Der Einstieg in die Soziale Landwirtschaft ist für Landwirte eine Chance. Dabei spielen viele Dinge eine Rolle. Beispielsweise die Fragen, welche Menschen zum eigenen Hof passen oder wo man Ansprechpartner, Beispielbetriebe und Unterstützung für die Umsetzung findet. Im Interview erklärt Dr. Thomas van Elsen von der Universität Kassel, was die „Deutsche Arbeitsgemeinschaft Soziale Landwirtschaft“ (DASoL) ist und wie sie Landwirten dabei hilft, einen Betriebszweig in der sozialen Arbeit aufzubauen.
Die DASoL ist eine Arbeitsgemeinschaft, die sich für den Austausch und die Forschung zur Sozialen Landwirtschaft engagiert. Sie wurde 2009 gegründet und ist ein gemeinnütziger Verein. Finanziert wird die ehrenamtliche Arbeit über Projekte, Spenden und Mitgliedsbeiträge.
Herr van Elsen, Sie sind Mitgründer der DASoL. Wann wurde die Arbeitsgemeinschaft gegründet und welche Ziele verfolgen Sie damit?
van Elsen: Die DASoL ist 2009 gegründet worden, nach Abschluss eines Projektes, in dem es um Soziale Landwirtschaft auf Biobetrieben in Deutschland ging. Mein Mitgründer Alfons Limbrunner und ich haben uns viel um die interne Vernetzung zwischen den Aktiven in den Bundesländern und den Höfen gekümmert. Die Arbeitsgemeinschaft ist der Versuch, die Akteure aus den Kammern, der Politik und der Praxis vor Ort in einem Netzwerk zusammenzubringen und gemeinsam mit einer Stimme zu sprechen.
Was für Projekte unterstützt die DASoL?
van Elsen: Das sind einige, beispielsweise das EU-Projekt AGRETAIN. Das Ziel ist hier, nachhaltige Marktgärtnereien zu fördern und neue Bildungswege zu schaffen, die auch Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten einbeziehen können. Oder das EIP-Projekt aus Schleswig-Holstein, in dem Betriebe mithilfe der Kammer und anderer Akteure „Best-Practice-Beispiele“ entwickeln. Das können Wohn- und Arbeitsangebote für Menschen mit Beeinträchtigungen sein, aber auch tage- oder stundenweise Betreuung.
Welche Unterstützung bietet die DASoL für Landwirte?
van Elsen: Wir liefern vor allem Informationen, unter anderem in Rundbriefen oder auf unserer Website. Das können Hinweise zu Veranstaltungen oder Neuigkeiten sein. Daneben berichten wir über spezifischere Themen, z. B. die Anforderungen für unterschiedliche Zielgruppen. Wir unterstützen auch deutschlandweit durch Forschung in diesem Bereich, beispielsweise mit Abschlussarbeiten und Uniprojekten. Denn die Thematik ist sehr vielschichtig. Es gibt von Bundesland zu Bundesland einfach extreme Unterschiede, was Soziale Landwirtschaft angeht.
Wie sehen diese Unterschiede aus?
van Elsen: In jedem Bundesland ist die Gesetzeslage zur Sozialen Landwirtschaft auf Landesebene wirksam. Das heißt, dass auch die Strukturen, wie die Beratung und die Finanzierung, unterschiedlich aufgebaut sind. Beispielsweise sind die Ansprechpartner zur Beratung nicht nur die Landwirtschaftskammern oder -ämter. In einigen Ländern sind nichtstaatliche Beratungsstellen wie die „Fachstelle Maßstab Mensch“ tätig oder in Ostdeutschland bis vor Kurzem das Thüringer Ökoherz, das seine Beratung jedoch aus finanziellen Gründen einstellen musste. Das macht es sehr unübersichtlich, wer vor Ort für die Anliegen der Landwirte zuständig ist. Um Abhilfe zu schaffen, stellen wir auf unserer Internetseite eine Liste und eine Karte mit möglichen Ansprechpartnern bereit.
Wie sieht es mit Finanzierungshilfen für Landwirte aus?
van Elsen: Durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist es seit 2016 einfacher für Landwirte und Landwirtinnen, soziale Angebote selbst anzubieten. Die Arbeit und Integration auf dem Hof wird so für die Betroffenen eine Alternative zu Werkstätten der sozialen Träger.
Durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist es seit 2016 einfacher für Landwirte und Landwirtinnen, soziale Angebote selbst anzubieten.
Sie lehren an der Universität Kassel im Fachbereich ökologischer Land- und Pflanzenbau. Welche Rolle spielt die Soziale Landwirtschaft in der Forschung?
van Elsen: Ich unterrichte unter anderem den „Einstiegskurs Soziale Landwirtschaft“. Dort binden wir auch Höfe ein, die bereit sind, selbst Soziale Landwirtschaft zu betreiben oder damit beginnen möchten. Das Ganze findet im Rahmen eines Universitätsmoduls statt, in dem die Studierenden die Höfe über vier Monate begleiten und beraten. Für die Landwirte ist das immer sehr wertvoller Input. Sie bekommen die eigenen Ideen von Studierenden gespiegelt, die kritisch nachfragen und auch konkrete Unterstützung anbieten. Zusätzlich bringen die Studierenden nicht nur Ideen mit, sondern sie können die Projektzeit auch nutzen, um Recherchen durchzuführen oder mit den Höfen erste Schritte in Richtung Umsetzung zu gehen.
Und nach diesen vier Monaten sind die Betriebe wieder auf sich gestellt?
van Elsen: Ja und nein. Sie finden zum einen Unterstützung in der Arbeitsgemeinschaft und zum anderen hat sich aus dem Bedarf für weitere Begleitung das Unternehmen „EntSpinnerei“ entwickelt. Drei ehemalige Absolventinnen dieses Kurses haben eine eigene Projektbegleitung für Soziale Landwirtschaft gegründet. Sie bieten professionelle Assistenz für Höfe, die in die Richtung gehen wollen und unterstützen Landwirte und Landwirtinnen bei der Umsetzung ihrer Ideen.