topplus Waldsymposium 2025

Wald kann die gesetzten Klimaziele 2030 so nicht einhalten

Deutsche Wälder sind nicht mehr die verlässlichen Klimaretter. Prof. Bauhus spricht sich für eine Neubewertung im Klimaschutz aus, da die Kohlenstoffspeicherung nicht wie gedacht funktioniert.

Lesezeit: 3 Minuten

Die deutschen Wälder galten in der Klimaschutzpolitik bisher als Vorreiter und verlässliche Größe bei der propagierten Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Offenbar ist die Fähigkeit des Forstsektors, als immer stärkere Kohlenstoffsenke zu fungieren, aber doch nicht so groß wie erwartet – im Gegenteil.

Der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats für Waldpolitik beim Bundeslandwirtschaftsministerium, Prof. Jürgen Bauhus, stellte beim AGDW-Waldsymposium am Donnerstag in Berlin klar. „Die Ergebnisse der vierten Bundeswaldinventur (BWI4) haben gezeigt, dass die im Klimaschutzgesetz fixierten Ziele zur weiteren Erhöhung der Kohlenstoffvorräte im Wald kaum erreichbar sind und das Klimaschutzgesetz daher reformbedürftig ist.“

Seit 2018 Kohlenstoffsenke

Warum ist das so? Laut Bauhus zeigt die Bundeswaldinventur zwar durchaus positive Entwicklungen im deutschen Wald. Beispielsweise ist in den vergangenen Jahren der Anteil von Mischwäldern, Laubwald, Totholz und naturnahen Waldstrukturen gestiegen. Dennoch habe sich der Sektor seit dem Dürrejahr 2018 zu einer deutlichen Quelle von Treibhausgasen entwickelt. Allein 2023 habe der deutsche Wald daher rund 69 Mio. t Treibhausgasäquivalente emittiert.

Der Forstwissenschaftler verweist vor diesem Hintergrund darauf, dass die forstwirtschaftlichen klimaschutzmaßnahmen wie Einschlagstopps in alten Buchenwäldern, klimaangepasstes Waldmanagement, Aufforstung oder der Verzicht auf Holznutzung keinesfalls dazu ausreichen, um die Klimaschutzziele für das Jahr 2030 zu erfüllen. Auch die Maßnahmen im gesamten Landnutzungssektor, wie Moorvernässung oder Klimaschutz auf dem Acker, könnten dies nicht ausgleichen.

Erwartungen zu optimistisch

Ihm zufolge beruhen die bisherigen Klimaschutz-Projektionen für den Forstsektor auf zu optimistischen Annahmen. Um doch noch irgendwie an die THG-Einsparziele heranzukommen, müsste bis 2030 etwa 95 % des Zuwachses im Wald verbleiben, was nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen völlig unrealistisch wäre.

„Statt die weiterhin sehr hohen Kohlenstoffvorräte im Wald noch erhöhen zu wollen, ist es aus waldbaulicher und klimapolitischer Sicht angezeigt, dass wir uns auf die Anpassung der Wälder an eine ungewisse Zukunft konzentrieren“, erklärt Bauhus.

Wie reagieren?

Der Freiburger Wissenschaftler mahnt, die nachhaltige Waldbewirtschaftung zu sichern und dadurch die Klimaschutzpotenziale des Waldes nachhaltig zu nutzen. Bei der Bewertung der Klimaschutzleistung der Waldbewirtschaftung sollte man sich nicht auf die Speicherung von Kohlenstoff im Ökosystem und in Holzprodukten beschränken. „Stattdessen müssen auch die Auswirkungen der Holznutzung auf die Treibhausgasbilanz in anderen Sektoren (insbesondere Gebäude) und auf mögliche Leakage-Effekte, also die Verlagerung der Produktion in andere Länder, in eine Gesamtbetrachtung einbezogen werden“, rät Bauhus.

Die Schlussfolgerung aus diesen Entwicklungen ist, dass der bisherige Fokus auf die bloße Erhöhung der Kohlenstoffvorräte im Wald nicht reicht. Vielmehr müssen strategische Anpassungen in Richtung der Erhöhung der Resilienz und Vitalität der Wälder gemacht werden. Diese Anpassungen könnten die zukünftige Klimaschutzleistung stabilisieren und somit zum langfristigen Erhalt der ökologischen und klimatischen Funktionen der Wälder beitragen. Eine holistische Betrachtung, die sowohl die Ökosystemleistungen als auch die potenziellen sozioökonomischen Auswirkungen einbezieht, sei hierbei wesentlich.

AGDW-Präsident Bitter: Bund muss Forstwirtschaft stärken

Angesichts der ungeachtet dessen spürbaren Folgen der Klimakrise für die heimischen Wälder forderte der AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter forstpolitische Verlässlichkeit in der Förderpolitik des Bundes. „Klare inhaltliche Leitlinien im Koalitionsvertrag und eine hinreichende finanzielle Ausstattung, so durch das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaschutz, haben dafür eine entsprechende Grundlage geschaffen“, so Bitter auf dem Waldsymposium. Jetzt komme es darauf an, die angekündigten Maßnahmen zügig in die Praxis zu überführen. „Von einer Stärkung der Forstwirtschaft gehen positive Impulse auch für verwandte und nachgelagerte Branchen wie die Holz- und die Bauindustrie aus“, unterstrich der AGDW-Präsident mit Blick auf den wirtschaftlichen Stellenwert der Waldbewirtschaftung.

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