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Energieholz: Im Wald mit dem 500 PS-MAN Chippertruck von Jenz

Sepp Irlacher ist Hackschnitzelprofi. Wir haben den Unternehmer im Chiemgau besucht und uns angesehen, wie und womit er Energieholzschnitzel produziert.

Lesezeit: 9 Minuten

Das sieht aus, als wenn jemand mit einem verlängerten Arm Zweige zusammenzieht. Wenn man Sepp Irlacher zusieht, wie er seinen Hacker mit dem Kran füttert, merkt man: Hier beherrscht jemand seinen Job. Er beschickt den Hacker so zügig, dass der Einzug kaum Leerlauf hat und aus dem Auswurfkrümmer ein satter Strahl in den Hakencontainer schießt. Wenn alles läuft, ist die 39 m³-Mulde in 15 bis 20 Minuten voll.

Der 39-jährige Unternehmer aus Schleching im Chiemgau hat sich ganz auf Energieholz-Hackschnitzel spezialisiert. Er setzt drei Chippertruck-Hacker (1x582, 2x583) von Jenz auf MAN-Fahrgestellen ein. Dazu kommen vier Lkw mit Hakenlift. Inklusive Chef arbeiten sechs Leute in dem Unternehmen, das im Internet auch unter www.mobilhacker.com zu finden ist.

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Reportage im Wald

Wir treffen den Unternehmer direkt im Wald zu einem besonderen Reportagetermin. Wir wollen uns vor Ort ansehen, wie man effizient Hackschnitzel macht und was die Maschinen draufhaben. Bei unserem Termin im Juni hat Irlacher sein Stammfahrzeug in der Halle stehen lassen. Er war mit einem flammneuen Chippertruck HEM 583 Professional-Line auf einem MAN TGS 33.500 6x6 unterwegs. Der Motor des Vorführers liefert 500 PS und bis zu 2500 Nm Drehmoment ab.

Wir hatten außerdem die Gelegenheit, mit einem „eigenen“ Vorführer in den Wald zu fahren und die Hackschnitzel abzuholen. Mit der notwendigen Berufskraftfahrer-Qualifikation konnte der top agrar-Redakteur den Lkw mit dem neuen Hakengerät von Meiller über den ganzen Tag selbst fahren.

Das Hakengerät, der neue Abrollkipper RS26 hatte übrigens erst auf der Bauma 2019 Premiere. Durch eine komplett neue Konstruktion ist der RS26 ganze 700 kg leichter als sein Vorgänger und 3,5 cm niedriger. Die Hublast beträgt 26 t. Eine 80 l-Axialkolbenpumpe in Verbindung mit der proportionalen Funkfernbedienung (i.s.a.r.-control) sowie dem Schnellgang erlaubt das Aufziehen der Mulde je nach Beladung in nur 20 bis 30 Sekunden.

Unser Hakenlift-Fahrzeug für diesen Tag war ein MAN TGS 35.500 8x4-4 – also ein Vierachser mit zwei angetriebenen Hinterachsen und dritter Nachlaufachse. Mit dieser in Deutschland recht ungewöhnlichen Achsanordnung sind 32 t Gesamtgewicht möglich. Unser Container hatte eine Innenlänge von 6,50 m und 39 m³ Volumen. Durch die Chassis-Konstruktion zeigte sich das Fahrzeug im Wald erstaunlich wendig. Leer lässt sich die dritte Hinterachse natürlich liften.

Nur noch per Lkw

Sepp Irlacher hat vor einigen Jahren von zwei Hackern mit Zapfwellenantrieb hinter Schleppern komplett auf Lkw-Hacker gewechselt. Für den Lkw sprechen seiner Ansicht nach vor allem die geringere Außenbreite von 2,50 m anstatt 3 m und der bessere Fahrkomfort auf der Straße. Die geringere Außenbreite spielt vor allem im Hochgebirge eine wichtige Rolle. Hier punktet jeder Zentimeter weniger, wenn es eng wird und die Fahrzeuge aneinander vorbeimüssen. Auch der Arbeitskomfort ist beim Lkw besser, sagt der Unternehmer.

Bei unserem Besuch im Sommer sitzt er auf einem bequemen Sitz in der geräumigen Lkw-Kabine, die er sich fast auf Kühlschranktemperatur gebracht hat. Scheiben ersetzen einen Großteil der Kabinen-Rückwand und einen Teil der rechten Seite – eine Lösung, die übrigens direkt von MAN gebaut wird. Sepp Irlacher findet die Übersicht damit deutlich besser als in einer Traktorkabine mit Drehsitz. Vor allem im Gebirge hat er auch die Hangkante von seinem hohen Platz besser im Blick. Beim Traktor waren meist die Kotflügel im Weg.

Der Aktionsradius liegt rund 80 km um den Firmensitz in Schleching, vor allem geht es um die Landkreise Rosenheim, Traunstein und Berchtesgaden. Teils ist er aber auch in München unterwegs. Da spielt der Lkw auch auf der Straße seine Vorteile aus – bis hin zur Nutzung von Autobahnen.

Während er den Hacker mit dem Kran füttert, können wir uns in der Kabine in normaler Lautstärke mit dem Unternehmer unterhalten – man merkt kaum, dass hier 500 PS an der Arbeit sind. Um diese Leistung vom Motor an die Messertrommel weiterzureichen, setzen die Konstrukteure auf einen speziellen Nebenantrieb.

Die sogenannte Sandwich-PTO wird in den Standard-Antriebsstrang zwischen Motor und Schaltgetriebe eingebaut und per pneumatischer Lamellenkupplung zugeschaltet. Alle weiteren Organe des Hackers, vor allem die Hydraulikanlage fürs Wurfgebläse, hängen an diesem Antrieb. Weiterer Vorteil: Das Automatik-Getriebe des Lkw bleibt auch bei laufender Hackertrommel nutzbar. Sepp Irlacher kann das Fahrzeug so von seinem Kransitz aus per Joystick und zweitem Pedalsatz fahren, allerdings nur bis 10 km/h. Das reicht aber zum schnellen Umsetzen am Polter, ohne gleich den ganzen Hacker zu stoppen.

Jenz baut Schredder und Energieholzhacker. Die Hacker arbeiten ausschließlich als Trommelhacker. Das Unternehmen besteht in der vierten Generation und beschäftigt 220 Mitarbeiter. Rund 140 Hacker verlassen pro Jahr das Werk und nach wie vor viele mit Zapfwellenantrieb. Doch Bestseller sind die Chippertrucks auf Lkw-Fahrgestell, die es seit 2006 gibt.

Die Reihe beginnt mit Einzügen ab 100 cm Breite und 68 cm Höhe – die Höhe legt gleichzeitig den maximal möglichen Holzdurchmesser fest. Das größte Jenz-Modell bietet einen Einzug mit 140 cm x 82 cm. Entweder stammt die Leistung vom Fahrzeug oder von einem separaten Aufbaumotor, dann mit bis zu 1000 PS beim Topmodell Cobra mit seiner drehbaren Kabine.

Variable Sortimente

Bei unserem Besuch setzt Sepp Irlacher die Dickmessertrommel D1 ein (82 cm Durchmesser), die mit sechs versetzten Messern bestückt ist und pro Umdrehung einen Schnitt macht. In Kombination mit der passenden Einzugsgeschwindigkeit und dem jeweiligen Sieb lassen sich mit dieser Trommel gröbere Schnitzel (G100) für Heizwerke herstellen und feinere (G30) z.B. für landwirtschaftliche Hackschnitzelfeuerungen.

Das elektronische System CFA steuert den Vorschub automatisch. Es hält den Lkw-Motor möglichst im optimalen Bereich und erlaubt einen Drehzahlabfall von maximal 15%, bevor es den Nachschub stoppt.

Diese Größenverteilung der Hackschnitzel spiegelt gleichzeitig die Ansprüche der Kundschaft wider: Sepp Irlacher arbeitet für Landwirte, Waldbauernvereinigungen, die Bayerischen Staatsforsten und auch direkt im Auftrag von Heizwerken. Je nach Kunde gibt es unterschiedliche Abrechnungsweisen: Bei den landwirtschaftlichen Kunden berechnet der Unternehmer pro Einsatzstunde 260 € – allerdings ist der Job meist in 1,5 bis 2 Stunden erledigt. Weil die Landwirte aber besonders auf die Leistung achten, rückt der Unternehmer hier meist mit seinem neuesten Fahrzeug an.

Größere Kunden zahlen oft nach Kubikmetern (3 bis 5 €) oder teils auch nach Gewicht (8 bis 12 €/t) – jeweils nach Ausgangsmaterial. Denn die Leistung hängt vor allem vom Holz ab. Dazu kommen Größe de Polters und die Logistik (Entfernung, Zustand der Wege und Straßen, Zahl der Containerfahrzeuge, Schnee). Nach Erfahrungen von Sepp Irlacher macht das Material 50% der Gesamtleistung aus, 30% der Abtransport bzw. die Logistik und etwa 20% der Hacker – denn er ist meist das stärkste Glied in der Kette.

Um die teuren Maschinen auszulasten, braucht er gute Fahrer. Und die sind nicht immer leicht zu bekommen. Wir wollen wissen, wie lange man braucht, um so elegant mit dem Kran arbeiten zu können? Immerhin hat der Kran genug Freiheitsgrade, um den Greifer auch in die Kabine oder den Einzug zu schwenken. Sepp Irlacher sagt, dass es manche Fahrer in einem halben Jahr lernen, manche aber auch in zehn Jahren nicht. Es kommt ganz auf das Gefühl für die Maschine an: „So eine Maschine kostet 540000 € plus Steuer – da kannst du nicht jeden draufsetzen.“ Und ganz nebenbei sind 27,2 t Fahrzeuggewicht (mit Sondergenehmigung) auch nicht ohne.

Fremdkörper im Polter

Beim Einsatz muss Sepp Irlacher permanent aufpassen – er lässt den Greifer und auch den Einzugtisch nicht aus dem Blick. Man findet in den Poltern oft auch Fremdkörper – manchmal „findet“ die auch erst der Hacker. Und dann wird es teuer, denn einen Metalldetektor gibt es bei Energieholzhackern nicht. Mit kleineren Metallteilen wird die Trommel noch fertig. Aber eine 80 mm dicke Welle hat sie nicht geschafft. Dabei kam es zu einem Schaden von 30.000 € sagt der Unternehmer. Auch Rungen von Rückezügen, Gurtbänder oder Gullydeckel hat er schon entdeckt.

Der offene Greifer zieht wie mit Fingern die letzten Zweige zusammen. Arbeitsqualität und sauber geräumte Polterplätze sind dem Unternehmer sehr wichtig. Die elektronische Steuerung kann sich Sepp Irlacher ganz nach seinen Vorstellungen programmieren: Die Achsen der Kreuzhebel, ihre Ansprechrate und die Geschwindigkeit der Kranbewegungen. Weil hier jeder Fahrer seine Vorlieben hat, lassen sich fünf unterschiedliche Fahrerprofile abspeichern. Wobei der Unternehmer Wert darauf legt, dass die Joystick-Belegung bei seinen Maschinen gleich ist – allzu weit sollte der Spieltrieb der Mitarbeiter dann doch nicht gehen.

Wenn ein Polter abgearbeitet ist, setzt der Unternehmer sein Fahrzeug möglichst zügig zum nächsten um. Für ihn ist das eine willkommene Abwechslung, denn das konzentrierte Arbeiten mit dem Kran ist recht anstrengend. Sepp Irlacher mag deshalb die überschaubaren Wipfelpolter. Er hat auch schon große Mengen Stammholz am Heizwerk gehackt – sehr anspruchsvoll für Mann und Maschine.

Durch die Elektronik lassen sich einzelne Arbeitsschritte kombinieren und mit einem Tastendruck steuern. So bringt sich der Chippertruck automatisch in Transportstellung. Beim nächsten Einsatzort ist er in knapp einer Minute wieder einsatzbereit. Sepp Irlacher muss nur noch per Funk seinen Kollegen mit dem Hakenlift in die richtige Position dirigieren und es kann weitergehen.

Auswurf zu allen Seiten

Der Auswurfschacht des Hackers ist so montiert, dass er die Schnitzel nach hinten, zur Seite und auch nach vorne über die Kabine in den Container pusten kann. Auch hier hilft die Elektronik. Der Wurfbeschleuniger hat einen hydraulischen Antrieb. Seine Drehzahl lässt sich passend zum Material und zur Überladeweite verstellen. Der Unternehmer kann im Bordrechner unterschiedliche Einstellungen hinterlegen und per Knopfdruck am Joystick abrufen. So lässt sich starkes Holz zwar schwerer hacken, aber leichter werfen – bei Strauchwerk ist es genau anders herum. Der Beschleuniger ist stark genug, einen Sattelauflieger bis hinten zu füllen, wenn sich beide Lkw Stoßstange an Stoßstange gegenüberstehen. Durch die besondere Form des Auswurfs fliegen die Hackschnitzel dabei in einer bogenförmigen Bahn.

Wenn alles optimal läuft, gibt Jenz für den Chippertruck eine theoretische Leistung von 240 srm/Stunde an. Sepp Irlacher rechnet lieber in Containern. Im Normalfall füllt er zehn bis zwölf Mulden am Tag. Stimmt einfach alles, können es auch schon einmal 14 bis 16 sein. Der Dieselverbrauch liegt je nach Material zwischen 0,3 und 0,5 l/m³.

Die Fahrzeuge sind etwa 220 Tage im Jahr unterwegs. Im Schnitt erreichen sie rund 1000 Trommelstunden und 2000 Motorstunden – Anfahrt, Umsetzen, Warten kosten halt Zeit. Der Job macht Sepp Irlacher nach wie vor riesigen Spaß. Sein Unternehmen läuft, was unter anderem auch an den mittlerweile sehr großen Mengen Holz aus Kalamitäten liegt.

Wenn ihn überhaupt etwas in seiner Kabine stört, sind das Waldbesucher, die keinen Abstand zu den Maschinen halten. Er hat schon mal einen Mountainbiker erlebt, der mit seinem Radel zwischen Greiferzange und Einzug hindurchschlüpfen wollte. Das sind die seltenen Momente, in denen auch Profi Irlacher für einen Moment die Ruhe verlieren könnte.

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