Dietmar kommt kurz nach mir an, steigt aus dem Auto und ist direkt beim „Du“. Das „Sie“ hätte auch nicht zu ihm gepasst. Mit Radio-Figuren wie „Günther, der Treckerfahrer“ oder „Der kleine Tierfreund“ erreichte er schon in den frühen Stunden der Privatsender Kultstatus. Tourneen durch ganz Deutschland, Bücher, Fernsehauftritte und sogar eigene Schauspielstücke sollten mit den Jahren folgen.
Wir setzen uns ins Vereinsheim des niedersächsischen SC Epe-Malgarten. Nebenan steht schon das Schützenfestzelt bereit. Dietmar hat gleich einen Auftritt, der Verein feiert sein 100-jähriges Bestehen.
Die Gepflogenheiten der Landbevölkerung sind ihm Vertraut. Kindheit und Jugend verbrachte Dietmar Wischmeyer in Niedersachsen auf einem kleinen Hof mit drei Kühen und sechs Schweinen. „Ich habe die Hofarbeit und den Garten gehasst. Wir waren Selbstversorger und haben nur Salz und Maggi gekauft. Bei der Bundeswehr öffnete sich für mich eine kulinarische Wolkendecke“, sagt er scherzend.
Im Gespräch kommt Dietmar nicht ein „öh oder äh“ über die Lippen, nur wohlformulierte Sätze. Und das klingelnde Telefon in der Tasche ignoriert er bestimmt. Stattdessen bekommt man von ihm Augenkontakt und viel Aufmerksamkeit.
In seiner Kindheit erzählt er, gab es nur Radio, kein Fernsehen. „Mein Opa hat sich morgens im Landfunk immer die Füllstände der Flüsse angehört, danach kamen die Ferkelpreise, das zog sich wie Stunden“, sagt er und rezitiert mit monotoner Stimme den Wasserstand der Hunte. Der Schulfunk weckte seine Begeisterung fürs Radio. „Der kleine Tierfreund ist daran angelehnt, deshalb redete er so betulich“, sagt Dietmar.
Der „Humorfacharbeiter“
Für Günther, den Treckerfahrer, die einzige seiner Radio-Figuren, die bis heute existiert, gab es dagegen ein Vorbild aus dem echten Leben. Wortgewandt, aber immer platt, derbe und auf den Punkt kommentiert er tagein, tagaus das Weltgeschehen: von der Tagespolitik über die Querelen der Städter bis zum alltäglichen Dorfleben. Dietmar Wischmeyer weiß, wie man im Alltag den Humor im Blick behält. „Aber als Landwirt wäre mir längst der Spaß vergangen“, sagt er.
Als Landwirt wäre mir längst der Spaß vergangen."
Unser Gespräch vergeht wie im Flug. Der Auftritt geht gleich los. Dietmar zieht noch eine Strickjacke über und geht über den Hintereingang ins Festzelt. Wenn ich mal in einem Aufzug stecken bleiben muss, dann bitte mit ihm.
Die Stimme aus dem Radio
Dietmar Wischmeyer (65) lebt in Niedernwöhren, Niedersachsen. Er studierte Philosophie und Literaturwissenschaften und züchtet die Hunderasse Rhodesian Ridgeback. Außerdem sammelt er Lkw und Trecker. Im Frühjahr 2023 geht er als „Günther, der Treckerfahrer“ auf Tour. Termine: wischmeyer.de
Sein neues Buch "Günther, aufgewachsen unter Niedersachsen" gibt es im Buchhandel (ISBN: 978-3982 2544 01) oder auf hier auf der Homepage.