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Das Herz zwischen zwei Höfen

Lesezeit: 7 Minuten

Sie hat einen Hof, er hat einen Hof. Was tun, wenn die Entscheidung für eine gemeinsame Zukunft eine Entscheidung für oder gegen einen Betrieb erfordert?


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Sie haben sich während des Studiums kennengelernt, sich verliebt und eine tolle Zeit zusammen verbracht. Sie passen gut zusammen, möchten ihre Zukunft gemeinsam verbringen – wenn es da nicht ein Problem gäbe. Beide haben einen Hof zu Hause, wollen diesen als Hofnachfolger übernehmen und bewirtschaften. Zwischen den beiden Betrieben liegen 200 km, zu weit um täglich zu pendeln und zu kompliziert, um eine Fernbeziehung zu führen. Was tun also?


Gerade in Studiengängen wie Agrarwissenschaften, an Landwirtschafts- oder Technikerschulen kommt es immer wieder vor, dass sich zwei potenzielle Hofnachfolger finden. Eine Partnerschaft zwischen zwei Höfen, die viele Gespräche und Entscheidungen mit sich bringt. Für einen Hof, gegen einen Hof oder für beide Höfe. Einfach ist diese Entscheidung meist für niemanden.


Von den Schweinen zum Obst:

So war es auch bei Miriam Hecht und Nico Knapp. Die 25-Jährige hat ihren Freund direkt im ersten Semester an der Universität Hohenheim kennengelernt. Ihr elterlicher Betrieb liegt im Kreis Biberach, sein elterlicher Betrieb in Obersulm im Heilbronner Land. Dazwischen liegen 200 km.


Vor einem Jahr hat Nico den elterlichen Betrieb übernommen und ist in einen benachbarten Betrieb mit eingestiegen. Er managt jetzt Weinbau, Ackerbau und Obstbau zusammen mit seinen Eltern, die in Teilzeit aktiv sind, und dem benachbarten Betriebsleiter, von dem er einen Betriebszweig übernommen hat. Und zusammen mit Miriam, denn sie hat sich ebenfalls dazu entschieden, in den Betrieb mit einzusteigen und den elterlichen Hof vorerst hinter sich zu lassen.


„Es war Nico wichtig, dass ich zu ihm auf den Hof ziehe. Und auch ich wollte einen gemeinsamen Alltag mit ihm“, sagt sie. „Deshalb musste ich die Entscheidung treffen, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt zunächst nicht in den Betrieb meiner Eltern mit einsteige.“


Gemeinsam mit ihrem Freund hat sie stattdessen in den Betrieb in Obersulm investiert und in diesem eine Annahmestelle für Bio-Mostobst eingerichtet. Eine Bodenwaage und ein Annahmehäuschen sind aktuell ihr Arbeitsplatz. „Die Mostobstannahme ist mein Betriebszweig. Diesen organisiere und verantworte ich. Und das hat mir auch geholfen, hier meinen Platz zu finden“, erklärt Miriam Hecht. Denn am Anfang war das gar nicht so leicht für sie. „Mir haben die Schweine so sehr gefehlt. Zwar fehlen mir die Tiere noch immer, doch nun bin ich stolz auf das, was ich hier geschaffen habe.“


Wer weiß, was kommt?

Seit einem knappen Jahr lebt die 25-Jährige jetzt bei ihrem Freund in Obersulm. Ganz kann sie sich aber dennoch nicht vom elterlichen Betrieb lösen. Dafür hängt sie zu sehr am Familienbetrieb, ihren Eltern und ihrem bisherigen Umfeld.


Ob einer ihrer beiden Geschwister den Hof übernimmt, ist eher fraglich. Sowohl ihre Schwester als auch ihr Bruder orientieren sich beruflich aktuell anders. Ihre Schwester hat sich mit ihrem eigenen „Spanferkel-to-go“-Verkaufswagen selbstständig gemacht, ihr Bruder studiert Wirtschaftswissenschaften.


„Ich habe mich lange als die potenzielle Hofnachfolgerin gesehen“, sagt Miriam Hecht. „Aber mit der Entscheidung zu Nico zu ziehen, habe ich von diesem Gedanken Abstand genommen. Dennoch weiß ich nicht, wie ich mich entscheide, wenn meine Eltern irgendwann aufhören und meine Geschwister nicht einsteigen.“ Alle zwei bis drei Wochen fährt sie „nach Hause“ nach Biberach, um dort im Betrieb zu helfen und wieder ein bisschen Stallluft zu schnuppern.


Die gemeinsame Entscheidung:

Die Entscheidung, die Miriam Hecht und Nico Knapp für die aktuelle Lebensphase getroffen haben, passt für beide. Darüber, was in fünf Jahren an weiteren betrieblichen Entscheidungen anstehen wird, wollen sie sich aktuell noch keinen Kopf zerbrechen. Eine Lösung, die für die beiden jungen Betriebsleiter und für beide Höfe zufriedenstellend ist, werden sie finden – da sind sie überzeugt.


„So schwer es für uns auch ist, Entscheidungen für oder gegen einen Hof oder einzelne Betriebszweige zu treffen, dürfen wir nicht vergessen, dass es ein Privileg ist, sich zwischen zwei Betrieben entscheiden zu können“, sagt Miriam Hecht. „Eigentlich sind wir in einer wirklich glücklichen Situation.


Zwischen Höfen und Familie:

Mit dem Herz beim jeweils eigenen Betrieb sind Christine Löb und ihr Mann Bernd Röll-Bieber. Beide bewirtschaften einen eigenen Hof, jeder für sich. „Ich bin Kuhfrau aus Leidenschaft, mein Mann ist leidenschaftlicher Ackerbauer“, sagt Christine Löb.


Zusammen mit ihrem Mann und den drei Kindern lebt die 36-Jährige auf dem Hof ihres Mannes in Innerortslage in Prichsenstadt im unterfränkischen Landkreis Kitzingen. Ihr elterlicher Betrieb mit Milchviehhaltung, 250 ha Ackerbau und einer Biogasanlage liegt fünf Kilometer entfernt. „Den Ackerbau und die Biogasanlage macht noch mein Vater, beim Milchvieh bin ich die Betriebsleiterin“, sagt Christine Löb. „Meinem Mann war beim Kennenlernen schnell klar, dass es mich nur mit Kühen gibt.“ Und so kam es, dass in der Familie zwei voneinander unabhängige Höfe bewirtschaftet werden.


Als sich Bernd Röll-Bieber und Christine Löb kennenlernten, hatte sie die 100 Milchkühe schon als ihren Betriebs- zweig übernommen. Und auch Bernd Röll-Bieber bewirtschaftete einen Ackerbaubetrieb. Ein Versuch, dass ihr Mann in die Bewirtschaftung von Ackerbau und Biogasanlage ihres elterlichen Betriebs mit einsteigt, scheiterte vor einigen Jahren schnell. Stattdessen stellte er seinen Betrieb vor drei Jahren auf Bio um und bewirtschaftet die Fläche von 120 ha nun alleine.


Dass sowohl ihr Mann als auch sie selbst einen eigenen Betrieb bewirtschaften, bringt Vor- und Nachteile, sagt Christine Löb. „Wenn Not am Mann ist, dann können wir uns gegenseitig helfen. Allerdings ist das nicht der Regelfall. Wir organisieren uns eigentlich schon jeweils selbst.“ Aktuell funktioniert das noch einigermaßen, denn die 36-Jährige hat bisher nur die Verantwortung für den Stall, ist morgens und abends beim Melken, während ihr Mann zu Hause die Kinder betreut.


Organisation ist alles!

Die Organsiation der Arbeit und des Familienlebens stellt die Landwirtin vor viel größere Herausforderungen, als die Tatsache, dass beide Partner einen eigenen Hof haben. „Ich bin zu den Stoßzeiten zum Frühstück und am Nachmittag nicht zu Hause, weil ich im Stall stehe“, sagt sie. „Unsere Kinder sind jetzt 6, 8 und 10 Jahre alt und schon relativ selbstständig, aber dennoch müssen Bernd und ich uns immer abwechseln.“


Wenn Christine Löb dann Feierabend macht, rückt ihr Mann nicht selten noch mit dem Grubber oder der Sämaschine aus. „Ihm macht es nichts aus, abends lange zu arbeiten“, sagt die 36-Jährige. „Wenn ich morgens um halb sechs im Stall sein muss, dann kann ich abends nicht so lange arbeiten.“


Einzig und alleine die räumliche Nähe der beiden Betriebsstätten ermöglicht es, dass beide Partner an ihren Betrieben festhalten können. „Wären unsere Höfe weiter auseinander, dann hätten wir uns sicherlich entscheiden müssen, welchen Hof wir bewirtschaften und wo wir zusammen leben wollen“, sagt Christine Löb. „Dass ich nicht bei den Tieren wohne, ist jetzt schon etwas knifflig.“ Denn so muss sie immer fahren, wenn etwas ist. Das macht genaue Absprachen und eine gute Organisation notwendig. Ein Problem sieht sie darin aber nicht, konkrete Terminplanung per WhatsApp, beispielsweise mit dem Tierarzt, macht es möglich.


„Es ist eigentlich auch total schön, dass mein Mann und ich beide einen Hof haben. Denn wir verstehen uns, wir können uns austauschen und haben gerade wie in diesem Jahr die gleichen Probleme“, sagt sie. „Und wenn man mal ganz ehrlich ist: Ob wir nun beide unseren eigenen landwirtschaftlichen Betrieb haben oder beide Vollzeit in verschiedenen Berufen arbeiten – wo ist da der Unterschied?“


Kontakt: anja.rose@topagrar.com

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