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Typisch Mann, typisch Frau?

Lesezeit: 9 Minuten

Männer denken anders, Frauen auch: Dr. Silvia Riehl erklärt, wie geschlechtertypische Denkmuster unsere Gespräche beeinflussen.


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Manchmal wundert man sich, wie viele Ereignisse in einen einzigen Tag passen: Mais silieren. Problemgeburt im Stall. Trecker kaputt und wieder repariert. Aufstand der pubertierenden Kinder. Dringender Arztbesuch mit Oma.


Spätabends dann sitzen Bauer und Bäuerin am Küchentisch. Aus Petra sprudelt es heraus: „Alles gut mit der Silage? Das Kalb ist fit und gesund? Wie ärgerlich, das mit dem Trecker! Die Zwillinge mussten hier heute mal wieder ganz laut die Türen knallen. Und hatte ich schon gesagt, dass der Arzt neue Tabletten für die Oma verschrieben hat“ „Jo, alles gut. Gute Silage“, antwortet Peter nach einer kurzen Pause. Er denkt vermutlich: „Ist doch alles geklärt. Können wir jetzt nicht einfach in Ruhe essen“ Und sie könnte sich fragen: „Warum redet er wieder nicht mit mir? Immer muss ich ihm alles aus der Nase ziehen!“


Streit liegt in der Luft. Denn: Die Rede-Faulheit des einen Partners lässt den anderen regelrecht aus der Haut fahren – oder umgekehrt. Woran liegt das? Warum verhalten sich Männer und Frauen in Gesprächen oft so unterschiedlich? Viele Fachleute sagen heute: Weil sie verschieden denken. Nicht besser oder schlechter, nicht richtig oder falsch, sondern einfach anders. Und weil Männer und Frauen unterschiedlich „ticken“, sprechen und handeln sie abweichend voneinander.


Natürlich sind die folgenden Ausführungen verallgemeinernd. Sie versuchen, „typisch männliches“ bzw. „typisch weibliches“ Denken, Reden und Verhalten zu beschreiben – wie es uns im Alltag so häufig begegnet. Dass die Grenzen dabei fließend und die Verhaltensweisen bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt sind, erklärt sich von selbst.


Strukturiert und problemorientiert


Das männliche Gehirn vergleichen Experten des Öfteren mit einem Schubladenschrank. Dort bekommt jedes Thema eine eigene Schublade. Maissilage: Schublade unten rechts. Trecker: Schublade oben links.


Beginnt der Mann ein Gespräch, dann deshalb, weil er in einer seiner Schubladen ein Problem entdeckt hat und es lösen will. Die männliche Strategie sieht vor: Wenn ich kommuniziere, dann sehr direkt. Ich komme gleich zur Sache. In unserem Eingangsbeispiel gab es für den Mann kein Problem, aus seiner Sicht also auch keinen Grund für eine Unterhaltung.


Männer denken verstärkt „nacheinander“, also Thema für Thema, Schublade für Schublade. Überspitzt gesagt: Wenn er pflügt, dann denkt er ans Pflügen. Wenn er die Kühe füttert, dann sind nur die Kühe wichtig. Und: Am liebsten sind dem Mann die Schubladen, in denen er erfolgreich ist. Das kann z.B. der Ackerbau sein oder die Viehhaltung, manchmal auch ein Bau- oder Bastelprojekt.


Je mehr Zeit er mit einer bestimmten Tätigkeit oder einem Hobby verbringt, desto eher wird er eine emotionale Bindung dazu aufbauen. So lassen sich viele seiner selbstvergessenen Stunden, z.B. in der Werkstatt, beim Schrauben oder beim Tüfteln erklären.


Es gibt aber auch leere Schubladen, die Momente, in denen der Mann nichts denkt und tut, sich ganz bewusst in diese Schubladen begibt und „einfach so“ da sitzt. Dann gibt es keine Probleme zu lösen und auch nichts zu reden. „Entspannung pur“ für ihn, manchmal schwer erträglich für sie.


Der bekannte, deutsche Humorist Loriot hat eine solche Szene festgehalten. Im Sketch „Feierabend“ von 1977 sitzt der Mann im Wohnzimmer-Sessel. Durch den Türspalt sieht man seine Frau in der Küche werkeln. Sie fragt: „Hermann, was machst du da“ Er antwortet: „Nichts.“ „Nichts? Wieso nichts“ „Ich mache nichts.“ „Gar nichts“ „Nein.“ „Überhaupt nichts“ „Nein. Ich sitze hier.“ Verzweifelt versucht sie, ihn zu irgendwelchen Aktivitäten zu bewegen. Genervt beteuert der Mann: „Ich möchte einfach hier sitzen!“


Gleichzeitig und beziehungsorientiert


Das weibliche Gehirn lässt sich wohl am ehesten mit einer Truhe vergleichen. Hier liegt alles zusammen: Thema A liegt über Thema B, die Themen C und D finden sich direkt daneben. Die Frau denkt vieles gleichzeitig. Das nennt man auch ganzheitliches Denken. Dabei setzt sie die Themen A, B, C und D miteinander in Beziehung. Zum Beispiel: Während sie melkt, plant sie bereits ihre Einkäufe, geht ihren Terminplan durch und überlegt, welche Hausaufgaben die Kinder noch machen müssen. Im Kopf entsteht ein riesiges Gedanken-Netz. Kurz gesagt: Eine Frau löst ein Problem nicht linear, sondern in Verbindung mit anderen Themen.


„Wenn ich jetzt noch die Euterentzündung behandle, schaffe ich den Einkauf nicht mehr und das Mittagessen wird nicht rechtzeitig fertig.“ Ergo: Sie verschiebt die Behandlung der Euterentzündung um zwei Stunden nach hinten oder arbeitet den Speiseplan so um, dass sie vorher nicht mehr einkaufen gehen muss.


Dass eine Frau alles gleichzeitig denkt, wirkt sich auch darauf aus, wie sie spricht: In Unterhaltungen will sie nicht nur ein Thema abhandeln, sondern auch all das, was irgendwie damit zusammenhängt. Für den Mann ist das ein Springen von Schublade zu Schublade. Das kann anstrengen und manchmal unstrukturiert wirken.


Außerdem ist es typisch für Frauen, dass sie im Gespräch vor allem eine Beziehung zu ihrem Gegenüber aufbauen wollen. Probleme zu lösen, steht für sie oft an zweiter Stelle. Die Frage „Alles gut mit der Silage“ ist also nur der Einstieg, um sich mit dem Gatten über Emotionen und Erwartungen auszutauschen. Während die Frau viele Themen auch mit Gefühlen besetzt, sind in den Schubladen des Mannes eher die Sachfragen von Bedeutung. Häufig gibt es eine Extra-Schublade für Emotionen.


Laut wissenschaftlichen Untersuchungen werden bei der Frau – im Gegensatz zum Mann – während einer Konversation immer beide Hirnregionen aktiviert: die linke, rationale Hälfte und die rechte, emotionale, kreative. Die Frau möchte also nicht nur Sachverhalte abklären, sondern auch die damit verbundenen Gefühle und Stimmungen in Worte fassen. Ihr hilft das Verbalisieren, um mit den eigenen Emotionen zurechtzukommen. Den Mann verunsichert das eher. In Gesprächen dieser Art wird er häufig immer schweigsamer. Wie kann dann Kommunikation zwischen Männern und Frauen überhaupt funktionieren?


Gelingende Kommunikation


Es ergibt wenig Sinn, sich gegenseitig ändern zu wollen. Das wird in den seltensten Fällen klappen. Denn: Der Vorwurf des Mannes, „Sei doch nicht so emotional!“, wird bei der Frau erst recht zu Gefühlsausbrüchen führen. Ihre Aufforderung, „Jetzt sag’ doch auch mal was!“, wird sein Schweigen nur noch verstärken.


Wir können den Partner nicht um- krempeln, wohl aber unser eigenes Verhalten. Das gelingt in drei Schritten:


  • Machen Sie sich bewusst, dass Ihr Partner/Ihre Partnerin anders denkt und folglich auch anders spricht als Sie.23


  • Versuchen Sie, dies zu akzeptieren.24


  • Hören Sie dem anderen zu, und zwar aktiv (siehe Seite 161 unten).25


Das heißt für den Mann: Vollziehen Sie die Gedanken und Verflechtungen Ihrer Frau nach und fügen Sie immer mal wieder eine Nachfrage oder Bestätigung ein. Für die Frau bedeutet das: Seien Sie ganz bei ihm, und gehen Sie die Themen strukturiert, also der Reihe nach an.


Umgang mit Stress


Dass die Geschlechter unterschiedlich denken, tritt in belastenden Situationen besonders deutlich zutage. Der Mann braucht eine „sorgenfreie Schublade“. Hier löst er sich von den Problemen des Alltags und schaltet ab. Das können z.B. das Jagen, Angeln, Wandern oder auch das Nichtstun sein. Die Frau muss reden, um Stress zu verarbeiten. Sie muss ihre Themen, Sorgen und Ängste mitteilen können.


So kann es nach einem anstrengenden Tag hilfreich sein, den Partner erst einmal in Ruhe zu lassen oder ihn zu ermuntern, seinem Hobby nachzugehen. Anders ausgedrückt: Ihn in seiner sorgenfreien Schublade verweilen zu lassen, ohne dass er ein schlechtes Gewissen haben muss. Umgekehrt wird die Frau sich nach einem stressigen Tag freuen, wenn er sich Zeit nimmt, ihr zuzuhören und ihre Sorgen und Empfindungen ernst nimmt.


Weil in der „Gedanken-Truhe“ der Frau allerlei Themen durcheinander liegen, fällt es kaum auf, wenn ein weiteres hinzukommt. Bisweilen erscheinen Frauen deswegen belastbarer. Beim Mann füllt sich mit jedem neuen Problem eine weitere Schublade. Der Gedanke, sie alle bearbeiten zu müssen, führt nicht selten zu Stress. Allerdings verstehen es die Männer meist besser, sich in ihre „Sorgenfrei-Bereiche“ zurückzuziehen. Frauen können das nicht so leicht und leiden allzu oft unter dem „Allzuständigkeitssyndrom“. Das birgt die Gefahr, an Burnout oder Depressionen zu erkranken.


Daher ist es im partnerschaftlichen Miteinander besonders wichtig, sich gegenseitig zu achten und Zeitfenster zu schaffen, in denen man einander Gehör schenkt – mal in der Schublade, mal in der Truhe. Dabei ist Zuhören weder ein Versuch, den anderen zu therapieren, noch für den anderen zu denken. Und schon gar keine Charaktereigenschaft. Vielmehr ist es eine Fähigkeit, die man erlernen kann und die zum schönsten Geschenk für den Partner und die Partnerschaft werden kann.


Konkret: Für Männer


Wenn Ihre Frau eine Unterhaltung beginnt, sollten Sie sich bewusst machen, dass sie die Probleme ihres Lebens miteinander in Beziehung setzt. Sie möchte nicht, dass die männliche Sichtweise ihre Denkprozesse infrage stellt. Im Gegenteil: Sie möchte, dass Sie ihr helfen, Themen miteinander zu verknüpfen. Die finanzielle Situation des Betriebes, die Arbeitsbelastung, das Verhältnis zur Schwiegermutter, die Probleme mit den pubertierenden Kindern – alles streift sie innerhalb eines Wortwechsels. Die jeweiligen Erwartungen und Gefühle spricht sie offen an.


Und da gilt: Versuchen Sie, den Gedankengängen Ihrer Partnerin zu folgen und ihre Gefühlsregungen nachzuempfinden! Das mag mühselig sein. Vielleicht werden Sie nicht alles verstehen oder es kommt Ihnen endlos vor, aber es lohnt sich!


Indem Sie zuhören, nehmen Sie teil am Leben und Denken Ihrer Frau. Damit bekommt Ihre Beziehung eine neue Grundlage. Möglicherweise werden Ihre Mühen mit dem Satz „Du verstehst mich!“ belohnt.


Konkret: Für Frauen


Wenn Ihr Mann das Wort ergreift, bleiben Sie bei genau dem Thema, das er gerade anschneidet. Will er z.B. die Finanzen erörtern, dann will er die Finanzen erörtern. Und keine Grundsatzdiskussion über die Urlaubsplanung versus die Anschaffung einer neuen Küche führen. Lassen Sie Ihrem Partner Zeit, die Dinge darzustellen und Lösungen zu finden.


Wenn Sie nicht gleich zu einem anderen Aspekt springen und es vorerst unterlassen, Brücken zu anderen Themen zu schlagen, wird er Ihnen vertrauen. Möglicherweise freut er sich sogar, dass Sie ihm erstmal seinen Freiraum lassen. Oder er arbeitet sich durch die Schichten seiner Schublade und findet am Boden Gefühle, von denen er berichten möchte. Wer weiß, vielleicht merkt er am Ende des Gesprächs an: „Hat gut getan, darüber zu sprechen.“


melanie.suttarp@topagrar.com


Unsere Autorin


Dr. Silvia Riehl, Agrarökonomin, Coach und Kommunikationstrainerin aus Ganderkesee nahe Bremen.

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