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Lässt sich Wintergerste noch gesund halten?

Lesezeit: 6 Minuten

Weil die Werkzeuge insbesondere gegen Ramularia schwinden, ist eine optimale Fungizidstrategie mittlerweile ein Muss. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Wirkstoff Folpet.

Die Strategie gegen Pilzkrankheiten in Gerste muss man in jedem Jahr neu überdenken. In der letzten Saison z.B. entwickelten sich Krankheiten bei kühl-feuchter Witterung im April/Mai zunächst nur zögerlich, nahmen dann aber gegen Ende Mai deutlich zu.

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Während in NRW der Zwergrost die dominante Krankheit und Ramularia weit verbreitet mit mittlerem Befall auftrat, war in den südlichen Bundesländern Ramularia wieder die mit Abstand wichtigste Krankheit. Die schwer kontrollierbaren Netzflecken kommen in den letzten Jahren nur mit ganz geringem Befall vor. Rhynchosporium findet in feuchten Jahren gute Infektionsbedingungen, sodass z.B. in NRW vorzugsweise in den Höhenlagen auf Einzelschlägen auch mehr Befall vorkam.

Um die Bekämpfungsmöglichkeiten der Krankheiten zu überprüfen, führen wir in jedem Jahr etliche Fungizidversuche durch. In 2021 konnten wir demnach besonders die Leistung der Fungizide auf Zwergrost und auch auf Ramularia testen. Daraus ergibt sich folgender Stand zur aktuellen Wirksamkeit der Fungizide:

Zwergrost ist nach wie vor sicher kontrollierbar

Von den insgesamt sieben Versuchen trat an einem Standort in Soest der Zwergrost in der Sorte Viola extrem stark auf. Kurz nach der Blüte war bereits starker Befall von ca. 17% Zwergrost zu bonitieren. Acht Tage später war der gesamte Blattapparat zerstört.

Dementsprechend ließen sich mit Fungiziden sehr hohe Mehrerträge erzielen, wie Übersicht 1 zeigt. Bei extremem Befall wirken Bontima, Balaya und Revytrex + Comet nicht ausreichend sicher. Erst eine Kombination aus Balaya plus Prothioconazol erreicht bessere Wirkungsgrade von 85%.

Unter einem derartigen Befallsdruck muss man selbst gegen Zwergrost eine Doppelanwendung einplanen. Mit einer Vorlage von 0,6 l/ha Orius oder 0,3 l/ha Unix + 0,3 l/ha Pecari (breitere Wirkung) und einer Abschlussbehandlung mit Balaya lassen sich Wirkungsgrade von über 90% mit sehr hohen Mehrerträgen von fast 32 dt/ha erreichen.

Zwischenfazit: Zwergrost ist in Wintergerste nach wie vor sicher und nachhaltig zu kontrollieren. Die Intensität sollte sich am Befallsdruck orientieren. In Situationen mit Starkbefall ist es wichtig, dass nur die wirksamsten Kombinationen zum Einsatz kommen.

Ramularia – gibt’s Alternativen zum CHlorthalonil?

An vier Standorten konnten wir auch die Leistung der Fungizide auf Ramularia überprüfen. Gegen diesen Pilz sind die Bekämpfungsmöglichkeiten nach dem Verlust von Chlorthalonil deutlich eingeschränkt. Daher suchen wir nach Alternativlösungen.

Die momentanen Bekämpfungsmöglichkeiten sind in Übersicht 2 auf Seite 82 dargestellt. Die hohen Mehrerträge der verschiedenen Prüfvarianten resultieren aus der Kontrolle des Zwergrostes, der auch in fünf Versuchen mit relativ hohem Befall auftrat. Mit fast 40% Befall hat Ramularia aber ebenfalls einen Anteil an den Ertragsverlusten.

Die Bewertung der Fungizide sollte sich vorzugsweise an den erreichten Wirkungsgraden bemessen. Bei Bontima zeigt sich mit nur noch 40% der enorme Wirkungsverlust der Carboxamide. Als diese Wirkstoffgruppe eingeführt wurde, erreichte Bontima Wirkungsgrade von 90% gegen Ramularia. Heute kann man nur noch eine Restwirkung von den Carboxamiden erwarten.

Daher sind nun Revysol und Prothioconazol die Basiswirkstoffe zur Kontrolle von Ramularia. Balaya, das 125 g/ha Revysol enthält, brachte mit 58% eine brauchbare Ramulariawirkung. Ergänzt mit einem Carboxamid zeigt die Kombi aus Revytrex + Comet leicht bessere Leistungen. Allerdings lassen sich die sehr guten Wirkungsgrade aus den Vorjahren von oft über 70% nicht mehr realisieren. Ob dieser Wirkungsverlust ein spezieller Jahreseffekt ist oder auf eine schleichende Minderwirkung zurückzuführen ist, kann man momentan nicht sicher beurteilen.

Auch Prothioconazol hat über die Jahre, beginnend ab 2014, enorm an Leistung verloren. Hierfür sind verschiedene Mutationen verantwortlich, wobei heute auch Doppelmutanten vorkommen. Auf diese reagiert Prothioconazol nur noch mit sehr geringer Wirksamkeit. Insgesamt zeigt sich in unseren Versuchen allerdings auch eine gewisse Stabilisierung, sodass man heute eine mittlere Wirkung erwarten darf. Die Kombination aus Balaya + Prothioconazol brachte nochmals leicht höhere Wirkungsgrade und die höchsten Mehrerträge.

Seit mittlerweile vier Jahren überprüfen wir den Zusatznutzen von Folpan 500 SC zur Kontrolle von Ramularia. Im direkten Vergleich zeigte die Kombi aus Bontima + Folpan eine um 13% bessere Wirksamkeit als Bontima im Soloeinsatz. Mit der Kombi aus 150 g/ha Prothioconazol + Folpan wurde dagegen eine leicht schlechtere Wirkung auf Ramularia erzielt. Durch die um fast 10% höhere Wirksamkeit auf Zwergrost war aber die Ertragsleistung um knapp 2 dt/ha besser als die vom Balaya. Ascra Xpro + Folpan brachte im Durchschnitt der sieben Versuche die höchsten Wirkungsgrade und den höchsten Mehrertrag.

Die zusammengefassten Ergebnisse zur Leistung von Folpan aus 11 Versuchen in den Jahren von 2018 bis 2021 zeigt Übersicht 3 auf Seite 82. Verglichen wurde die Wirkung verschiedener Fungizide im Soloeinsatz mit einer Ergänzung von 1,5 l/ha Folpan 500 SC. Ramularia trat in den Versuchen mit 40% Befall im Stadium EC 78 bis 80 auf.

Das jeweilige Fungizid (meistens Carboxamidkombinationen) erreichte Wirkungsgrade von 50% mit einem Mehrertrag von 7,33 dt/ha. Durch die Aufmischung mit 1,5 l/ha Folpan ließ sich die Ramulariawirkung um 17% verbessern mit einem Mehrertrag von 1,4 dt/ha. Unter bayerischen Verhältnissen mit höherem Ramulariadruck sind vergleichbare Wirkungsgrade, aber höhere Mehrerträge durch die Zumischung von Folpan möglich.

Zwischenfazit: Leider ist Folpan 500 SC damit keine vergleichbare Alternative zum Chlorthalonil. Besonders in Situationen mit Starkbefall können Mindererträge nicht immer verhindert werden. Trotzdem wäre eine Zulassung wünschenswert, um nachhaltig ohne Resistenzgefahr in Kombination mit den beiden besten Azolen Ramularia optimal kontrollieren zu können.

Was leistet Schwefel gegen Ramularia?

Als mögliche Alternative haben wir über die Jahre auch Schwefelprodukte in Kombination mit Fungiziden überprüft (siehe Übersicht 4). Auch hier erfolgte ein direkter Vergleich von „Fungizid Solo“ zur „Fungizidkombination mit Schwefel“. Als Schwefelprodukt kam in 2018 Netzschwefel mit 4,0 kg je ha zum Einsatz und danach nur noch flüssige Produkte wie z.B. Thiopron mit 4,0 bis 5,0 l/ha.

Die Ergebnisse: Die Auswertung zeigte eine verbesserte Wirksamkeit von 7% und einen Mehrertrag von 1,16 dt je ha. Interessanterweise ist nahezu immer mit einem Mehrertrag zu rechnen. In der Regel korreliert dieser mit rund 15% höheren Mehrerträgen auch durch die Nährstoffwirkung der Schwefelgabe.

Allerdings ist die Zumischung von Schwefel nicht immer problemlos – allein schon wegen der enormen Produktmengen. Zudem ist Schwefel momentan nicht gerade preiswert. Für das gleiche Geld ist die Zumischung von 125 g/ha Prothioconazol oft sinnvoller. Längerfristig kann das Thema Schwefel mit fungizider Wirkung im Getreide aber an Bedeutung gewinnen – auch unter dem Aspekt Resistenzmanagement.

Gibt‘s was Neues zu Netzflecken und Co.?

Zur Kontrolle von Netzflecken konnten wir keine neuen Erkenntnisse sammeln, da diese kaum vorgekommen sind. Prothioconazol, Cyprodinil und Pyraclostrobin sind momentan die wichtigsten Wirkstoffe. Um eine nachhaltige Wirksamkeit zu sichern, ist es essenziell, ein konsequentes Wirkstoffmanagement zu verfolgen. Wegen der eingeschränkten Möglichkeiten der Ramulariakontrolle ist das aber nicht immer einzuhalten.

Hinweis: Generell ist es wichtig, wenig anfällige Sorten anzubauen. Zumindest lässt sich so die Problematik bei den Netzflecken entschärfen. Mittlerweile wird zwar auch die Anfälligkeit auf Ramularia bewertet, allerdings sind die Unterschiede zwischen den Sorten nur gering. Insgesamt sind aber vierzeilige Sorten geringer anfällig als zweizeilige.

Letztendlich sollten Sie Behandlungsentscheidungen nur auf der Grundlage von Feldkontrollen im Zusammenspiel mit der erwarteten Witterung und den jeweiligen Sortentoleranzen treffen.

Unser Autor

Hermann Hanhart, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen

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