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Aus dem Heft

Heute schon gelobt?

Lesezeit: 9 Minuten

Loben Sie gern? Wie bringen Sie Ihre Kritik rüber? Beide Formen der Rückmeldungmachen das Miteinander auf dem Hof lebendig und lassen eine Persönlichkeit wachsen,erläutert die Mediatorin und frühere Kammerreferentin Dr. Silvia Riehl, Ganderkesee.


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Das Auto der Senioren rollt auf den Hof, der Kurzurlaub ist vorbei. Müde, aber stolz winkt der Junior aus der Werkstatt. Er hat sich voll reingekniet, kaum geschlafen, sogar den Handwerkern im neuen Stall geholfen. Auch das Abferkeln hat super geklappt. „Die Steine liegen immer noch hier rum. Wieso hast Du die nicht weggebracht? Nie kriegst Du was fertig, immer dasselbe!“, tönt es vom Senior, bevor die Wagentür ins Schloss fällt. Der Junior läuft rot an. Wenige Sekunden später debattieren beide lautstark.


Solche oder ähnliche Situationen kennen Sie: Anerkennung, die ich unbedingt erwartet hatte, bleibt aus. Mein Gesprächspartner formuliert eine kritische Äußerung barsch und überzogen. Ich fühle mich davon überfahren. Oder: Der andere redet gar nicht. Schweigen tritt an die Stelle eines offenen Dialogs.


Richtig überbringen!

Das Dilemma ist: Oft bringen wir Kritik als Beanstandung hervor. Unsere Worte kommen verletzend bei unserem Gegenüber an. Positive Aspekte einer Situation fehlen gänzlich – wir sehen oder erwähnen sie nicht. So bekommt Kritik einen bitteren Unterton, viele fürchten sich sogar davor.


Ursprünglich bedeutet der Begriff Kritik „beurteilen“, aber auch „unterscheiden“. Kriterien sind damit „Unterscheidungsmerkmale“ – sie umfassen positive und negative Aspekte zugleich. Wichtig: Einen Menschen zu loben, ist somit auch ein Teilaspekt der Kritik, und zwar ein sehr bedeutsamer.


Die Fähigkeit zu kritisieren und Kritik zu empfangen, ist die Basis dafür, dass sich ein Team gut entwickelt und Probleme löst. Vor allem dient sie aber dazu, die eigene Persönlichkeit zu reflektieren und zu schärfen.


Kritik und Lob – sie begegnen uns in allen Lebenslagen und wollen gelernt sein – egal, ob es sich um berufliche Zusammenhänge (Chef/Mitarbeiter, Kollegen), um die freundschaftliche Ebene (Freund/Freundin, Kumpel, Clique) oder die Familie (Mann/Frau, Eltern/Kinder, Bruder/Schwester) handelt. Damit Kritik wirklich konstruktiv ist, d.h. ein Problem löst oder eine Situation verbessert, sind Regeln zu beachten.


Respekt, bitte!

Äußere ich Kritik, ist entscheidend, was ich kritisiere. Es sollte eine konkrete Handlung sein, die ich präzise benennen kann. Als Beispiel: „Heute Mittag bist du zu spät zum Essen gekommen, obwohl wir vereinbart hatten, dass wir um 12 Uhr am Tisch sitzen. Ich musste um eins schon wieder zu einem Termin.“ Diese Worte leiten ein besseres Gespräch ein als der gern gemachte Pauschalangriff: „Nie bist du pünktlich, immer muss ich auf Dich warten. Überhaupt respektierst Du unsere Absprachen ja gar nicht…“


Jeder macht einmal Fehler – aber niemand macht immer alles falsch. Mein Gesprächspartner wird eher bereit sein, seinen Fehler zu erkennen oder sein Verhalten zu verändern, wenn ich ihn als Person nicht infrage stelle. Denn fruchtbare Kritik kann nur auf der Basis gegenseitiger Wertschätzung erfolgen. Dies bedeutet konkret: Ich sehe und achte Dich, unabhängig von persönlichen Verdiensten und Leistungen. Wertschätzung, d.h. Achtung, schenke ich meinem Gegenüber voraussetzungslos.


Fühle ich mich allerdings durch einen bösen Tonfall oder die eiskalte Schulter ausgeliefert und verletzt, wird es ernst. Besonders im familiären Bereich kann auch die wohlmeinende Kritik besonders unangenehm wirken, da sie – zu Recht oder nur vermeintlich – mit Liebesentzug verbunden wird. „Was hast Du denn da wieder für einen Mist gebaut?“ Dieser leicht dahingesagte Satz des Vaters verletzt eher, als dass er die konkrete Situation ändert oder einen Aha-Effekt bei Sohn oder Tochter erzielt. Kinder – auch in höherem Alter – suchen und brauchen die Einschätzung und Beurteilung der Eltern.


Ein ebenso großes Potenzial für die persönliche Entwicklung hat die Kritik unter Geschwistern und Partnern. Allerdings gilt dies nur, wenn es gelingt, die Kritik einfühlsam und liebevoll vorzubringen. Dann gehört sie zu dem Wertvollsten, das wir uns geben können.


Wann äußere ich Kritik?

Sicher gibt es tagtäglich Situationen oder Handlungen meiner Mitmenschen, die mir nicht gefallen. Wenn ich das Störende allerdings immer sofort anspreche, kommt es als Nörgelei oder Spitzfindigkeit beim Gegenüber an. So hilft es niemandem weiter, am wenigsten mir selbst. Tritt ein Fehler, Missverständnis oder Problem jedoch wiederholt auf, beeinträchtigt es den Betriebsablauf oder die Stimmungslage im Team, dann sollte ich als Betriebsleiter sehr bald ein Kritikgespräch realisieren. Dieses Gespräch sollte nicht zwischen Tür und Angel stattfinden, sondern in ruhiger Atmosphäre zu einem vereinbarten Zeitpunkt. Wichtig ist dabei die gegenseitige Bereitschaft, sich aufeinander einzulassen. Manchmal ist sogar ein Spaziergang ratsam, da Gesprächspausen hierbei nicht als störend auffallen.


Ausschlaggebend ist, dass ich in Ich-Botschaften spreche, z.B. „Ich finde, dass...“ oder „Mich persönlich stört es, wenn...“ Ein anderer Mensch kann die Situation komplett anders sehen, absolute Wahrheiten gibt es nicht. Zudem sollte ich zusammen mit dem Kritisierten nach Ursachen forschen: Wie kam es zu dem Fütterungsfehler? Seit wann funktioniert der PC nicht mehr richtig? Im Anschluss daran kann ich Lösungsmöglichkeiten vorgeben bzw. besprechen. Auch hier bietet es sich an, zu zweit, nicht im Alleingang, nach Lösungen zu suchen, anstatt sofort ein Verfahren vorzuschlagen. Also: Wie lässt sich der Fehler in Zukunft vermeiden? Wer kontrolliert die Fütterung? Wer ruft den IT-Spezialisten an?


Wird es nötig, dass der Kritisierte ein lange eingeschliffenes Verhalten ändern muss, sollte ich ihn auf die positiven Auswirkungen dieser Verhaltensänderung hinweisen und Vorteile benennen.


Schließlich ist es entscheidend, eine Ergebniskontrolle festzulegen. Wir alle kennen Ermahnungen, die zu nichts führen, da niemand die Vereinbarungen kontrolliert. Aufräumen im Kinderzimmer, Pünktlichkeit am Morgen oder Einstellung der Melkmaschine: Legen Sie verbindlich fest, wann und wie Sie überprüfen, ob eine Besserung eintritt. Bei dieser Ergebniskontrolle entscheiden Sie dann, ob der neue Zustand „in Ordnung“ ist oder nachjustiert werden muss.


Es gibt betriebliche Umstände, an denen unbedingt etwas geändert werden muss, damit der Betriebserfolg nicht gefährdet ist. Habe ich z.B. als Unternehmer einen Herdenmanager eingestellt und die Zellzahl ist dauernd zu hoch, werde ich ein Kritikgespräch mit ihm führen müssen. Vermutlich ist ein konkreter Fehler abzustellen.


Rückmeldung als Chance:

Es kann aber auch Gespräche geben, die allgemein der Entwicklung der Fähigkeiten eines Mitarbeiters, Familienmitgliedes oder Freundes dienen: Feedback-Gespräche.


Im Gegensatz zum klassischen Kritikgespräch ist Feedback ein Angebot an mein Gegenüber, sein Verhalten in einer bestimmten Situation zu beurteilen und ihm damit den Spiegel vorzuhalten. Was der Empfänger damit macht, ob er es beherzigt oder nicht, ist „seine Sache“.


Ein solches Feedback-Gespräch zielt also nicht auf direkte Maßnahmen ab. Auch hierbei ist es wichtig, sich auf konkrete Beobachtungen zu beziehen und in der Ich-Form zu sprechen. Darüber hinaus sollte es ausgewogen sein, d.h. positive und negative Punkte sollten gleichermaßen erwähnt werden. Am besten in der sogenannten Sandwich-Methode: Gelungene Aspekte rahmen die zu verbessernden ein.


Schließlich sollte gutes Feedback immer der Verbesserung dienen, keine absolute Unfähigkeit attestieren. Als Beispiel: Ausbilder und Azubi sitzen vor dem Berichtsheft. „Junge, der Text wimmelt von Fehlern, ist total lückenhaft, so bestehst Du doch keine Prüfung!“ Förderlicher wären die Worte: „Mir scheint, dass du Dir in den Abläufen unsicher bist. Lass uns den Maisanbau noch einmal durchgehen. Bitte überarbeite bis morgen Abend die Rechtschreibung.“


Je konkreter und konstruktiver eine Kritik aussieht, desto eher werde ich selbst oder mein Gegenüber sie annehmen können. Vor allem auch dann, wenn ich mich als Person vom Kritisierenden geschätzt weiß. Werde ich mit Vorwürfen überschüttet, verschränke ich die Arme, rechtfertige und verteidige mich und bin zu Veränderungen kaum bereit.


Kritik und Feedback annehmen:

Vertrauen schafft Akzeptanz für Kritik. Nur wenn ich weiß, dass der andere es gut mit mir meint und mich nicht „fertigmachen“ will, werde ich überhaupt zum Gespräch bereit sein.


Aber auch ein gesundes Selbstvertrauen ist wichtig, damit ich nicht jede Kritik auf meine Person beziehe oder als Verunsicherung und Anfeindung sehe. Es geht hier um ein bestimmtes Verhalten in einer bestimmten Situation – das kann ich ändern. Ich muss mich nicht als Mensch ändern.


Werden in guten Kritik- oder Feedback-Gesprächen auch positive Aspekte genannt, so ist das Lob etwas ganz Besonderes. Es ist sozusagen eine exklusive Form des Dankes. Es kann motivieren, beflügeln und zufrieden machen. Es kann aber genauso gut das Gegenteil bewirken: verärgern und empören.


Das Bedürfnis nach Anerkennung ist bei jedem Menschen verschieden. Der eine braucht viel Bestätigung von außen, der andere ruht in sich selbst. Dennoch wird sich keiner der angenehmen Wirkung eines echten Lobes entziehen können. Dafür muss Lob ernst gemeint sein und – von Herzen kommen. Das bedeutet, es darf nicht strategisch eingesetzt werden, um vom anderen eine Gegenleistung zu verlangen, z.B. „Du backst den besten Streuselkuchen der Welt. Kannst du morgen einen mitbringen?“


Lob muss angemessen sein und nicht allgegenwärtig. Es ist unglaubwürdig, dass ich ständig lobe und ebenso unglaubwürdig, wenn ich für Selbstverständliches Lob bekomme.


Lob sollte für eine besondere Leistung ausgesprochen werden – ehrlich und authentisch. Für den Sohn mag schon ein freundliches Schulterklopfen des wortkargen Vaters eine Anerkennung sein. Die Mutter aber freut sich über ein Zettelchen in der Butterbrotdose: „Das Schulbrot war heute extra lecker.“ Oft sind es die kleinen Zeichen der Zuwendung, die besser ankommen als geschliffene Worte.


Lob ist ein Geschenk!

Genau wie Kritik, muss man Lob und Dank auch annehmen können. Im Norden gibt es die Unsitte, auf Dank mit der Formel „Da nicht für!“ zu antworten. Dieser Satz wird meist in vermeintlicher Bescheidenheit geäußert. Der Lobende kann ihn aber auch als Abfuhr verstehen.


Warum nicht auf ein Lob antworten: „Das freut mich, dass Dir meine Arbeit gefallen hat!“ Mit diesem Satz wird sich bei beiden Gesprächspartnern Zufriedenheit einstellen.


Doch gehen wir einmal zurück zur Begegnung zwischen Vater und Sohn, ganz zu Beginn dieses Beitrages. Ein Gedankenspiel: Wie sehr hätte sich der Sohn über ein anerkennendes Wort des Vaters gefreut, z.B.: „Klasse, wie du den Laden geschmissen hast! Sogar der Neubau ist fertig, das freut mich wirklich!“ Den Zusatz, dass nun noch der Bauschutt verschwinden muss, hätte der Sohn dann sicher akzeptiert.


Nicht zuletzt: Vielleicht sah der Senior seine Souveränität und seinen Einfluss schwinden. Ihm hätte es gut getan, zu hören: „Vater, ich bekomme das hier prima alleine hin – aber gefehlt hast du mir doch. Ist wichtig, Deine Erfahrung als Rückhalt zu haben!“

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