Helga Trimborn ist auf dem Bauerngut Schiefelbusch in Lohmar (Nordrhein-Westfalen) zu Hause.
Aus einem Hofladen in der Garage entwickelten die vierfache Mutter und ihr Mann einen florierenden Direktvermarktungsbetrieb.
Zeit für z. B. ein Ehrenamt kam dabei dank eines ausgeklügelten Zeitmanagements nicht zu kurz.
Wenn Helga Trimborn morgens ihren Hofladen betritt, ist sie in ihrem Element. Zwischen frischen Eiern, hausgemachten Nudeln und Fleisch aus der hofeigenen Schlachtung begrüßt sie die Kunden mit einem Strahlen, das ansteckt. „Ich darf hier das vermarkten, was auf unserem Hof produziert wird. Das fühlt sich einfach gut an“, erklärt sie stolz und flitzt weiter, um die Tische im gemütlichen Bauerncafé einzudecken. Unterstützt wird sie bei ihren Arbeiten von einem 20-köpfigen Team.
Die 64-Jährige hat in ihrem Leben bereits vieles bewegt – mit Entschlossenheit, klaren Werten und einer gehörigen Portion Tatkraft. Aufgewachsen auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Siegburg, entdeckte sie als 13-Jährige bei einem Kochkurs ihre Leidenschaft für Hauswirtschaft: „Ich wusste sofort, dass ich später eine Hauswirtschaftslehre machen möchte“, erzählt sie. Mit dem Abschluss als Ökotrophologin in der Tasche arbeitete die gebürtige Rheinländerin später in der Erwachsenenbildung und organisierte Kochkurse für Männer oder Mutter-Kind-Kurse.
Doch das Leben hatte andere Pläne: Eines Tages fuhr die damals 23-jährige Helga eine Mitarbeiterin zum Erntefest nach Lohmar. „Da forderte Albert mich zum Tanzen auf und somit waren die ersten gemeinsamen Schritte gemacht“, erinnert sie sich. Mit 25 heiratete sie den jungen Landwirt und zog auf dessen Hof, der in den Anfängen stand. Nachdem die Kinder des Paares auf die Welt gekommen waren – vier Kinder in vier Jahren – gab sie schweren Herzens ihren Beruf auf und entschied, sich auf den Betrieb zu konzentrieren.
Hofladen in der Garage
„Was mache ich als nächstes?“, lautet die Frage, die Helga Trimborn schon immer umgetrieben hat. Mit der Entscheidung für den Hof drängte sich ihr eine Idee ganz besonders auf: in der Garage einen kleinen Hofladen eröffnen. „Wir haben bei Null angefangen. Heute frage ich mich, woher wir den Mut nahmen“, erzählt die Direktvermarkterin und schmunzelt.
Inzwischen hält die Familie Hühner, Gänse, Kühe und Schweine, betreibt Ackerbau und baut Spargel an. Gäste können sich den selbst gebackenen Kuchen im Hofcafé schmecken lassen, den Betrieb entdecken oder eine der vier Ferienwohnungen mieten. Die Produkte der Trimborns gibts im hofeigenen Laden, in der fünf Kilometer entfernten Zweigstelle an einer viel befahrenen Landstraße oder im regionalen Einzelhandel in ca. 80 Märkten. Ob Geflügel, Milchkühe oder Gastronomie: „Jeder Bereich musste so groß sein, dass sich Maschinen und Mitarbeiter rechnen“, erklärt Helga Trimborn, die sich selbst vor allem als Unternehmerin sieht.
Während Helga und Albert Trimborn ihr Bauerngut kontinuierlich, manchmal rund um die Uhr, aufbauten, versuchten sie, ihren Kindern ein unbeschwertes Aufwachsen zu ermöglichen. „Wir mussten selbst schon in jungen Jahren so viel arbeiten. Bei unseren eigenen Kindern hatten die Hausaufgaben und ein Hobby Vorrang“, erklärt sie. Der Plan scheint aufgegangen zu sein: Alle vier haben Universitätsabschlüsse. Andreas ist Agrarwissenschaftler und führt mit dem Vater eine GbR. „Simon hat Betriebswirtschaft studiert und hilft mir mit dem Marketing, bei unserem Online-Shop und der Mitarbeitersuche. Unsere Töchter haben Vorlesungen zum Thema Lehramt bzw. Unternehmensberatung mit Schwerpunkt Agro-Afrika gehört und unterstützen mich in allen anderen Bereichen.“
Hürden und Herausforderungen
Den Überblick über ihre turbulenten Arbeitstage behält Helga Trimborn auch dank eines zweiten Standbeins: Als Expertin für Zeitmanagement und Coachin unterstützt sie Menschen aus der Landwirtschaft in Seminaren dabei, Betriebsabläufe neu zu strukturieren. „Ich möchte die Lebensqualität – vor allem von Bäuerinnen – verbessern. Es ist wichtig, mal anzuhalten, Pause zu machen und zu genießen“, sagt sie ernst. Auch auf dem eigenen Betrieb werden diese Grundsätze gelebt. So kam etwa die Reduzierung der Öffnungszeiten von Donnerstag bis Sonntag zustande. Zudem sind Stellen für Geschäftsführung, Büro, Marketing und Fahrer geschaffen worden.
Es ist wichtig, auch mal anzuhalten, Pause zu machen und zu genießen.“
Hört man Helga Trimborn zu, so spürt man, dass sie achtsam mit den Herausforderungen auf dem Hof umgeht. Natürlich habe es auch mal Neider und Kritiker gegeben. „Im Gespräch stelle ich dann meist fest, woher der Neid kommt und wie ich damit umzugehen habe“, sagt sie. Zwinkernd ergänzt sie: „Da kommt uns zudem unsere Einzellage zugute.“
Abwechslung hat sie genug. Sie engagiert sich ehrenamtlich in der Landwirtschaft, im Tourismusverein und ist politisch aktiv im Stadtrat. Erholung findet sie in der Sauna oder auf mehrtägigen Radtouren mit ihrem Mann. So langsam möchte das Ehepaar „etwas runterkommen“. Für den betrieblichen Übergang scheut die Familie sich nicht, die Hilfe von Steuer- und Wirtschaftsberater sowie Mediator einzubeziehen.
Ein Leben lang
Bis es so weit ist, trifft man Helga Trimborn weiter in Hofladen und -café. Dort läuft übrigens auf einem Bildschirm im Foyer die Folge von „Land und Lecker“, bei der die leidenschaftliche Köchin mitgewirkt hat. Das ist, neben der Auszeichnung als „Unternehmerin des Jahres 2014“ vom Deutschen LandFrauenverband, ein Highlight, auf das sie gerne zurückblickt.
Besonders wertvoll sind für sie die Besuche der acht Enkel und Kunden auf dem Hof, glückliche Gesichter beim Kühestreicheln oder Kuchenessen. „Ich habe vor 40 Jahren in der Garage angefangen und manche Familien fast ein Leben lang begleitet, ohne es überhaupt zu merken. Das ist doch verrückt“, sagt sie lächelnd und macht sich wieder auf zu ihren Gästen.