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Mediation

Lesezeit: 5 Minuten

Oft hören wir den Begriff ‚Mediation‘, doch wir können ihn nicht richtig einordnen. Dr. Silvia Riehl, frühere Referentin der LWK Niedersachsen, erklärt.


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Die Türen knallen. Wieder einmal ist der junge Betriebsleiter Jonas wutentbrannt vom Abendbrottisch aufgesprungen. Seit Monaten kann er sich mit seinen Eltern nicht einigen, wer unten und wer oben wohnen soll. Jede Seite beansprucht den direkten Zugang zum Garten. Jetzt drängt die Zeit. In einem halben Jahr will Jonas heiraten und vorher soll noch umgebaut werden. Inzwischen haben sich beide Seiten so verkeilt, dass kaum noch ein vernünftiges Gespräch möglich ist. In einem solchen Fall kann eine Mediation helfen.


Die Mitte ausloten


Eine Mediation ist keine Meditation, also keine spirituelle Übung zur inneren Gelassenheit. Die Mediation ist eine strukturierte Methode, um zwischenmenschliche Konflikte zu lösen. Ein Mediator, der als neutrale Person die Mediation leitet, ist damit ein Vermittler zwischen den Fronten. Er ist allparteilich, d.h. er unterstützt alle Beteiligten dabei, ihren Bedürfnissen, Ängsten und Sorgen auf die Spur zu kommen. Er ist kein Schiedsrichter, sondern begegnet allen mit der gleichen Einfühlsamkeit. In der Beratung nutzen wir häufig das Bild von zwei Eseln, die aneinander gebunden sind und gegeneinander ziehen, um zu unterschiedlichen Heuhaufen zu gelangen. Keiner kommt voran, bis sie gemeinsam erst den einen, dann den anderen Haufen fressen.


Mediation ist in allen Lebensbereichen einsetzbar und erfreut sich einer wachsenden Akzeptanz, z.B. bei Hofübergaben oder Generationskonflikten, wie bei Jonas und seinen Eltern.


Natürlich entsteht nicht aus jeder Meinungsverschiedenheit ein Konflikt. Erst wenn man nicht mehr zueinander findet, verhärten sich die Fronten. Da wir alle eigene Interessen und Bedürfnisse haben, entstehen im Zusammenleben zwangsläufig Spannungen. Problematisch sind nicht die einzelnen Interessen, sondern der Umgang damit. Hier setzt die Mediation an, indem sie Interessen und Bedürfnisse der Parteien auslotet und Lösungsmöglichkeiten sucht. Es geht nicht um „richtig oder falsch“, sondern um eine Lösung, mit der alle leben können. Insofern unterscheidet sich ein Mediationsverfahren auch von einem Gerichtsverfahren, bei dem man „Recht“ spricht.


Auf neutralem Boden


Eine Grundbedingung für die Mediation ist Freiwilligkeit. Alle Seiten müssen zum Gespräch bereit sein. „Schleppt“ man jemanden zum Mediator, kann es keine Lösung geben. Alle müssen für ein sehr persönliches Gespräch offen sein. Jonas und seine Eltern sind das. Schließlich haben beide Seiten Interesse an einem intakten Verhältnis.


Alles Gesagte bleibt unter den Personen, die sich treffen. Darauf wird jeder Teilnehmer zu Beginn vom Mediator verpflichtet. Nur so stellt sich eine Atmosphäre ein, in der man wirklich ehrlich und unverblümt sprechen kann.


Der eigene Hof als Treffpunkt ist dafür oft unpassend. Viele Mediatoren haben Besprechungszimmer. Auf neutralem Boden nähert man sich leichter an.


Fünf Stufen zum Ziel


In der Regel verläuft die Mediation in folgenden fünf Phasen.


  • Der Mediator eröffnet das Gespräch. Er formuliert sehr genau, welches Thema man gemeinsam angehen will.
  • Im zweiten Schritt lässt sich der Mediator die Sichtweisen beider Parteien schildern. Dabei darf man auch durchaus „Dampf ablassen“ und erfährt die Zuwendung des Mediators. Dies hilft beiden Parteien dabei, die Sichtweise des jeweils anderen besser zu verstehen.
  • Im dritten Schritt geht es darum, den Konflikt zu erhellen. Also die Interessen, Gefühle und Bedürfnisse herauszuarbeiten, die unter dem Sachkonflikt liegen.


Der Mediator bemüht sich, die Kommunikation zwischen den Parteien herzustellen. Gemeinsamkeiten stellt er heraus, bei auseinanderliegenden Interessen moderiert er die Diskussion. Diese Phase ist anstrengend, aber entscheidend. Wenn die tatsächlichen Bedürfnisse erst einmal auf dem Tisch liegen, ist es bis zur Lösung nicht mehr weit.


  • In der vierten Phase suchen die Parteien gemeinsame Lösungen. Die Ideen dafür kommen von den Parteien selbst. Es sind ihre Probleme und ihre persönlichen Lösungswege.
  • In der fünften Phase einigt man sich auf eine Lösung und hält sie schriftlich fest. Alle Parteien und der Mediator unterzeichnen die Erklärung. Sinnvoll ist es, einen Zeitraum festzulegen, in dem die Lösung realisiert werden soll. Ggf. vereinbart man auch ein Bilanzgespräch.


Wichtig: Eine Sitzung sollte nicht länger als 90 Minuten dauern. Die Gespräche sind anstrengend, irgendwann dreht man sich im Kreis. Wie viele Sitzungen insgesamt nötig sind, kann man allgemein nicht sagen. Das hängt vom individuellen Konflikt ab. Eine Mediation kann durchaus über mehrere Monate gehen. Man trifft sich in der Regel alle drei bis vier Wochen.


Der Mediator muss nicht vom Fach sein, oftmals erleichtert es aber die Gesprächsbereitschaft, wenn er selbst aus der Landwirtschaft stammt oder damit vertraut ist. In jedem Fall sollte es sich um eine ausgebildete Person handeln, die von allen Parteien akzeptiert wird.


Grenzen der Mediation


Es gibt verschiedene Konfliktstufen. Von der Meinungsverschiedenheit über verhärtete Standpunkte bis hin zur totalen Eskalation. In einem komplett eskalierten Konflikt ist eine Mediation nicht mehr möglich. Das bedeutet, je früher man zu einem moderierten Gespräch bereit ist, desto eher und einfacher kann man Lösungen finden. Oftmals genügt schon die Anwesenheit einer dritten Person, um wieder zielführender miteinander zu sprechen. Eine Mediation ist auch dann nicht sinnvoll, wenn Personen psychische Probleme haben oder, z.B. durch Sprachbarrieren, den Gesprächen nicht folgen können.


So finden Sie einen Mediator


„Mediator“ ist keine geschützte Bezeichnung. Will man einen qualifizierten Mediator finden, sollte man fragen, ob er nach den „Standards des Bundesverbandes Mediation“ ausgebildet wurde und durch diesen anerkannt ist. Fragen Sie ggf. bei Ihrem Berufsverband nach oder wenden Sie sich an Bekannte, die selbst schon eine Mediation in Anspruch genommen haben.


Da es keine Gebührenordnung für freie Mediatoren gibt, können die Kosten variieren. Eine Sitzung kostet im Schnitt zwischen 150 und 300 €.


Die Mediation in Jonas Familie war übrigens erfolgreich. Die Eltern bleiben unten und die jungen Leute bekommen über den Balkon Zugang zum Garten.


katharina.meusener@topagrar.com

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