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Corona: Wie geht es den Jugendlichen auf dem Land?

Berufseinstieg, Studium, die Welt erkunden: Wie haben sich ein Jahr Corona und Stillstand auf Jugendliche und junge Erwachsene ausgewirkt? Welchen Herausforderungen stehen sie gegenüber?

Lesezeit: 4 Minuten

Die Coronapandemie belastet auch ­Jugendliche stark. Viele fühlen sich ­einsam und mit ihren Sorgen und Pro­blemen alleingelassen.

Soziale Kompetenzen erwerben sie vor allem im Austausch. Zwischen 14 und 18 Jahren findet viel Entwicklung statt.

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Kinder und Jugendliche brauchen den Kontakt zu Gleichaltrigen. Reine Onlineveranstaltungen sind für sie kein Ersatz. Viele von ihnen sind Internet-müde.

Die langen Wege erschweren es Jugendlichen auf dem Land, mit Freunden Kontakt zu halten. Oft fühlen sie sich kontrolliert bei Treffen im öffentlichen Raum.

Mit 18 Jahren musst du am Wochenende unterwegs sein. Da hast du Kraft, da brauchst du Bewegung! Ich weiß, wie das ist“, sagt Jan Hägerling, Bundesvorsitzender der Landjugend am Telefon. „Ich bin jetzt 24, ich hatte acht Jahre, in denen ich auch über die Grenzen meines Heimatdorfs hinaus Kontakte knüpfen konnte und darüberhinaus neue Erfahrungen gesammelt habe“, sagt er weiter.

Wo liegt der eigene Weg?

Das blieb Jugendlichen und jungen Erwachsenen im letzten Jahr weitgehend verwehrt. Normalerweise führen sie ein Leben voller Veränderungen: Sie gehen aus, finden heraus, was sie bewegt, was ihnen im Leben wichtig ist, verlieben sich, verbringen Ferienfreizeiten gemeinsam, lernen Leute kennen, starten ins Berufsleben oder beginnen ihr Studium.

Doch statt Work and Travel heißt es nun Distanzunterricht und Mithilfe auf dem Hof. Treffen im Gemeindezentrum oder bei Freunden sind nicht möglich. Der Abend mit der Clique gleicht einer Geheimmission. Bloß nicht als Gruppe wahrgenommen werden – auch nicht, wenn man sowieso den halben Tag nebeneinander im Klassenraum verbringt.

Erfahren und vergleichen

Lennart Gardemann aus Rahden in Nordrhein-Westfalen ist froh, dass er als Teil des Abschlussjahrgangs der Fachschule Herford den Präsenzunterricht besuchen darf. „Die Onlineklassen sind bei uns zwar problemlos angelaufen. Zu Hause war ich aber schnell abgelenkt. Im Sommer wollte ich meine Zeit lieber auf dem Acker verbringen als vor dem Computer“, sagt der 22-Jährige. „Unterricht habe ich per Headset auf dem Schlepper gemacht.“ Nach der Schule wollte er eigentlich ins Ausland. Doch seine Pläne musste er ändern: „Jetzt habe ich eine Stelle auf meinem ehemaligen Ausbildungsbetrieb bekommen“, sagt er.

Experten bestätigen: Während der Pubertät und in Übergangsphasen zwischen Schule und Ausbildung ist der Erfahrungsaustausch und Kontakt mit Gleichaltrigen wichtig. „Man darf zudem nicht vergessen, dass Jugendliche in jedem Lebensjahr eine rasante soziale und persönliche Entwicklung durchlaufen“, sagt Prof. Ulrich Lakemann. „Ein 18-Jähriger kann die Entwicklungsaufgaben eines 14-Jährigen nicht einfach nachholen.“

Der Soziologe ist selbst Bauernsohn und beschäftigt sich mit der Beteiligung von Jugendlichen an der Kommunalpolitik in Thüringen. Sein Credo: Das Internet ersetzt den direkten Austausch nicht. „Jugendliche haben immer weniger Lust auf Videokommunikation“, sagt er. Das kennt auch Lennart Gardemann. „Die Klasse hält über WhatsApp und Snapchat Kontakt. Aber online ein Bier trinken, das ist nichts für mich“, sagt er.

Am Ortseingang ist Schluss

Ein weiterer Faktor auf dem Land: die weiten Wege. „Ohne den Führerschein kommst du im ländlichen Raum nicht raus, da lernst du Freunde kennen, mit denen du ein Leben lang Kontakt hast“, sagt Jan Hägerling. Doch ohne Veranstaltungen nutzt den Dorfjugendlichen der Führerschein nichts.

Auch die Landjugendarbeit hat sich seit März 2020 stark verändert. „Das miteinander Reden, der Austausch, das hat abgenommen“, sagt er. Von manchen Ortsgruppen höre er nichts mehr, andere seien mit vielen Ideen weiter aufgeblüht. Sie haben Treckerkinos organisiert, Kochkurse per Videochat auf die Beine gestellt. Wo es geht, kurbeln sie das Sozialleben an. Zum Beispiel beim Einkaufen für Risikogruppen.

Nicht richtig wahrgenommen

Der eingeschränkte Kontakt hinterlässt Spuren. Das zeigen Studien. „Jugendliche fühlen sich durch Corona stark belastet und wenig gehört“, betitelt z. B. die Bertelsmann-Stiftung ihre Untersuchung im März 2021. Über 60 % der Jugendlichen gaben darin an, sich teilweise oder dauerhaft einsam zu fühlen. 65 % der Jugendlichen vermissen Aufmerksamkeit und Unterstützung. Auch Prof. Lakemann meint: Jugendliche z. B. in die Regionalpolitik und bei der Suche nach ­Lösungen einzubeziehen, sei wichtig. „Starke Kontrollen junger Menschen, die sich, weil die Jugendzentren geschlossen sind, im Freien treffen, führen schnell zum Gedanken: Wir werden kontrolliert, weil wir als Jugendliche eine Bedrohung sind“, sagt er. Wichtig sei es, mit jungen Menschen zu reden, ihnen die Chance zur Mitgestaltung zu geben.

„Wer nichts fordert, wird nicht gehört“, meint auch Jan Hägerling. „Die Landjugend hat Mumm, wir bringen uns ein und finden auch bei der Politik Gehör.“ Er selbst beobachtet die Debatten um die Pandemie mit Sorge. „Es geht viel Transparenz verloren“, sagt er. Das gesellschaftliche Vertrauen wieder aufzubauen, sieht er als wichtigste Aufgabe.

Auch Soziologe Lakemann setzt sich für Transparenz gegenüber Jugendlichen ein. Trotz aller Probleme möchte er ungern von der „Generation Corona“ sprechen. Er ist optimistisch, dass die Jugendlichen die Pandemie langfristig verarbeiten können.

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