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Druck auf Blase und Seele

Lesezeit: 8 Minuten

Die Blase spielt nicht mit. Und das ist ein echtes Problem. Die Spannbreite der Inkontinenz reicht von einigen Tropfen, die beim Sport daneben gehen, bis zu starkem Harndrang, der mehrmals stündlich auftritt.


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Die Inkontinenz ist dabei nur ein Teil der Beckenbodenprobleme und streng genommen keine Krankheit, sondern ein Symptom. Vor allem Frauen sind betroffen und nicht selten im Alltag so eingeschränkt, dass sie unbequeme Eigenmaßnahmen ergreifen, um den Harnverlust in den Griff zu bekommen. Doch weniger trinken, unangeleitete Gymnastikübungen oder die Selbstbehandlung mit frei verkäuflichen Arzneien haben nur selten einen positiven Effekt. Ganz im Gegenteil: Falsches Training, bei dem sich keine Besserung einstellt, ist frustrierend und zeitraubend.


Dabei ist das verstaubte Bild von langweiligen Beinübungen auf Gymnastikbällen längst überholt. „Den Beckenboden bewusst wahrnehmen und bei der Gartenarbeit, im Hofalltag und bei der Hausarbeit spüren und trainieren“, so lautet der moderne Ansatz.Kontakt:


katharina.meusener@topagrar.com


Wer wird inkontinent?


Inkontinenz ist kein Thema, das sich nur auf Frauen nach der Geburt beschränkt. Auch mit Anfang zwanzig kann es schwer sein, den Urin zu halten, wenn man lacht oder auf einem Trampolin springt. Rein statistisch trifft es Männer seltener und eher im gehobenen Alter. Der Kontrollverlust hängt bei ihnen meist mit Veränderungen der Prostata oder einer Demenz zusammen.


Auch einige Medikamente, Erkrankungen wie Diabetes und Operationen im Becken können die Kontinenz beeinträchtigen.


Die häufigste Form der Harninkontinenz ist die Belastungsinkontinenz. Gemeint ist Harnverlust beim Heben, lautem Sprechen und anderen Situationen, in denen sich der Druck im Bauchraum erhöht. Ursachen sind z.B. eine Gebärmuttersenkung, schwaches Bindegewebe oder eine untrainierte Muskulatur im Beckenboden. Diesem Großteil der Beschwerden wird man meist mit Beckenbodenübungen wieder Herr. „Da muss sich niemand schämen“, sagt auch Susanne Schwärzler (Reportage Seite 125). Die Demeter-Bäuerin trainiert seit 27 Jahren mit Frauen und Männern den Beckenboden. Vermehrt treten die Probleme natürlich nach einer starken Belastung wie der Geburt eines Kindes oder einer großen OP im Bauchraum auf.


Wichtig ist der Expertin: „Ich schaue mir immer die ganze Person an, auch ihr Lebensumfeld. Oft hilft schon eine Änderung der Haltung, z.B. beim Schieben des Kinderwagens, auf dem Bürostuhl oder im Melkstand. Unterstützend wirken dann Übungen, um die Blase in den Griff zu bekommen.“ Daneben muss das Training auch immer zum Ist-Zustand des Beckenbodens passen. „Wer seine Muskulatur dauerhaft überbeansprucht, um zügig Ergebnisse zu erzielen, kann die Blasenschwäche sogar verschlimmern“, erklärt sie.


Wann ist es ein Problem?


Soll man jetzt den Arzt aufsuchen, nur weil sich beim Niesen zwei Tröpfchen Urin lösen? Eine richtige Empfehlung kann dazu leider kein Experte geben. Sobald sich die unangenehmen Situationen aber häufen und man sich im Alltag eingeschränkt fühlt und zum Beispiel aus Scham die Sportgruppe absagt, ist es spätestens ratsam.


Wie oft und viel ist normal?

Eins ist klar: Weniger zu trinken ist keine Option. Der Flüssigkeitsmangel schadet dem Körper sonst zunehmend. Etwa drei Liter Wasser braucht unser Organismus am Tag. Prof. Reisenauer empfiehlt, 1,5 bis 2 Liter davon zu trinken. Die übrigen 1,5 Liter nehmen wir über das Essen, z.B. in der Soße und im Gemüse, auf.


Die Harnblase selbst hat ein Fassungsvermögen von ca. 250 bis 700 ml. Entsprechend schätzt die Expertin bis zu acht Toilettengänge täglich mit jeweils ca. 300 ml Urin als normal ein. Die übrige Flüssigkeit gibt unser Körper zum Beispiel im Stuhl, als Schweiß über die Haut oder durch die Atmung wieder ab.


Hat man hingegen nicht nur bei Belastungen wie Heben oder Stress Probleme mit der Blase, sondern muss wie aus dem Nichts ganz plötzlich und so dringend, dass man den Weg bis ins Bad evtl. nicht mehr schafft zur Toilette, spricht man von der sogenannten Dranginkontinenz. Als reine Form tritt sie eher selten auf. Etwas häufiger kommt sie gleichzeitig mit der Belastungsinkontinenz – mal mehr, mal weniger – stark ausgeprägt vor.


Wichtig: Beckenbodentraining hilft nicht gegen die Symptome der reinen Dranginkontinenz. Hier liegt es am Arzt, gemeinsam mit dem Patienten die richtige Behandlungsmethode zu finden.


So behandelt der Arzt


Die Auswahl an Behandlungsmethoden ist heute so groß, wie die Ursachen der Inkontinenz vielfältig sind. Wer beim nächstgelegenen Gynäkologen oder seinem Hausarzt jedoch keine gute Beratung erfährt, hat kaum Hoffnung auf eine echte Verbesserung der Symptome. Geschulte Ansprechpartner sowie Kontinenz- und Beckenbodenzentren finden Sie auf der Homepage der Deutschen Kontinenz Gesellschaft.


Der Arzt fragt in der Regel in einem persönlichen Gespräch zunächst genauer nach, z.B. wann die Probleme auftreten, seit wann sie andauern und wie schwer sie sind. Auch Fragen zur Krankheitsgeschichte, zurückliegenden Geburten und zur Sexualität gehören zur Anamnese. Darauf folgt meist eine körperliche Untersuchung und z.B. ein Ultraschall von Nieren und Blase. Auch ein Urintest und ein Trink- und Toilettenprotokoll helfen dem Arzt ggf. dabei, die Ursache der Inkontinenz zu finden. Wichtig ist es zu unterscheiden: Sind die Probleme die Folge eines schwachen Beckenbodens oder entstehen sie aufgrund des Nervensystems?


Zahlreiche Methoden:

Neben dem Beckenbodentraining wirken Methoden des sog. Biofeedback und der Elektro- oder Magnetfeldstimulation unterstützend, um den Beckenboden zu aktivieren. Ein angeleitetes Toilettentraining hilft, die Abstände zwischen den WC-Gängen zu verlängern. Medikamente kommen dann zum Einsatz, wenn die Inkontinenz durch Störungen im Nervensystem ausgelöst wird. In schweren Fällen kann auch ein Blasenschrittmacher Linderung verschaffen.


Im Griff: Was hilft im Alltag?


Um der Inkontinenz im Alltag zu begegnen, gibt es zahlreiche Hilfsmittel. Was gut funktioniert, ist von Fall zu Fall verschieden.


  • Einlagen und andere aufsaugende Produkte unterteilen sich in sogenannte Inkontinenzgrade von eins bis drei (1 = 50 bis 100 ml; 2 = 100 bis 250 ml; 3 = mehr als 250 ml). Dabei ist immer ausschlaggebend, wie viel Urin ein Patient je Attacke verliert.
  • Vaginaltampons können die Harnröhre von der Scheide aus stützen, den Schließmuskel kräftigen und so die Belastungsinkontinenz beheben. Im Gegensatz zu normalen Tampons haben sie kein Aufsaugevermögen und eine weichere Struktur.
  • Einen ähnlichen Effekt haben sogenannte Pessare. Sie sind in unterschiedlichen Formen erhältlich (Schale, Ring und Würfel). Ein Pessar wirkt zum Beispiel Organsenkungen entgegen. Einige Pessare kommen beispielsweise kurz-zeitig nach der Geburt zum Einsatz.
  • Neben aufsaugenden Hilfsmitteln helfen ableitende Produkte wie Katheter und für Männer z.B. Kondom-Urinale dabei, den Alltag zu erleichtern.
  • Daneben kann man die Muskulatur mit Gewichten trainieren, die man wie einen Tampon einsetzt. Wichtig: Mit kurzen Intervallen und leichtem Gewicht beginnen und langsam steigern.


Kopfsache: Ist das peinlich!


Hand aufs Herz, wer kann schon ein unbeschwertes Leben führen, wenn er ständig Angst hat, unangenehm zu riechen? Inkontinenz nehmen die meisten Betroffenen als Schwäche und Kontrollverlust wahr. Das Problem ist tief greifend, nicht selten leiden auch Sexualität, Partnerschaft und der Freundeskreis darunter. Wer dann auch Ausflügen und Dorffesten fernbleibt – aus Angst sich zu blamieren, wenn man zum Beispiel bei einem Scherz laut lachen muss – gerät irgendwann in eine Abwärtsspirale aus Scham und Verzweiflung.


Niemand ist absichtlich inkontinent. Selbst schwere Formen lassen sich heute meist so weit behandeln, dass ein nahezu beschwerdefreies Leben möglich ist. Hilfe bieten zum Beispiel Selbsthilfegruppen und auch Onlineforen, in denen man anonym und offen sprechen und sich über Behandlungsmethoden austauschen kann. Infos gibt es unter www.kontinenz-gesellschaft.de


Experten: Hilfe vom Fach


Klar, es ist einfacher, sich ein Buch oder eine DVD zu kaufen und bei geschlossenen Vorhängen einige Beckenbodenübungen „auf gut Glück“ auszuprobieren. Für echte Hilfe ist der Besuch beim Arzt aber unerlässlich. Denn vor der Behandlung ist die Ursache der Inkontinenz zu klären. Gibt es Organsenkungen? Handelt es sich um eine Drang- oder Belastungsinkontinenz? Der Arzt kann die Behandlung koordinieren und entscheidet, ob eine medikamentöse Therapie sinnvoll oder unnötig ist. Ein Trainer wählt dann die richtigen Übungen für das Beckenbodentraining aus. „Das kann auch mal eine Entlastungsübung sein“, weiß Susanne Schwärzler. Meist ist es mit wenigen Sitzungen getan. „Sobald man gelernt hat, die Übungen richtig umzusetzen, heißt es nur dran bleiben und das Bewusstsein für den Beckenboden in den eigenen Alltag integrieren“, erklärt die Trainerin.

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