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Die ungleichenBrüder

Lesezeit: 6 Minuten

Manfred und Andreas Elsen lieben große Maschinen. Sie lebenund arbeiten beide dort, wo sie aufgewachsen sind: Auf dem elterlichen Hof in Bleialf, Rheinland-Pfalz. Was die Männer verbindet und was sie trennt.


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Es ist später Nachmittag. Andreas pflügt für einen Kunden. Das Wetter passt, rein theoretisch könnte er noch fünf bis sechs Stunden Furchen ziehen. Der sportliche, hoch gewachsene Landwirt und Lohnunternehmer greift zum Telefon. „Hey! Machst Du den Stall?“


Als es bei Manfred klingelt, sitzt der Ingenieur an einem Auftrag für die Reifenindustrie. Gestern hat er neue Ideen für Düngertechnik zu Papier gebracht, davor eigenhändig einen Schlepper zum Forstgerät umgebaut. Auf zwei großen Displays sind mehrere Zeichnungs- und Konstruktionsprogramme geöffnet. „Jo, mach’ ich“, spricht er gelassen in sein altertümliches Klapp-Handy. Das Füttern ist eine willkommene Abwechslung.


So oder ähnlich spielt es sich in der Saison auf dem Hof von Familie Elsen regelmäßig ab. Die beiden Brüder stehen füreinander ein, ihre gegenseitige Hilfe funktioniert auf Zuruf. Einmal profitiert dabei der Landwirt vom Ingenieur, ein anderes Mal der Ingenieur vom Landwirt.


Denn Manfred Elsen hat auf dem elterlichen Hof, den sein Bruder Andreas führt, nicht nur ein Büro eingerichtet. Auch seine Werkstatt mit diversen Spezialmaschinen zum Bearbeiten und Schneiden von Metall befindet sich auf der Hofstelle. Im Notfall wird hier auch einmal fix der Mähdrescher repariert. Die „Symbiose“ der eher ungleichen Brüder ist heute fast fünf Jahre alt.


Zwei Charaktere, zwei Wege:

An ein derart enges Zusammenleben war in der Teenagerzeit nicht zu denken. „Zwischen uns hat es damals ständig geknirscht. Wenn Manfred einfach nur Futter ranschieben sollte, blieb er stehen und überlegte, welches Gerät man dafür konstruieren könnte. Mich hat das rasend gemacht“, sagt Andreas – der Erstgeborene, der Bodenständige, der Pragmatiker. Er mag moderne Melktechnik, Smartphones, Helene-Fischer-Songs und Skifahren. Zusammen mit seiner Ehefrau Susanne (33) und drei Kindern lebt er in einem neu gebauten Haus auf der Hofstelle in Dorflage. Landwirt zu werden, stand für den 36-Jährigen bereits als Jugendlicher fest.


Das kernsanierte, frühere Haupthaus des Betriebs – dem Neubau gleich gegenüber – bewohnt Manfred mit den Eltern, Lothar (62) und Marita Elsen (62). Jede Partei hat eine eigene Küche, einen separaten Haushalt und Tagesrhythmus.


Manfred wünscht es sich anders, doch aktuell geht er ohne Partnerin durchs Leben. Die Vorstellung, allein in einer Großstadt zu wohnen, ist ihm ein Graus. Eingebettet in der Familie und einem jungen, unternehmungslustigen Freundeskreis fühlt sich der Single im Heimatort Bleialf mit knapp 1100 Einwohnern wohl. „Viele Studienfreunde sind nach dem Abschluss ins Ausland gegangen. Ich bin da anders, ich mag einfach die Provinz“, resümiert der 33-Jährige. „Anfangs war ich bei einem Ingenieurbüro hier in der Nähe angestellt, das war sehr gut. Doch jetzt kann ich sogar mein eigener Chef sein.“


Um einen Mangel an Aufträgen muss sich der Jungunternehmer denn auch nicht sorgen. Er unterhält eine Homepage, gezielte Werbung macht er für seinen Ein-Mann-Betrieb nicht. „Die Mund-zu-Mund-Propaganda reicht völlig aus“, sagt er gelassen.


Manfred Elsen konstruiert für Privatpersonen und Konzerne. Kleinere Prototypen baut er selbst, größere Systeme fertigen Spezialbetriebe für ihn oder die Auftraggeber an. Manche Projekte sind schnell erledigt, andere ziehen sich hin, weil die Produktion aufwendig ist. So verarbeiten z.B. nur einzelne Firmen in Deutschland bzw. Europa besondere Metalle. Um Fertigungsprozesse zu betreuen, reist der Ingenieur daher gelegentlich nach Tschechien oder England. „Der Moment, in dem eine Maschine das erste Mal anläuft, ist großartig“, sagt Manfred – der Denker, der Erfinder und Optimierer. Dabei leuchten seine großen braunen Augen. Der Zweitgeborene gerät ins Schwärmen, wenn er Zeichnungen und Skizzen erklärt.


Manpower statt Miete:

Moderne Medien aber gefallen ihm nicht, das Internet und Facebook nutzt er nur beruflich. Urlaubspläne – wenn überhaupt – schmiedet er für einen Outdoor-Trip durch Schweden. Manfred wirkt stiller als Andreas. Genauso passioniert aber scheint weiterhin das Herz eines Bauernkindes in seiner Brust zu schlagen: „Im Mai halte ich mir den Termin-kalender frei. Bei schönstem Wetter im Büro zu sitzen, während Andreas und mein Vater Mais legen und Gras silieren, das kann ich nicht. Da spring’ ich auf den Trecker und bin mittendrin!“


Andreas wiederum ist mehr als froh über diese Rückendeckung, sei es die geplante Mithilfe, die Urlaubsvertretung oder eben auch das Füttern, das Manfred spontan übernimmt. Einen Lehrling oder festen Mitarbeiter hat der Landwirt nicht. Seine Haltung zu den technischen „Träumereien“ des Bruders hat er verändert: „Früher hatte ich wenig Verständnis für Manfreds Arbeit, vielleicht auch wenig Vorstellungskraft, wie viel technisch überhaupt möglich ist. Was er macht, hat Hand und Fuß. Außerdem will er immer noch ein bisschen besser als Andere sein.“


Wenn der Milchviehhalter auf die eigene Arbeitsmoral zu sprechen kommt, zeigen sich starke Parallelen. Extrem ehrgeizig und gewissenhaft sind die Brüder beide. Erzählt „der Bauer“ dann begeistert von den Sommermonaten, in denen es draußen „so richtig brummt“, strahlen auch seine ebenfalls markant braunen Elsen-Augen.


Die berufliche Zufriedenheit indes ist ein empfindliches Thema. „Der Milchpreis reibt uns auf! Früher hab ich zwei-drei Wochen für Kunden gearbeitet und wusste: Jetzt kann ich mir ’nen Kipper leisten, ich hab’ Geld verdient! Heute stopfe ich mit den Lohnarbeiten das Loch“, sagt er laut und bestimmt.


Einander Freiräume lassen:

Umso wichtiger ist es für die gesamte Familie, eng zusammenzustehen. Auch Renate (30), Andreas’ und Manfreds Schwester, die auf einem Hof im Nachbarkreis lebt, ist oft mit ihren Zwillingen vor Ort. Hin und wieder startet der gesamte Familien-Clan zum Sonntagsausflug.


Was aber macht das Miteinander der Charaktere stimmig? Längst nicht jeder Geschwister-Konstellation gelingt das Zusammenleben auf engem Raum. Bei den Elsen-Brüdern klappt es, weil sich die beiden lassen, wie sie sind: individuell, sehr verschieden. Sie teilen als Hobby die Feuerwehr und als Lebensort die Hofstelle. Doch den Alltag meistert jeder zuerst für sich. Reingard Bröcker

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