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topplus Industriegebiet verhindern

Leserfrage: Wie kann ich verhindern, dass die Gemeinde ein Industriegebiet auf meinen Flächen baut?

Die Gemeinde plant ein Industriegebiet, in dem 20 ha liegen, die wir bewirtschaften. 2 ha davon gehören uns, der Rest ist gepachtet. Ich will Widerspruch gegen den Bauplan einlegen. Wie gehe ich vor?

Lesezeit: 4 Minuten

Frage:Die Gemeinde plant ein Industriegebiet, in dem 20 ha liegen, die wir bewirtschaften. Zwei ha davon gehören uns selber, der Rest ist Pachtfläche. Die Firma, die auf dem Gelände bauen will, hat schon mit mehreren meiner Verpächter Vorverträge geschlossen. Sie wollen das Land dann überschreiben lassen, wenn der Bebauungsplan steht. Nun hat die Gemeinde das Aufstellungsverfahren des Plans bekannt gemacht. Ich will dagegen Widerspruch einlegen, um das Industriegebiet zu verhindern. Wie formuliere ich das Schreiben am besten? Außerdem sucht er rechtlichen Beistand.

Der Sachverhalt bis heute lautet: Die Gemeinde hat den künftigen Bebauungsplan in Vorbereitung. Gegenwärtig läuft das Aufstellungsverfahren.

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Antwort:Es gibt zwei Rechtsschutzmöglichkeiten, gegen den Bebauungsplan vorzugehen. Die Rechtslage lautet wie folgt:

1. Während der Zeit der Vorbereitung des künftigen Bebauungsplans gibt es für Betroffene und Bürger zweimal die Gelegenheit, sich zu den Planungen zu äußern. In aller Regel führt die Gemeinde hierfür zwei Informationsveranstaltungen durch. Die zweite hat im vorliegenden Streitfall wohl bereits stattgefunden.

2. Wer den künftigen Bebauungsplan verhindern möchte, sollte seine Argumente gegen den Plan kennen und aufschreiben. Sollen diese Argumente später rechtlich gehört werden, müssen sie bei der Gemeinde innerhalb der mitgeteilten Auslegungsfrist des Bebauungsplanentwurfs (sog. Bauleitplanentwurf) als schriftliche Stellungnahme eingereicht werden. Andernfalls gehen die Rechte verloren (BauGB). Die Frist beträgt häufig einen Monat.

3. Der Bauleitplan wird dann noch einmal überarbeitet werden, und schließlich steht der offizielle Bebauungsplan fest. Die Gemeinde beschließt dann den Bebauungsplan als Satzung und macht die Satzung ortsüblich im Amtsblatt o.a. bekannt (BauGB). Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Satzung ist rechtlich gesehen keine behördliche Entscheidung, sondern eine gesetzliche Vorschrift. Die Gemeinde wird sozusagen als Gesetzgeber und nicht als Behörde aktiv.

4. Es gibt zwei Rechtsschutzmöglichkeiten gegen den Bebauungsplan:

Möglichkeit 1: Wer fristgerecht eine schriftliche Stellungnahme nach dem BauGB eingereicht hatte, darf innerhalb eines Jahres ab der Bekanntmachung des Bebauungsplans beim zuständigen Oberverwaltungsgericht eine Klage auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit einreichen (VwGO). In Hessen ist der VGH Kassel das Oberverwaltungsgericht. Dieses Gericht prüft dann, ob der Bebauungsplan inhaltlich und formell gesetzeskonform ist oder aber gegen höherrangiges formelles oder inhaltsbezogenes Recht verstößt.

Die Prozessparteien (Kläger und Gemeinde) erhalten später ein Urteil erster Instanz.

Danach geht es gegebenenfalls weiter mit einem Urteil zweiter Instanz (Bundesverwaltungsgericht). Im Fall einer Grundrechtsverletzung entscheidet das Bundesverfassungsgericht, was aber sehr selten der Fall ist.

Parallel hierzu als Ergänzung der Möglichkeit 1:

Wer als Betroffener darlegen kann, dass er schwere Nachteile zu befürchten hat, wenn der Bebauungsplan umgesetzt wird (z.B. Existenzgefährdung), kann beim selben Gericht den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stellen (VwGO). Dies ist auch möglich, wenn es einen sonstigen wichtigen Grund dafür gibt, den Bebauungsplan nicht umgehend umzusetzen (z.B. Artenschutz).

Das Gericht prüft dann beides: a) die schweren Nachteile und b) den Verstoß gegen höherrangiges Recht. Im Bejahensfall verbietet es der Gemeinde die Umsetzung des Bebauungsplans innerhalb der nächsten Zeit (vorläufig, bis zur Rechtskraft der Gerichtsentscheidung unter Möglichkeit 1).

5. Möglichkeit 2: Der Bebauungsplan wird umgesetzt. Ein Unternehmen erhält eine Baugenehmigung mit sogenannter Drittwirkung gegenüber dem Betroffenen. Dann darf der Betroffene als Dritter (z.B. Nachbar) gegen die Erteilung der Baugenehmigung zugunsten des Unternehmens klagen. Er reicht beim Verwaltungsgericht eine sog. Anfechtungsklage nach VwGO ein. Mit dieser Möglichkeit kann ein Betroffener aber nur diese eine Baugenehmigung angreifen und – in der Regel nicht zwingend den sozusagen kompletten Bebauungsplan.

6. Ob der Betroffene überhaupt passende Argumente gegen den Bauleitplan und dann Bebauungsplan vortragen kann, sollte ein Rechtsanwalt prüfen, der auf öffentliches Baurecht spezialisiert ist. Das können z.B. Fachanwälte für Bau- und Architektenrecht sein. Nicht jedes Industriegebiet kann verhindert werden.

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