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Wie fermentiert man Gemüse aus dem Bauerngarten? Tipps aus dem Seminar mit Heike Gerdes

Wie man fermentiert, das wissen nur noch wenige. Wir haben an einem Kurs der Landwirtschaftskammer Niedersachsen mit Expertin Heike Gerdes teilgenommen.

Lesezeit: 7 Minuten

Fermentieren, das macht heute kaum noch jemand. Dabei ist diese Methode praktisch, um Gemüse durch Milchsäurebakterien haltbar zu machen. Bekanntestes Beispiel ist hierzulande das Sauerkraut. Umso besser, dass die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Oldenburg-Nord, ein Seminar in Bad Zwischenahn dazu anbietet.

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Die Ideen und Motive, die die Teilnehmer in die Seminarküche mitbringen, sind vielfältig: Eine möchte sich gesünder ernähren und dabei die Darmflora verbessern. Ein anderer versucht, neue Wege zu finden, das eigene ­Gemüse roh zu konservieren, also ohne es einkochen zu müssen.

Vor allem dank der herzlich-offenen Art von Seminarleiterin Christine Strodthoff-Schneider und Referentin Heike Gerdes sind alle Teilnehmer schnell beim „Du“. Heike Gerdes ist überzeugt: „Aus Büchern kann man viel lernen, aber wer das Fermentieren einmal gezeigt bekommt, weiß danach, worauf man achten sollte und wie gut sich diese Methode dann mit wenigen Tipps in den Alltag integrieren lässt.“

Ohne Schnickschnack

Im Gegensatz zum Trocknen oder Einfrieren zeichnet sich das Fermentieren dadurch aus, dass es ohne Strom oder hohe Anforderungen an die Arbeitsplatzhygiene auskommt – wie es z. B. beim Einkochen der Fall ist. „Wir nutzen Bakterien, die natürlicherweise auf dem Gemüse vorkommen“, erklärt Heike Gerdes am Vormittag. Daher sei es auch nicht nötig, das Gemüse im Vorfeld besonders gründlich mit Na­tron zu putzen. Es einmal unter fließendem Wasser abzuwaschen, genügt.

Nach dem Fermentieren, das je nach Sorte zwischen einer und acht Wochen dauert, ist das Gemüse bis zu sechs Monate lang haltbar. Doch die Mikroorganismen sorgen nicht nur dafür, dass es den Vorrat unbeschadet übersteht. Sie spalten auch die Eiweiße auf und ­lockern das Zellgewebe. Anders als beim Kochen, bleiben die vorhandenen Vitamine erhalten, teilweise bilden sich im Gärprozess sogar neue. Das macht fermentiertes Gemüse besser verdaulich als Rohkost. Fermentierte Zwiebeln sind beispielsweise bekömmlicher und verderben auch im Kartoffel- oder ­Nudelsalat nicht so schnell.

Doch für Heike Gerdes gibt es noch ein anderes, schlagkräftiges Argument für das Fermentieren: „Im Alltag spare ich damit viel Zeit. Statt jeden Tag Gemüse zu schälen, greife ich einfach in den Vorrat und habe die gesunde Beilage griffbereit“, sagt sie.

Und was diese Beilagen sind, das ­dürfen alle am Tisch sofort probieren. Heike Gerdes hat sieben Gläser mit vorbereiteten Fermenten dabei und verrät bei jeder Probierportion neue Tricks und Kniffe. Schon das erste Glas, es ist ein kräftiger Krautsalat aus Spitzkohl mit Kümmel und zahlreichen anderen Gewürzen, verströmt ein leicht säuerliches Aroma im Seminarraum. Es folgen Zucchinischeiben mit Minze und Wildkräutern, Tomaten mit Möhren, Pa­prika und Frühlingszwiebeln, China­kohl, fermentiert mit Ingwer, Kurkuma, Knoblauch sowie Noriblättern und vieles mehr.

Zu jedem Glas gibt die Seminarleiterin genaue Rezepte, sagt aber auch, dass man, solange der Salzgehalt am Ende stimmt, mischen und probieren kann, was am besten zu den eigenen Essgewohnheiten und denen der Familie passt. Bereichernd ist dabei auch das Wissen, dass die ausgebildete Wildkräuterexpertin in den Kurs ­einbringt. So stehen neben Thymian, Lorbeer und Knoblauch auch Frauenmantel, Liebstöckel und Dost in der ­Rezeptsammlung.

Möglichst wenig Sauerstoff im Glas

„Frische Kräuter legt ihr am besten unten ins Glas, damit sie nicht auftreiben“, erklärt Heike Gerdes. Und das ist auch schon eine der wichtigsten Faustregeln, die es beim Fermentieren gibt: Am Ende darf oben nur noch ein Flüssigkeitsspiegel zu sehen sein. Solange nichts aufschwimmt, haben Schimmelpilze keine Chance. Deshalb überstülpt Heike Gerdes das Gemüse am liebsten mit einem aufgeschnittenen Teefilter, den sie dann wie ein Spannbettlaken an den Seiten über das Gemüse schiebt. „Das gelingt am besten mit einem Löffel“, sagt die Referentin. Darüber kommen Gewichte aus Glas. Gut eignen sich zum Beispiel kleinere Deckel für Weckgläser, alte Kristallglasuntersetzer von Oma oder ein paar Murmeln aus dem Vorrat der Kinder. Alternativ kann man auch Unterteller aus Porzellan nehmen. Nur Metall sollte nicht ins Glas. Durch den Salzgehalt im Gemüse rostet es schnell.

„Und was mache ich, wenn im Glas zu wenig Flüssigkeit ist, um das ganze Gemüse zu bedecken?“, fragt eine Teilnehmerin. „Dann muss das Gemüse länger geknetet werden, damit es mehr Zellsaft abgibt“, erklärt Heike Gerdes. Gelingt das nicht, kann man sein Glas auch mit einer 2,5-prozentigen Salzlösung auffüllen. Wer das Gemüse nicht wie Sauerkraut kneten möchte, kann es auch in Stücken oder Scheiben ins Glas legen und komplett mit einer Salzlake übergießen. Das gelingt z. B. mit Möhren, Gurken oder Fenchel. Aber auch wässrige Gemüse wie Cocktail­tomaten kann man so fermentieren. „Im Mund explodieren sie dann förmlich mit ­einem leckeren, säuerlichen Geschmack“, sagt Heike Gerdes. Ihr Tipp: Immer mal wieder das Glas öffnen und probieren. Solange man das Gemüse danach wieder sorgfältig abdeckt und beschwert, ist das kein Problem. Sobald das Ferment dann den Säureanteil erreicht hat, den man gerne isst, kommt es in den dunklen Keller. Lagert man die Gläser unter 16 °C, unterbricht das den Fermentationsprozess. Und wer schon so viel genascht hat, dass das Glas halb leer ist, füllt das Gemüse am besten in ein kleineres Gefäß um. Das verhindert, dass zu viel Sauerstoff im Glas ist.

Der Trick mit dem Salz

Warum der richtige Salzgehalt so wichtig ist, erklärt Heike Gerdes noch einmal genauer: Denn das Geheimnis des Fermentierens liegt darin, den „guten Mikroorganismen“ bessere Voraussetzungen zu schaffen als den „schlechten“. Die Schlechten mögen das Salz nämlich gar nicht, während die Guten besser damit zurechtkommen und sich vermehren. Deshalb muss der Salzgehalt zwischen 2 und 3 % vom Gesamtgewicht des Gemüses betragen. Die Expertin empfiehlt, mit 2,5 % zu arbeiten. „Ein paar Gramm mehr oder weniger Gemüse machen dann bei der Arbeit keinen Unterschied“, sagt sie. Das heißt, auf 1 000 ml Wasser kommen 25 g Salz bzw. auf 800 g Gemüse 20 g Salz. Dabei empfiehlt sie immer grobes Salz, wie es z. B. in die Mühle kommt. Wichtig sei, dass es keine Zusätze wie Jod oder Rieselhilfen enthalte.

Für die Salzwasserlösung erhitze sie das Gemisch kurz, nur damit sich das Salz leichter auflöst. Sobald die Lake über das Gemüse kommt, sollte sie noch maximal handwarm sein.

Bevor dann jeder sein eigenes Gemüse fermentiert, fasst Heike Gerdes noch einige Tipps zusammen:

  • Das frische Gemüse putzen und entweder in Stücke schneiden, um es im Ganzen zu fermentieren oder hobeln, um es gut kneten zu können.
  • Das gehobelte Gemüse abwiegen und 2,5 % des Gewichts als grobes Salz zugeben. Ggf. weitere Gewürze auswählen und so lange kneten, bis reichlich Zellsaft ausgetreten ist. Möglichst hoch in ein Einmachglas füllen, abdecken und beschweren.
  • Stückiges Gemüse direkt in ein Einmachglas füllen, mit einer 2,5-prozentigen Salzlake übergießen, ebenfalls abdecken und beschweren.
  • Je mit einem Deckel inklusive Gummiring verschließen und an einem warmen, hellen Ort fermentieren lassen. Zwischendurch probieren.
  • Sobald der gewünschte Säuregehalt erreicht ist, kühl und dunkel lagern.

Was ist die Fermentation?

Das Fermentieren ist eine Form des Konservierens. Dabei macht man sich die Fähigkeiten der Milchsäurebakterien zunutze, die natür­licherweise auf dem Gemüse vorkommen. Diese produzieren nämlich unter anderem Milchsäure, Kohlensäure und Kohlendioxid.

Während die Milchsäure dafür sorgt, dass sich viele Verderbnis­erreger nicht mehr ansiedeln können, hilft die Kohlensäure dabei, Sauerstoff aus dem Gefäß mit dem ­fermentierenden Gemüse zu ver­drängen. Auf diese Weise können sich keine unerwünschten Mikro­organismen vermehren, die auf den Luftsauerstoff angewiesen wären.

Zu guter Letzt hilft ein Gewicht auf dem Gemüse dabei, dass es nicht auftreibt. So haben Schimmelpilze keine Grundlage, auf der sie wachsen könnten.

Das ermöglicht es, alle Gemüse­arten, die man auch roh essen könnte, ohne große Ansprüche an Hygiene, Strom oder Materialien für bis zu sechs Monate haltbar zu machen. Ein bekanntes Beispiel ­dafür ist das Sauerkraut.

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