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„Wir leben unseren Traum“

Lesezeit: 6 Minuten

Ein Ehepaar hat im Solling einen Resthof gefunden und sich dort eine Existenz als Forstunternehmer aufgebaut. Wir haben die Seite der beiden bei Instagram entdeckt und die Gründer besucht.


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Guckt man sich bei Social Media im Forstbereich um, stößt man irgendwann auf die Seiten von Niko Fux. Schöne Bilder zeigen die Praktikerin mit der Motorsäge, auf dem Harvester oder am Sägewerk. Es gibt auch eine Seite zur Jagd. Wir wollten wissen, wer hinter dem Namen Niko Fux steckt, haben Kontakt aufgenommen und ein beeindruckendes Paar kennengelernt, das seinen Traum vom eigenen Forstbetrieb wahr gemacht hat.


Nikola Ludwig, wie Niko Fux im richtigen Leben heißt, ist 43 und stammt ursprünglich vom Niederrhein. Zusammen mit ihrem Mann Enrico ist sie 2011 in den Solling gekommen, in ein Dorf in die Nähe von Uslar, am äußersten Südzipfel von Niedersachsen. Sie konnten dort einen alten Hof übernehmen, der zur Keimzelle ihrer Existenz wurde. Der Besitzer des Hofes im Solling gab die Landwirtschaft auf und so wurden sich die Ludwigs mit ihm einig.


Nikola erinnert sich mit einem Grinsen: „Eigentlich war ich zuerst nicht voll überzeugt von dem Angebot. Aber als wir nach dem ersten Besuch ins Auto stiegen und ich meinen Mann angesehen hab, wusste ich, dass es wohl kein Zurück mehr gibt. Er war direkt begeistert…“


Über die Jagd zum Forst


Nikola Ludwig ist gelernte Erzieherin und Heilpädagogin mit Zusatzausbildungen. Über ihr Elternhaus in Goch war sie immer dicht an der Natur. Auf dem Resthof dort standen Tiere und die Familie ist komplett der Jagd verfallen. Durch die Liebe zur Natur, das Verlangen, intensiv mit den Jahreszeiten zu leben, kam auch Nikola 2003 zur Jagd und engagiert sich für das Thema. Seit 2013 hat sie drei Kinderbücher über Jagd und Landwirtschaft herausgebracht. Eine weitere Leidenschaft ist die Fotografie, was man den Bildern auf ihren Seiten ansieht. Das ist auch ihr Antrieb für ihre Aktivitäten in den sozialen Medien: Das Teilen von Erlebnissen und schönen Bildern in der Natur.


Bei unserem Termin spürt man die ehrliche Begeisterung, die sie dabei antreibt. Bei Insidern ist sie mittlerweile sehr bekannt, auf Instagram hat ihre Seite knapp 37000 Abonnenten. Professionalisieren, also quasi als „Influencerin“ tätig sein und z.B. für Arbeits- und Jagdklamotten werben, möchte sie ihre Aktivitäten nicht. Niko Fux macht ihr Ding für sich.


Ihren Mann lernte Nikola über die gemeinsame Jagd-Passion kennen. Enrico Ludwig stammt aus dem Kyffhäuser und ist gelernter Forstwirt, aber auch Koch und Fleischer. Die gemeinsame Existenz baut auf den vielen Interessen des Paars auf. Zunächst arbeitete Enrico als angestellter Forstwirt, Nikola war als Erzieherin tätig. Der Schritt in die Selbständigkeit folgte im Jahr 2016.


In der Region gab es Bedarf für Forstdienstleistungen. Dabei ist das Ehepaar nicht in den Verdrängungswettbewerb getreten. Sie wollten nicht als Hasardeure auftreten, sondern solide und nachhaltig wachsen, Qualität abliefern. Nikola Ludwig absolvierte einige Lehrgänge z.B. im Bereich des motormanuellen Holzeinschlags. Sie darf mittlerweile uneingeschränkt fällen.


Das Unternehmen „Forstdienstleistungen Ludwig“ stellten sie von Anfang an auf mehreren Säulen auf. Dazu gehört auch die Nebenerwerbslandwirtschaft mit einigen Mastschweinen, Mutterkühen und Bullenmast sowie Futterbau. Zusammen mit dem Wildbret vermarktet das Paar das Fleisch der Tiere vor allem an ein großes Hotel in der Region.


Von der Säge zum Harvester


In den ersten Jahren waren die Ludwigs mit der Motorsäge und dem Rückeschlepper unterwegs. Nachdem das Geschäft gut anlief, investierten sie nach und nach in zwei Timberjack- bzw. John Deere-Harvester und einen Rückezug von Rottne. Alle Maschinen waren gebraucht und konnten ohne die Bank finanziert werden.


Nikola Ludwig ist dieser Punkt sehr wichtig: „Wir wollen nicht mit einem gigantischen Kredit im Nacken leben. Wenn es je nach Jahreszeit mal vielleicht etwas ruhiger ist, brauchen wir uns keine Sorgen über die nächste Rate zu machen.“


Den Harvester fährt vor allem Enrico Ludwig. Außerdem hat das Ehepaar einen festangestellten Mitarbeiter. Nikola Ludwig ist bereits einige Male mit dem Timberjack unterwegs gewesen. Sie tastet sich gerade an die sehr komplexe Technik heran. Sie gibt zu, dass die ersten Einsätze nicht frei von Frustration waren: „Ich hab da auch schon heulend drin gesessen.“ Aber gleichzeitig nimmt man der Frau ab, dass sie sich auch hier durchbeißen wird.


Neben Holzeinschlag und Rücken gehören ein auch Sägewerk und der Brennholzhandel zum Angebot. Die Woodmizer Bandsäge ist gut ausgelastet. Viel Schadholz und niedrige Holzpreise veranlassen aktuell die Waldbesitzer, mehr von ihrem Holz einschneiden zu lassen. Das Sägewerk ist im Frühjahr 2021 der Haupteinsatzbereich von Nikola Ludwig.


Zum Aufbereiten des Brennholzes ist ein Säge-Spalter von Tajfun in Einsatz. Kulturpflege und Hochsitzbau runden das Programm der Ludwigs ab. Durch die vielen Bereiche stellt das Paar eine ganzjährige Beschäftigung der Festangestellten sicher. Das ist den beiden Betriebsleitern wichtig. Einer der beiden ist seit Anfang an dabei, der andere seit dem Sommer 2020.


Wie reagieren Kunden und Förster auf eine Frau mit Motorsäge? „Die finden das cool. Ich hab bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht – und kann mich gut unter Männern zurecht finden.“ Nikola Ludwig hat früher Fußball im Verein gespielt. Sie mag es nicht, dass weibliche Rollen betont werden, sie möchte keinen Unterschied: „Ich arbeite als Holzfäller und bin Jäger. Auf das „in“ am Ende lege ich keinen Wert.“


Der Tagesablauf der beiden Unternehmer ist durchaus sportlich. Sie stehen meist 4.30 Uhr auf, frühstücken und erledigen den Schreibkram gemeinsam im Büro. „Wir genießen die Zeit bei einer Tasse Kaffee und besprechen den Tag, bevor es losgeht“, sagt Nikola Ludwig.


Meist geht sie um 19 Uhr ins Haus, um zu kochen. Auch das macht ihr Spaß. Bandsäge und Backofen sind eben kein Widerspruch. Endgültig Feierabend ist dann deutlich später und dann ist auch der Akku leer: „Wir versuchen schon seit ein paar Wochen, uns einen bestimmten Film anzusehen. Bisher haben wir es noch nicht geschafft…“ Für die Ludwigs kein Problem, denn sie leben ihren Traum.


guido.hoener@topagrar.com

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