Bei Landwirt Heiko Konjer werden etwa sechsmal im Jahr knapp 36.000 Masthühner in zwei Gebäuden eingestallt. Konjer schwört auf das entschleunigte Mastverfahren und sieht viele Vorteile darin. Für ihn bedeuten weniger Tiere mehr. „Auch kleine Betriebe können bestehen“, sagt er. Schon 1966 kamen die ersten Masthühner auf den Hof in Nordhorn.
Ein großes Problem mit Enterokokken hat bei dem Landwirt Jahre später ein Umdenken in Gang gesetzt. Im Stall gab es viele Tiere, die nicht mehr laufen konnten oder verendet sind. Der Medikamenteneinsatz war enorm. „Ich wollte so nicht weitermachen“, sagt Konjer, der daraufhin der konventionellen Mast den Rücken kehrte.
Ab Tag 21 ins Außenklima
Für eine Übergangszeit durfte er auch ohne Kaltscharraum (KSR) an dem extensivem „Beter Leven“-Programm teilnehmen. Inzwischen ist er im dritten Jahr und hat an die beiden Ställe, die jetzt mit 21.000 bzw. 15.000 Tieren belegt sind, den Kaltscharraum angebaut. Das war mit 360 €/m² recht kostspielig. Pro Meter Klappe, die vom Stall in den KSR führt, dürfen 1.000 Tiere eingestallt werden.
Ab dem 21. Lebenstag können die Tiere den Kaltsscharraum nutzen, für mindestens acht Stunden. Konjer öffnet die Luken um 10 Uhr. Fällt die Temperatur unter 0 °C, darf der KSR geschlossen bleiben. „Man wundert sich aber, wie gerne die Tiere dort auch bei nur 2 °C oder 3 °C sind“, sagt Konjer.
Angebaut wurden die Kaltscharräume, die durch Lochbleche belüftet werden, jeweils an der Nordseite – so wird ein zu starkes Aufhitzen im Sommer verhindert. Konjer hat den größeren, ursprünglich für 39.999 Tiere ausgelegten Stall im Zuge der Produktionsumstellung in der Genehmigung auf 30.000 Plätze herabstufen lassen. „Damit ist ein Luftwäscher für mich kein Thema mehr“, freut sich der Geflügelhalter.
Dieses Futter setzt der Profi ein
Die Küken sowie das Futter bezieht Konjer von niederländischen Unternehmen. Im Schnitt setzt der Landwirt 26 % ganzen Weizen ein, dessen Anteil wird ab der 7. Lebenswoche auf bis zu 40 % erhöht. Überwiegend kommt der Weizen ganz in den Trog, aber wenn die Verdauung der Tiere mal etwas aus dem Lot gerät, schwört Konjer auf gequetschte Ware, die er bereithält.
Die Futterverwertung liegt bei 1:1,93 kg.Als Ziel wird seitens der Schlachterei zur Ausstallung ein durchschnittliches Tiergewicht von maximal 2,7 kg angestrebt. Wenn das Gewicht darüber liegt, werden dem Mäster 0,3 ct pro kg von der Schlachterei Storteboom abgezogen.
Konjer gelingt die Steuerung des Endgewichtes meist auf 50 g genau. Hilfe erhält er durch das Managementprogramm „MC total“, welches eine detailgenau Auswertung der Futter- sowie Wasseraufnahme und damit Steuerung der täglichen Zunahmen erlaubt. Durch die exakte Mast auf das angestrebte Gewicht erhält der Landwirt einen halben Cent mehr je kg Lebendgewicht (LG). Der Auszahlungspreis liegt aktuell bei 1,75 €/kg LG. Die maximale Besatzdichte beträgt 25 kg/m².
Vorgriff gibt es nicht mehr
Die täglichen Zunahmen auf 48 g/Tier/Tag zu begrenzen, wie „Beter Leven“ es vorschreibt, findet Konjer bisweilen nicht ganz so einfach. Die Tiere haben seinen Erfahrungen nach genetisch durchaus mehr Wachstumspotenzial und müssen dann in der Futteraufnahme gebremst werden.
„Aber für die Tiere ist es natürlich auch Stress, wenn sie nicht das bekommen, was sie benötigen“, sagt Konjer. Seit nunmehr drei Jahren hat der 58-Jährige als Genetik „Hubbard“-Tiere im Stall. Seitdem ist das Enterokokken-Problem für ihn vom Tisch. Auch die Tierverluste sind deutlich geringer. Einen Teil der positiven Effekte führt Konjer darauf zurück, dass kein Vorgriff erfolgt. „Da hat man jedes Mal fremde Leute im Stall“, gibt er im Hinblick auf die Hygiene zu bedenken.
Was Konjer weiterhin sehr gefällt, ist der geringere Umtrieb. Aufgrund der längeren Mastphase und dem Verzicht auf das Vorfangen wird nur fünf- bis sechsmal im Jahr ausgestallt. Damit reduziert sich auch der Arbeitsaufwand für die Reinigung und Desinfektion des Stalles.
Angenehme Arbeit im Stall
Auch die Arbeit im Stall empfindet Konjer als viel angenehmer: „Die Tiere bewegen sich viel, sind dabei aber entspannt“. Das sieht auch Konjers Sohn Jan Philip so. „Wenn wir wollten, könnten wir da mit dem Fahrrad durchfahren“, beobachtet er. Der 22-Jährige lernte die konventionelle Hähnchenmast in der Ausbildung kennen, hat aber mehr Freude am alternativen System und möchte es zu Hause beibehalten.
Auf das Verteilen des ganzen Weizens mit einem Streuwagen reagiert die Herde gelassen. 2 g/Tier/Tag müssen in die Einstreu gegeben werden. Weil die Tiere so beweglich sind, können sie dem Gefährt problemlos ausweichen. Diese Fitness zeigt sich auch an den geringen Verlusten. Antibiotika verabreicht Konjer gar nicht mehr.
Licht muss gefiltert werden
Einen Nachteil bringt das agile Verhalten der Tiere jedoch mit sich: Nimmt die Lichtintensität im Stall ab dem Frühjahr zu, kann es zum gegenseitigen Bepicken kommen. „Damit die Tiere nicht ausflippen, muss das Klima- und Versorgungsmanagement stimmen“, sagt Konjer. Bei Pickverletzungen und daraus resultierenden Verwachsungen kann es zu einem erhöhten Verwurf im Schlachthof kommen.
Pro 1.000 Tiere muss im Stall ein Strohballen zur Verfügung stehen. Für Konjer werden Großpackenballen in kleinere Segmente unterteilt und gebunden. Sitzstangen sind nicht erforderlich.
Betriebsgesundheitsplan erstellen und dokumentieren
Einmal im Jahr werden Abklatschproben des Stalles untersucht sowie der Impftiter der Tiere überprüft. Ebenfalls muss jährlich ein Betriebsgesundheitsplan erstellt sowie dokumentiert werden, dass einwandfreies Wasser zur Verfügung steht. Bei der Desinfektion reichen inzwischen herkömmliche Mittel. Ein gewisser Kokzidien-Druck sei durchaus vorhanden, sagt Konjer. Bei frühzeitiger Diagnose kann er das mit einer abwechselnden Verabreichung von Säure und Chlor im Trinkwasser gut eindämmen.
Der Landwirt unterliegt den Richtlinien der IKB, was dem QS-Siegel ähnlich ist. Im Auftrag von „Beter Leven“ werden zusätzlich weitere Vorschriften auch unangemeldet kontrolliert. Wird ein KO-Kriterium wie beispielsweise die mindestens 8-stündige Dunkelphase nicht bis zum nächsten Schlachttermin erfüllt, bekommt der Geflügelhalter die Tiere zum konventionellen Kurs abgerechnet. „Das wäre sehr schmerzhaft“, sagt Konjer.