Vielseitig aufgestellt
Anika Bolten (37) ist am Niederrhein aufgewachsen und heute Geschäftsführerin des Evangelischen Bauernwerks in Württemberg e. V. Vor ihrer Promotion zu dem Thema „Fehler, Scheitern und Versagen in der Landwirtschaft“ arbeitete sie einige Zeit als Personalentwicklerin und auch in der Landwirtschaft.
Frau Bolten, Sie sind seit Anfang des Jahres Geschäftsführerin beim Evangelischen Bauernwerk in Hohebuch, Baden-Württemberg. Dort gibt es u. a. Bildungsangebote für Landwirte und eine ländliche Familienberatung. Mit welcher Motivation sind Sie gestartet?
Bolten: Ich möchte gerne verstärkt Hilfe für agrarsoziale Themen wie die hohe Arbeitsbelastung oder den Hofübergabeprozess leisten. Mir ist wichtig, die Akteure zu stärken. Dabei bieten unsere Bildungsangebote, Seminare und Workshops einen guten Raum – auch auf der politischen Ebene.
Sie sind Agrarwissenschaftlerin und Wirtschaftspsychologin. Haben Sie von vornherein geplant, die Fachrichtungen zu kombinieren?
Bolten: Nein, aber während meiner Bachelorarbeit merkte ich, dass mich alles zum Umgang mit Mitarbeitern interessiert. Darauf konnte ich mich mit einem Master in Wirtschaftspsychologie besser fokussieren.
Und was haben Sie dann gemacht?
Bolten: Das Agrarsoziale hat mich nicht mehr losgelassen, sodass ich für meine Doktorarbeit an die Unis in Witzenhausen und Göttingen ging. Dort arbeitete ich acht Jahre lang als wissenschaftliche Mitarbeiterin, aber ich merkte: Forschung ist toll, doch ich brauche den Praxisbezug.
Woher kommt Ihr Interesse an der Landwirtschaft?
Bolten: Als ich mit 18 Jahren ein Praktikum beim Tierarzt gemacht habe, hatte ich das Glück, dass er auch Nutztiere behandelte. Da stellte ich fest, dass mir die Landwirte am sympathischsten waren. Tierärztin wollte ich dann doch nicht werden.
Was macht die Arbeit mit den Landwirten für Sie so besonders?
Bolten: Ihre authentische und ehrliche Art. Einmal saß ich im Nachgespräch zu einem Bildungsangebot für Landwirte. Alle sechs haben in den 1970er-Jahren den Grundkurs bei uns gemacht. Damals hatten sie die Aufgabe, Tagebuch zu führen. Einer brachte es mit und fragte mich, ob ich mal querlesen möchte. Sein Vertrauen berührte mich. Im Heft notiert waren die nächsten Schritte im Betrieb, mögliche Investitionen und Ideen. Tatsächlich interessierten ihn damals ähnliche Themen wie die Junglandwirte von heute.