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Dürre im Wald: 50 mm Regen können entscheidend sein

Die Oberförsterei im brandenburgischen Doberlug Kirchhain gehört zu den trockensten Regionen Deutschlands. Wir haben mit dem Leiter Nico Friedrich über die aktuelle Waldsituation gesprochen.

Lesezeit: 5 Minuten

Eigentlich ist das Land Brandenburg im bundesweiten Vergleich der Schadholzmengen bisher noch ganz gut weggekommen. Allerdings konzentrieren sich die meisten Schäden im Land auf diese Region,“ erklärt Nico Friedrich (47), Leiter der Landeswaldoberförsterei Doberlug.

Sein Bereich erstreckt sich vor allem auf die Landkreise Elbe-Elster und Oberspreewald-Lausitz, also das Dreiländereck von Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen. 80 % sind trocken-sandige Böden, deshalb trägt die Niederlausitz auch den wenig schmeichelhaften Namen „Brandenburger Streu­sand­büchse“. Zusammen mit geringen mittleren Niederschlagsmengen engt das die Baumartenwahl in der Region stark ein.

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Kiefer als Hauptbaumart

Die Hauptbaumart ist Kiefer mit 68 %. Dazu kommen mit insgesamt 3 % sonstige Nadelhölzer, v. a. Fichten und Lärchen. Der Eichenanteil erreicht 6 %, der Anteil von Buchen klimatisch bedingt nur 1 %. Mit 13 % ist die Birke als Hoffnungsträger und Bestandteil zukünftiger Waldentwicklungen vertreten. Die restlichen %-Werte streuen über einen weiten Bereich von über 60 Arten.

Eine Besonderheit sind die 6.000 ha Bergbaufolgelandschaften auf Kippen und auf renaturierten Flächen. Die Oberförsterei umfasst insgesamt rund 19.000 ha, die sich in 17.000 ha Holzbodenfläche und Offenlandflächen aufteilen. 90 % liegen im mäßig trockenen Klima mit 580 bis 600 mm Jahresniederschlag und 10 % im trockenen Klima mit 500 bis 560 mm.

Im Jahr 2019 fielen bei Rekordtemperaturen an einigen Stellen allerdings nur 430 mm Regen, teils auch weniger. „Wir haben hier im März und April immer Trockenperioden, danach regnet es aber normalerweise immer wieder. Das ist aber in den letzten Jahren ausge­fallen.“ Wenn es sehr knapp wird, können bereits 50 mm Niederschlag entscheiden, ob der Wald durchhält oder nicht, hat der Förster festgestellt.

Bei unserem ersten Gespräch im Frühjahr 2020 hatte die Oberförsterei gerade umfangreiche Pflanzungen abgeschlossen – und es herrschte bereits wieder die höchste Waldbrandgefährdung.

2016 als Auftakt der Schäden

Der Auftakt der aktuellen Waldschäden war im Jahr 2016 mit dem massiven Auftreten der Kiefern-Buschhornblattwespe. Damals war der Förster noch überzeugt, die Schäden mit naturnahem Waldbau wieder ausgleichen zu können: „Wir dachten, das zieht die Natur noch gerade.“

Dann kamen Schäden durch lokale Stürme und letztendlich Friederike dazu. In der Summe erreichte die Sturmholzmenge 120.000 fm.

Eine Besonderheit der Region ist die Niederlausitzer Tieflandfichte, die durch den Buchdrucker angegriffen wird. Die Oberförsterei versucht, diese Fichte mit allen Mitteln zu schützen. Wo an anderen Stellen die Fichte nicht standortgerecht ist, wurde sie bereits aufgegeben. Hier setzen die Brandenburger künftig lieber auf Stiel- und Traubeneichen.

Die Kiefern sind im größeren Ausmaß seit 2019 unter Druck. Bisher fielen hier 50.000 fm Schadholz an. Das Absterben lässt sich schwer auf eine einzelne Ursache zurückführen. Es handelt sich eher um einen Komplex mehrerer Faktoren. Nach Vorschäden durch Blattwespe, Sturm und Trockenheit konnte sich so auch der Kiefernprachtkäfer weiter ausbreiten. Dazu kommen weitere Schäden durch das Diplodia-­Kieferntriebsterben. Nico Friedrich hat festgestellt, dass vor allem Bestände in den besonders trockenen Gebieten betroffen sind.

Auffällig ist die bisherige Konzentration der Schäden. Nico Friedrich berichtet, dass sich die 200.000 fm Schadholz auf zwei bis zweieinhalb von den insgesamt zehn Einzelrevieren der Ober­försterei konzentriert. Normalerweise liegt die Jahreseinschlagmenge in diesen Revieren bei je rund 6.000 fm.

Der Begriff Waldsterben ist mir zu dramatisch

Der Leiter der Oberförsterei Doberlug hält nichts davon, jetzt allzu hektisch zu reagieren. Es gelte, Ruhe zu bewahren, der Wissenschaft Zeit einzuräumen und weiter an der Baum­art­en­mi­schung zu arbeiten. Eher kritisch sieht Nico Friedrich die diskutierten Baumarten aus dem Mittelmeerraum. Hier laufen im Rahmen der Klimafolgeforschung seit 15 Jahren wissenschaftliche Versuche am Landeskompetenzzentrum Forst in Eberswalde. Eine wichtige offene Frage ist die Verträglichkeit gegenüber Spätfrösten. Eines steht für den Förster fest: Den Alleskönner-Baum wird es auch künftig nicht geben.

Waldumbau seit Jahrzehnten

Der Waldumbau läuft in der Region bereits seit den 90er-Jahren und ist noch nicht abgeschlossen.

Der Pflegezustand scheint einen sehr großen Einfluss auf die Stabilität der Bestände zu haben – die Konkurrenz der einzelnen Bäume um Nährstoffe und vor allem Wasser ist in einem gepflegten Bestand geringer. Außerdem könnte es erforderlich werden, den Generationenwechsel in Beständen früher als bisher einzuleiten. Denn mit steigendem Alter der Bäume steigt auch deren Anfälligkeit.

Nico Friedrich sieht es kritisch, jetzt von einem großflächigen „Waldsterben“ zu sprechen. Ihm ist dieser Begriff zu dramatisch: „Wir müssen die Zahl der betroffenen Individuen betrachten und diese auf die Gesamtzahl der Bäume beziehen. Dann relativiert sich die Situation etwas.“

Im Frühjahr 2020 hat die Oberförsterei einen sehr ehrgeizigen Aufforstungsplan vollendet. Bis Ostern waren mehr als eine halbe Million Pflanzen im Boden – 90 % davon standortgerechte Laubbaumarten, vor allem 350.000 Stiel- und Traubeneiche sowie 65.000 Rotbuchen. Große Teile des Pflanzenbedarfs decken für den Landeswald Brandenburg übrigens landeseigene Baumschulen ab.

Neben der Pflanzung bemühen sich die Förster in Brandenburg natürlich auch, die nächste Generation möglichst naturnah einzuleiten. Eigentlich steht die Naturverjüngung im Vordergrund der Strategie, nicht die Pflanzung. Darauf legt Nico Friedrich wert.

Ein zusätzlicher Weg ist die Saat, die weiter verbessert werden soll. Nach ersten erfolgreichen Versuchen mit der Pferdesaat wurde jetzt die ferngesteuerte Raupe Moritz von Pfanzelt für die Saat fit gemacht.

Wie sieht es mit dem Wildbestand aus? In einigen Revierbereichen gelingen Verjüngungen bereits ohne künstlichen Schutz. Je nach Waldstruktur müssen die Brandenburger die Kulturen zusätzlich schützen. Es kommt ganz auf den Zuschnitt der Flächen an. In zerrissenen Waldflächen sind Kulturen mit gut gedüngten Baumschulpflanzen sehr attraktiv für das Wild. Dann geht es oft nicht ohne den ungeliebten Zaun. Allerdings hat die Niederlausitz auch die höchste Wolfdichte in der EU. Bei allen Argumenten dagegen – der Wolf hilft ein Stück weit bei der Verjüngung der Wälder in Brandenburg. 

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