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topplus Zwischen Fürsorge und Herausforderung

Zum Leben von Familien mit behinderten Kindern

Viel Liebe, viele Sorgen auf dem Hof: Familien mit behinderten Kindern müssen sich speziellen Anforderungen stellen. Wie gehen sie damit um? Wir haben mit Betroffenen gesprochen.

Lesezeit: 5 Minuten

Ein behindertes Kind in der Familie zu haben, ist oft schwierig und fordernd, kann aber auch sehr bereichernd sein“, fasst eine Leserin am Telefon zusammen, was es für sie bedeutet, einen blinden Bruder zu haben.

Prof. Dr. Jeanne Nicklas-Faust, Bundesgeschäftsführerin der Lebenshilfe und Mutter einer jungen Frau mit schwerer geistiger Behinderung, bekräftigt: „Mein Leben mit einem behinderten Kind ist genauso glücklich oder unglücklich, wie es vorher war. Es ist anders, häufig anstrengender. "Einmal körperlich, so die Professorin, wenn man das geliebte (Geschwister-)Kind pflegt. Zudem mental, weil man eine große Verantwortung spüre und sich im Urwald aus Gesetzen und Anträgen zurechtfinden müsse. Insgesamt würden viele Familien ihren Alltag und ihre Werte neu ausrichten.

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„Die eigenen Bedürfnisse stehen immer hinten an“, berichtet Maria Ludwigt. „Es ist wichtig, gut mit seinen Kräften zu haushalten und den Akku regelmäßig aufzuladen.“ Ein weiterer belastender Faktor: mangelhafte Inklusion. Was die gesellschaftliche Teilhabe, d. h. die Betreuung und Beschulung von Menschen mit Behinderungen angeht, ist leider noch viel zu tun. Einige Familien fühlen sich manchmal beäugt oder ausgegrenzt. Vielen tut der Austausch in Selbsthilfegruppen gut.

An alle denken

Maria Ludwigt (49) erzählt von dem Leben als Familie mit einem schwerstbehinderten Kind.

Unseren ältesten Sohn Lennart in andere Hände zu geben, ihn in einem Pflegeheim in der Nähe unterzubringen, war ein unglaublich schwerer Schritt. Ständig ging uns durch den Kopf: Sind wir schlechte Eltern? Können wir das Lennart und uns als Familie zumuten? Jahre später glaube ich, dass es die richtige Entscheidung war. Denn Lennart hätte nichts davon gehabt, wenn wir an der Situation kaputt gegangen wären oder uns getrennt hätten. Und, wäre er gesund, würde er mit 20 wohl auch nicht mehr zu Hause wohnen.

Bei Lennart liegen gleich zwei Gendefekte vor. Das macht die besondere Schwere seiner Erkrankung aus. Er sitzt im Rollstuhl, muss nachts beatmet werden und kann nicht sprechen – aber lachen kann er und nimmt damit regelmäßig sein Umfeld für sich ein. Manchmal denke ich auch, dass er das Wort „Kuchen“ für sich verstanden hat. Den isst er für sein Leben gern.

"Die richtige Entscheidung"

Bis zu seinem 12. Lebensjahr haben wir Lennart zu Hause in Niederkrüchten, Nordrhein-Westfalen, versorgt. Unzählige Male mussten wir ins Krankenhaus, hatten häufig Angst um ihn. Für uns als Familie gehörte das dazu, auch Lennarts jüngere Geschwister Silas und Mathilda kannten es nicht anders. Die Situation änderte sich im Sommer 2012, als mein Mann sich den Ellbogen brach. Uns wurde klar: Wir schaffen das nicht mehr allein. Denn Lennart morgens für die Schule fertig zu machen, dauerte nicht nur sehr lange. Ihn aus dem Bett zu heben und zu tragen, hat mich auch an körperliche Grenzen gebracht. Und dann brauchten doch auch Mathilda und Silas meine Hilfe! Gerade in der Kindergarten- und Grundschulzeit haben sie auf vieles verzichten müssen.

Wir sehen Lennart jetzt jedes Wochenende. Entweder wir besuchen ihn in seiner WG in der Intensiv-Pflegeeinrichtung, wo die pädagogische Kraft z. B. Familien-Kaffeetrinken organisiert, oder wir holen ihn für einen Tag zu uns. Ich bin in meinen Beruf als Lehrerin zurückgegangen. Die Arbeit tut mir gut.

"Ich hab so viel von ihm gelernt!"

... sagt Heidi Behringer (64) über ihren älteren Bruder mit Behinderung.

Adolf ist mit dem Down-Syndrom zur Welt gekommen. Als Erwachsener hat er 33 Jahre lang bei mir und meiner Familie gelebt, auf unserem Hof in Murg, Baden-Württemberg, mit Pferden, Hühnern, Schafen und Hasen – das heißt, eigentlich hatte Adolf nur Augen für Katze „Tigerle“, die sogar in seinem Bett schlafen durfte.

Adolf, den ich schon als Kind verteidigt habe, ist 2018 verstorben, nach drei Jahren schwerster Demenz, Epilepsie und Lähmung. Die Zeit mit ihm war nicht immer leicht, häufig auch kräftezehrend. Vor allem was Behördengänge, die Pflegesituation und die Beschaffung von Hilfen anging. Aber, ich möchte keinen Tag missen.

Sich noch besser in Menschen mit Behinderungen einfühlen

Ein Beispiel aus unserem Alltag: Adolf hatte große Probleme mit den Zähnen, oft zu schnell gegessen und sich dadurch über den Esstisch erbrochen. Ich geriet in einen wahnsinnigen Zwiespalt. Denn eigentlich wollte ich, dass die ganze Familie zusammenkommt, aber unsere vier Kinder sagten mir, es ginge nicht mehr. Nach einem Gespräch mit der Leiterin der Behindertenwerkstatt, in der Adolf täglich arbeitete, beschloss ich schweren Herzens: Er würde alleine in seiner kleinen Wohnung auf dem Hof essen und ich mit einem Kaffee danebensitzen. Dort aß er deutlich besser.

Heute denke ich: Adolf hat mir viel beigebracht. Ich kann mich noch besser in Menschen mit Behinderungen einfühlen. Auch deshalb führe ich auf dem Hof tiergestützte Therapie unter anderem mit unseren Pferden durch.

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