Über eine eigens gegründete Ausgleichsgesellschaft verklagt der international tätige, börsennotierte Finanzkonzern „Burford Capital“ das Land Thüringen auf einen Schadensersatz von fast 40 Mio. €.
Der Finanzkonzern ist darauf spezialisiert, Schadensersatzforderungen aufzukaufen und dann geltend zu machen, informiert das Thüringer Landwirtschaftsministerium. Ermöglicht werde das, weil ein kleiner Teil von Holzabnehmern der Thüringer Waldbesitzenden, von denen nur zwei Firmen ihren Standort in Thüringen haben, ihre vermeintlichen Schadensersatzansprüche wegen der gebündelten Holzvermarktung an „Burford Capital“ abgetreten haben, erklärt das Ministerium weiter.
„Gemeinsam mit den privaten und kommunalen Waldbesitzenden arbeitet die Landesforstanstalt intensiv daran, die klimabedingten Waldschäden und den Waldumbau zu meistern. Wir brauchen alle Ressourcen zur Waldrettung und nicht für ein Klageverfahren, mit dem ein Finanzkonzern seine Rendite erhöhen will“, sagte Staatssekretär Torsten Weil.
Hintergrund ist Kartellamt-Urteil
Das Bundeskartellamt hatte aufgrund einer Beschwerde der Sägeindustrie in den Jahren 2001 bis 2009 gegen die Länder Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Thüringen ermittelt. Es vertrat die Auffassung, dass die gebündelte Vermarktung von Rundholz aller Waldeigentumsarten durch die Landesforstverwaltungen dieser Länder nicht den Vorgaben des Wettbewerbsrechts entspreche.
Mit einem dem Beschluss des Bundeskartellamtes vom 17. September 2009, der 2018 vom Bundesgerichtshof mittelbar bestätigt worden ist, wurde das Verfahren unter Erteilung von Auflagen und Berichtspflichten abgeschlossen. So gab es unter anderem den Auftrag, Pilotprojekte zur Vermarktung von Holz aus dem Privat- und Körperschaftswald in Thüringen zu etablieren.
Forstverwaltung sieht Kritik unbegründet
Die Thüringer Landesforstverwaltung ist den Auflagen und Berichtspflichten nach eigener Aussage in vollem Umfang nachgekommen, stellt das Agrarministerium weiter klar. Die Ergebnisse wurden im Abschlussbericht vom Dezember 2014 gegenüber dem Bundeskartellamt dokumentiert. Etwa zum gleichen Zeitpunkt begann auf Grund von Beschwerden der Holzindustrie ein neues Verfahren gegen die Holzvermarktungspraxis in Baden-Württemberg, dass dann auf andere Länder, darunter Thüringen, ausgeweitet wurde.
Begründet wird die Forderung mit der Behauptung, dass mit der gebündelten Holzvermarktung eine beherrschende Marktstellung der Landesforstverwaltung mit den beteiligten Waldbesitzern unzulässig ausgebaut wurden und damit überhöhte Holzpreise für die Sägeindustrie einhergingen.
„Vor dem Hintergrund der dramatischen Schadenssituation im Wald, den dadurch drastisch gesunkenen Holzpreisen sowie den damit verbundenen Herausforderungen für die Waldbesitzenden und die Landesforstanstalt kommt die Klage zur Unzeit und ist schwer verständlich. Schließlich hatte das Bundeskartellamt das Verfahren gegen Thüringen eingestellt und die Landesforstanstalt hat alle Auflagen umgesetzt“, sagt Staatssekretär Weil. „Ich möchte jedoch betonen, dass die ganz überwiegende Zahl von Holzabnehmern in Thüringen sich nicht am Klageprojekt des Prozessfinanzierers beteiligen.“
Großangelegte Aktion des Prozessfinanziers
Nach Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen ist Thüringen als letztes Land von den Forderungen des Prozessfinanzierers betroffen. Es handelt sich um eine großangelegte Aktion des Prozessfinanziers, der 2018 Deutschland zu einem Wachstumsmarkt für Prozessfinanzierer erklärt hat.
Für die Klage wurde eigens eine „Ausgleichsgesellschaft für die Sägeindustrie Thüringen GmbH“ gegründet, die die Klageforderung von insgesamt sechs Sägewerken aufgekauft hat, um gebündelt gegen den Freistaat klagen zu können. Die Muttergesellschaft hat ihren Sitz auf der Kanalinsel Guernsey, die als europäische Steueroase gilt.
„Wir werden unter Hinzuziehung einer spezialisierten Anwaltskanzlei die Forderungen genauestens prüfen und uns eng mit dem Privat- und Körperschaftswald abstimmen. Wir werden uns mit aller Entschiedenheit gegen das Projekt des Prozessfinanzierers rechtlich zur Wehr setzen, um Belastungen für die Steuerzahler, den Wald und die Waldbesitzer abzuwenden“, so Weil weiter.
Insbesondere in der aktuell schwierigen Waldsituation sei eine beihilfekonforme Unterstützung der Waldbesitzenden weiterhin dringend nötig, um die Aufgaben von ökologischer Schadensbeseitigung und Wiederbewaldung meistern zu können, verdeutlicht der Staatssekretär. „Hierbei haben wir mit der Stärkung der Eigenständigkeit der privaten und körperschaftlichen Forstbetriebe einen wichtigen und richtigen Weg eingeschlagen. Wir stärken die Forstlichen Zusammenschlüsse und bauen damit die Eigenvermarktungsprojekte im Privat- und Körperschaftswald weiter aus. Das stärkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes für die gesamte Forst- und Holzbranche.“