln stellt die Nutzung von Insekten dar. Im Forschungsvorhaben InseG untersucht die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) derzeit, wie ein hochwertiges Eiweißfuttermittel auf Basis von Larven der Schwarzen Soldatenfliege Hermetia illucens ökonomisch und ökologisch nachhaltig erzeugt werden kann.
Wichtig zu wissen ist: Die Verfütterung von Insektenprotein an landwirtschaftliche Nutztiere ist grundsätzlich möglich. So wurde bereits nachgewiesen, dass Sojaextraktionsschrot in der Masthähnchenfütterung zu großen Anteilen durch die Larven der Schwarzen Soldatenfliege ersetzt werden kann, ohne das Wachstum beim Masthähnchen negativ zu beeinflussen (Hartinger et al. 2021).
Ökologischen Fußabdruck bei Insektenfutter noch verbessern
Zudem verspricht man sich von der Futterproduktion aus Insekten gute Chancen für eine erhebliche Verringerung des ökologischen Fußabdrucks der Nutztierhaltung. Solange allerdings die Insektenlarven wiederum mit hochwertigen Substraten (basierend auf Mais, Sojaextraktionsschrot und Mühlennebenprodukten) gemästet werden, welche auch direkt an Nutztiere verfüttert werden könnten, bringt deren Produktion und Verfütterung häufig keinerlei ökologische Vorteile. Dies könnte geändert werden, indem regional anfallende Reststoffe aus der Lebensmittelverarbeitung für die Larvenaufzucht verwendet werden.
Das Wachstum der Insektenlarven wird neben der Substratqualität von genetischen Faktoren beeinflusst. Die Forschung zu den bestmöglichen Kombinationen aus Larvengenetik und Substrat wird hierbei durch den sehr kurzen Reproduktionszyklus der Insektenlarven begünstigt. Aus verfahrenstechnischer Sicht müssen die Insektenlarven zudem auf effektive Weise entfettet werden, damit der hohe Rohfett- und Energiegehalt den Einsatz als Futtermittel nicht limitiert.
So sind die Forscher vorgegangen
Im Forschungsvorhaben werden ausgewählte Nebenprodukte der Lebensmittelverarbeitung als Futtergrundlage für die Insektenlarven getestet. Darüber hinaus geht es um die Optimierung der Prozessierung und Entfettung der Larven.
Die Suche nach dem optimalen Rezept
Die Standardrezeptur der Futterrationen für die Larven der Schwarzen Soldatenfliege werden in prozentualen Abstufungen durch aufgeschlossene Reststoffe aus der Gemüse- und Obstverarbeitung ersetzt. Hierbei sollen folgende Reststoffe getestet werden:
Kartoffeldampfschalen
Traubentrester
Holunder- und Aroniabeeren-Nebenprodukte
Kombinationen aus den vorgenannten Nebenprodukten
Die Standardfuttermischung basierend auf Mühlennebenprodukten wurde in steigenden Anteilen durch die oben genannten Reststoffe ersetzt.
Jetzt noch gute Larvengenetik identifizieren
Durch einfache Selektionsmaßnahmen wollen die Experten zudem herausfinden, ob und wie schnell sich die Larven an verschiedene Reststoffe anpassen können. Dazu werden zwei möglichst verschiedene Reststoffe ausgewählt und damit die Züchtung über sechs Generationen beobachtet.
Larven entfetten
Grundsätzlich können die Insektenlarven mit einem Nass- oder einem Trockenverfahren entfettet und zu Eiweißfuttermitteln aufbereitet werden. Im Rahmen dieses Arbeitspaketes sollten die Auswirkungen der gezielt wirkenden Prozessparameter beider Verfahren auf das Proteinfuttermittel untersucht werden.
Die Ergebnisse
Die Larven der Schwarzen Soldatenfliege konnten mit allen getesteten Nebenprodukten aus der Lebensmittelverarbeitung als Futtersubstrat gemästet werden. Hierbei verschlechterte sich allerdings mit steigendem Beimischungsgrad die Verwertbarkeit des Futtersubstrats durch die Larven im Vergleich zur Mast ausschließlich auf Mühlennebenprodukten. Auch das Nährstoffprofil der Larven änderte sich in Abhängigkeit des eingesetzten Futtersubstrats und dessen Nährstoffzusammensetzung, so die LfL.
Die Ergebnisse aus den Selektionsreihen deuten darauf hin, dass eine Anpassung der Larven an ihr Futtersubstrat über den beobachteten Zeitraum stattfand. Während eine klare Tendenz zum Anstieg des durchschnittlichen Larvengewichts und der Larven-Gesamternte pro Box über sechs Generationen beobachtet werden konnte, ließen die Entwicklungen im Hinblick auf die geernteten Ei-Mengen und die Lebenszyklus-Dauer keine klare Aussage über eine Verbesserung durch die Selektion zu.
In den Mast-Versuchen mit den selektierten Larven wurden durchweg bessere Ergebnisse erzielt als in der ersten Generation. Während zu Beginn der Selektionsreihe in Generation 1 eine Erhöhung des Reststromanteils im Futter noch eine Verschlechterung der Leistung mit sich brachte, war dieser Effekt in der 6. Generation verschwunden bzw. kehrte sich sogar um. Diese Ergebnisse sprechen dafür, die Selektionslinien fortzuführen und weiteren Tests zu unterziehen, um die Anpassungen deutlicher herauszuarbeiten und noch effizientere Zuchtlinien zu generieren.
Prozessierung der Larven
Bei der trockenen Verarbeitung mittels Seiher-Schneckenpressen stellt die Produktfeuchte einen signifikanten Stellparameter des Verfahrens dar, für die Verarbeitung von Insekten wurden die entsprechenden Zusammenhänge bisher jedoch nicht in der Literatur beschrieben. Aus den experimentellen Untersuchungen im Technikumsmaßstab wurden für die größtmögliche Ölausbeute folgende Verfahrensempfehlungen abgeleitet:
Trocknung der Insektenlarven auf unter 4 % Restfeuchte
anschließendes Aufnetzen auf eine Feuchte von 5 %
Pressen in eine Matrize mit 791 mm²
Der Energiebedarf für die Trocknung per Infrarotstrahlung lag im Bereich von rund 1.500 bis 3.000 kWh pro Tonne Frischmasse, demgegenüber war der Energiebedarf für das Pressen mit ca. 30 kWh pro Tonne Frischmasse vernachlässigbar.
Beim Einsatz des Nassverfahrens wird das Insektenmaterial zunächst zerkleinert und dann im sauren Milieu thermisch behandelt. Hierbei werden die Fettkörper in den Insektenlarven aufgeschlossen und es wird eine Koagulation des Proteins induziert, so dass eine weitgehende Trennung der drei Phasen Wasser, Fett und Feststoff (Protein) möglich wird.
In den Versuchen wurden insbesondere die Parameter Temperatur, pH-Wert und Verweilzeit im Aufschlussreaktor systematisch untersucht. Die anschließende Abtrennung des Feststoffs erfolgte hier mit einem Dekanter. Für das Nassverfahren wurden folgende Verfahrensempfehlungen abgeleitet:
Aufschluss mit 0,1 M HCl bei 100 °C über 60 Minuten
Trocknung des dekantierten Feststoffs bei 80 °C über 60 Minuten auf unter 10 % Restfeuchte
Der Energiebedarf für die abschließende Trocknung betrug rund 700 bis 900 kWh pro Tonne Frischmasse, für Aufschluss und Dekantierung ca. 220 – 400 kWh pro Tonne Frischmasse.
Auf Basis der in den Technikumsanlagen ermittelten Kennwerten für den Energiebedarf lassen sich laut LfL keine zuverlässigen Aussagen über den Energiebedarf im industriellen Maßstab treffen. Grundsätzlich ist aber auch im industriellen Maßstab mit einem deutlich geringeren Energiebedarf für die Nassverarbeitung zu kalkulieren.