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Im Stall der leuchtenden Kühe

Lesezeit: 5 Minuten

Die Bäuerliche Produktionsgemeinschaft Saßleben setzt im neuen Boxenlaufstall auf automatische Technik. Seit Kurzem sind die 282 Kühe mit LEDs am Halsband ausgestattet.

Der sprichwörtliche Glaube kann nicht nur Berge versetzen. Er hat trotz der angespannten Situation auf dem Milchmarkt auch zum Neubau eines Kuhstalls verholfen. „Ich glaube fest daran, dass Milch Zukunft hat. Deshalb bin ich sehr froh, dass unsere insgesamt 17 Gesellschafter den Argumenten für diesen Stallneubau gefolgt sind. Wir denken positiv und nach vorne“, sagt Helmut Richter, Geschäftsführer der Produktionsgemeinschaft Saßleben in Calao (Brandenburg). Im neuen Stall, eingeweiht im Juni 2020, werden Tierwohl und Arbeitserleichterung groß geschrieben.

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Seit 31 Jahren leitet Helmut Richter den Betrieb und seit 2009 in biologischer Produktion nach Naturland-Richtlinien.

Technik statt Personal

Der Standort in Spreewaldnähe gibt allerdings eine klare Richtung vor: Die leichten Böden erschweren eine wirtschaftliche Milchproduktion. Deshalb hat Richter den Fokus beim Neubau auf mehr Tierwohl, Arbeitserleichterung und höhere Leistungen gelegt. Vor dem Baustart hat er sich auf mehreren Betrieben im In- und Ausland informiert. Die intensiven Gespräche vor Ort haben ihn von der hohen technischen Ausstattung überzeugt. „Die Personalsituation in den östlichen Bundesländern ist überaus schwierig. Es gibt eine ganze Reihe von Betrieben, für deren Melkstände keine deutschsprachigen Mitarbeiter zu finden sind“, erklärt Richter seine Gründe für die vollständige Automatisierung des Stallneubaus.

In dem neuen Stall der Saßleben GmbH übernehmen vier Merlin Melkroboter, ein Fütterungsroboter, ein Einstreuroboter und die sensorgestützte Tierbeobachtung von Lemmer-Fullwood die vollautomatischen Dienste.

„Den Kuhkomfort, den wir den Tieren hier bieten, und den Automatisierungsgrad, mit dem wir heute wirtschaften, hätten wir in dem alten Stallgebäude nicht umsetzen können“, sagt er. Laut Richter ist die Milchleistung dank des neuen Stalls und der modernen Technik um 25% gestiegen. Die 260 melkenden Kühe haben aktuell eine Leistung von 9000 kg Milch je Kuh und Jahr mit 4,1% Fett und 3,44% Eiweiß. Zusätzlich behält der Betrieb die komplette Nachzucht. Auch die männlichen Tiere verbleiben zur Mast auf dem Hof.

Leuchtende Kühe

Zu der modernen Technik in der Tierhaltung zählt auch, über den Gesundheitsstatus der Kühe optimal informiert zu sein. Seit September 2021 trägt jede Kuh ein FullBeacon-Halsband von Lemmer-Fullwood. Das ist mit verschiedenfarbig leuchtenden LEDs ausgestattet, um Einzeltiere schneller zu identifizieren. „Bislang war es sehr zeitraubend, die vom Herdenmanagementsystem ausgewiesenen melkunwilligen Tiere im Stall zu suchen“, sagt der Milchviehhalter. Das System kann er betriebsindividuell konfigurieren und verschiedene Leuchtfrequenzen wählen. So leuchten die Halsbänder morgens zwischen 9 und 10 Uhr gelb bzw. rot, um die Kühe zu zeigen, die seit 10 bzw. 12 Stunden nicht mehr beim Melkroboter waren. Weitere Funktionen, um z.B. brünstige Kühe für den Besamungstechniker zu markieren, will Richter bald auch nutzen. Zudem sollen die Tiere leuchten, die zur Klauenpflege müssen. „Dank der Halsbänder können wir ohne Tablet oder Smartphone von jeder Stelle im Stall sehen, wo sich die jeweiligen Kühe befinden.“

Gummi für bessere Klauen

Der Betrieb setzt auf freien Kuhverkehr. Aus Frankreich stammt zudem die Anregung, die Laufflächen mit einem speziellen Gummibelag auszustatten. Obwohl die Investition von 150000 € nicht geplant war, waren sie schnell von dem System im Elsass überzeugt. Der Bodenbelag hat Längsrillen, durch die der Urin der Kühe besser abläuft (siehe Foto unten). Gleichzeitig verringert sich damit die verdunstungsaktive Oberfläche, was zu geringeren Ammoniakemissionen führt. Der Gummibelag verbessert aber auch die Rutschfestigkeit und der trockene Boden bietet Vorteile für die Klauengesundheit. „In der Summe führt das bei uns zu einem klaren Plus bei Tierwohl und Umweltschutz“, freut sich der Diplom-Agraringenieur.

In Zukunft noch mehr Weide

Entsprechend den Naturland-Vorgaben haben die schwarzbunten Milchkühe der Produktionsgemeinschaft in den Sommermonaten Zugang zur Weide. Mit der vorgesehenen Zupacht weiterer Weideflächen will Richter den Weidegang weiter ausbauen. Zusätzlich befindet sich auf beiden Längsseiten des neuen Stallgebäudes je ein Auslauf.

Der Geschäftsführer legt großen Wert darauf, selbst einen Beitrag zum Image der landwirtschaftlichen Tierhaltung zu leisten. So sind Besuchergruppen – vom Kindergarten über Schulen bis hin zu Finanzbehörden – immer auf dem Betrieb willkommen. Auch eine Zapfstelle für die erzeugte Biomilch sorgt für regen Publikumsverkehr. „Uns ist es wichtig, besonders von der regionalen Bevölkerung positiv wahrgenommen zu werden. Wir legen sehr großen Wert darauf, Tierhaltung und Tierwohl in größeren Ställen transparent und nachvollziehbar zu zeigen.“

Nachfolge noch unklar

Helmut Richter ist stolz auf das, was er mit seinem festen Glauben an die Milcherzeugung und mit der Unterstützung seiner Mitgesellschafter auf die Beine gestellt hat. Zusätzlich zu einem modernen und arbeitsfreundlichen Stall hat der Unternehmensverbund aber noch weitere Standbeine: ein eigener Technikstützpunkt, eine Biogasanlage, Dienstleistungen wie Winterdienst, eine Forstbaumschule, ökologische Mutterkuhhaltung und ein Futtermittelmarkt. Allein seine Nachfolge macht Richter derzeit noch zu schaffen. Zwei langfristig aufgebaute Kandidaten sind aus gesundheitlichen Gründen ausgefallen. Hier ist für ihn noch eine wichtige Baustelle offen. Aber auch in dieser Frage ist seine positive Sicht auf die Dinge geradezu unerschütterlich…

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Unser Autor

Andreas Frangenberg, Agrarjournalist aus Erkelenz (Nordrhein-Westfalen)

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