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Wenn der Neffe zum Hoferben wird

"Was früher selten war, kommt immer öfter vor: Weil der Nachwuchs fehlt oder kein Interesse an der Landwirtschaft hat, übernimmt der Neffe oder die Nichte den Betrieb. Das Modell birgt aber einige steuerliche und rechtliche Fallstricke. Hier finden Sie www.bundesfinanzministerium.

Lesezeit: 15 Minuten

"Was früher selten war, kommt immer öfter vor: Weil der Nachwuchs fehlt oder kein Interesse an der Landwirtschaft hat, übernimmt der Neffe oder die Nichte den Betrieb. Das Modell birgt aber einige steuerliche und rechtliche Fallstricke.

Hier finden Sie  www.bundesfinanzministerium.de/  ein BMF-Schreiben zur "Be­wer­tung ei­ner le­bens­läng­li­chen Nut­zung oder Leistung"



Nachstehend finden Sie von unseren Experten weiterführende Infos zu steuerlichen und rechtlichen Fallstricken.


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Hofübergabe an Neffen - Steuerliche Hinsicht 

Mangels eigener Nachkommen werden mehr und mehr landwirtschaftliche Betriebe oder außerlandwirtschaftliche Vermögen nicht in gerader Linie an Verwandte oder Ehegatten/eingetragene Lebenspartner übertragen. Sofern dies in vollem Umfang unentgeltlich geschieht, liegt ein Vorgang vor, der der Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer unterliegt. Die Übertragung der Grundstücke ist dann grunderwerbsteuerfrei nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG. Sofern jedoch eine Gegenleistung vereinbart wird, liegt insoweit eine Entgeltlichkeit oder Teilentgeltlichkeit vor, die zur Grunderwerbsteuer führen kann.

Es gilt der Grundsatz: Die Schenkung von Grundstücken an Kinder ist zwar grunderwerbsteuerbar, löst aber keine Grunderwerbsteuer aus, da Verwandte in gerader Linie gemäß § 3 Nr. 6 GrEStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen sind. § 3 Nr. 6 GrEStG gilt auch für Stiefkinder sowie für Ehegatten oder Lebenspartner von Kindern und Stiefkindern. Etwas anderes gilt bei Grundstücksschenkungen an Geschwister oder an Nichten oder Neffen, wenn die Schenkung mit einer Gegenleistung oder Auflage verbunden ist, die bei der Schenkungsteuer abziehbar ist (§ 3 Nr. 2 Sätze 1 und 2 GrEStG).

Bis zur Änderung des Erbschafts- und Schenkungsteuergesetzes zum 1. Januar 2009 war dieses Thema noch kein Problem. Durch die Änderung des Erbschafts- und Schenkungsteuergesetzes zum 1. Januar 2009 werden Nutzungs- und Duldungsauflagen, z. B. ein Wohnrecht, bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer voll abgezogen und nicht lediglich über eine Stundung der Erbschaftsteuer berücksichtigt. Dieses gilt entsprechend für die Übertragung unter einem Nießbrauchsvorbehalt. Derartige bei der Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer abziehbare Nutzungs- und Duldungsauflagen unterliegen der Grunderwerbsteuer nach § 3 Nr. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Als Gegenleistungen gelten nämlich auch die vom Übernehmer übernommenen sonstigen Leistungen und die dem Übertragenden vorbehaltenen Nutzungen. Gleiches gilt für die Leistungsauflagen, die der Übernehmer zu erbringen hat, z. B. an den Übernehmer zu zahlende Altenteilsleistungen, Abfindungszahlungen an weichende Erben.

Übertragung von steuerlichen Privatvermögen

Der kinderlose Onkel überträgt seiner Nichte ein Mietwohnhaus im Verkehrswert von 2.100.000,00 € und einem Steuerwert von 2 Millionen €. Die Nichte verpflichtet sich in dem Übertragungsvertrag, Verbindlichkeiten von 300.000,00 € zu übernehmen. Außerdem verpflichtet sie sich, eine lebenslängliche monatliche Rente mit einem Kapitalwert von 200.000,00 € an ihren Onkel zu zahlen. Die Erwerbsnebenkosten (Beurkundung, Grundbuchkosten usw.) von 8.000,00 € trägt ebenfalls die Nichte.


Auswirkung


Die Nichte kann die Gegenleistung von 500.000,00 € bei der Schenkungsteuer vom Steuerwert des Grundstückes (2 Millionen €) und die Nebenkosten in voller Höhe abziehen (R 7.4 ErbStR 2011). Das Grundstück unterliegt somit mit einem anteiligen Wert von 1.492.000,00 € der Schenkungsteuer. Der Grunderwerbsteuer unterliegen die erbrachten Gegenleistungen von 500.000,00 €. Die Erwerbsnebenkosten von 8.000,00 € gehören nicht dazu, da sie vom Erwerber geschuldet werden. Die fällige Grunderwerbsteuer ist gemäß § 9 Abs. 3 GrEStG der Gegenleistung nicht hinzuzurechnen. Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG greift gemäß § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG ebenso wenig ein, wie die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 6 GrEStG. Die Grunderwerbsteuer würde gemäß GrEStG in Verbindung mit den jeweiligen länderrechtlichen Regelungen in Schleswig-Holstein z. B. 6,5 % von 500.000,00 €, also 32.500,00 € betragen.


Übertragung eines landwirtschaftlichen Betriebes


Der kinderlose Onkel ist Inhaber eines kleineren bereits ruhenden landwirtschaftlichen Betriebes am Stadtrand einer größeren Stadt. Der Onkel ist mit eigenen Einkünften und Renten versorgt. Er möchte nun die Hofnachfolge sicherstellen und überträgt den verpachteten landwirtschaftlichen Betrieb mit Nießbrauchsvorbehalt auf seinen Neffen.

Die jährliche Pachteinnahme für den verpachteten landwirtschaftlichen Betrieb beträgt 30.000,00 € per anno, dient der Versorgung des Onkels und ist Grundlage für das vorbehaltene Nießbrauch.

Der Jahreswert des Nießbrauchs beträgt somit 30.000,00 €. Auf den Jahreswert des Nießbrauchs ist der Vervielfältiger gemäß BewG anzuwenden. Da der Onkel im Zeitpunkt der Übergabe das 65. Lebensjahr vollendet hat, ist der Vervielfältiger (laut Tabelle für 2017) 11,444.

Es ergibt sich somit ein Kapitalwert des Nießbrauches, der sich ergibt aus Jahreswerte 30.000,00 € x Vielfältiger 11,444 = 343.320,00 €.

Dieser Kapitalwert wird nun mit dem jeweils gültigen Grunderwerbsteuersatz, z. B. 6,5 % multipliziert, sodass sich eine Grunderwerbsteuer von 22.315,80 € ergibt.




Nun könnte man auf die Fragestellung kommen: Ist das Nießbrauchsrecht bei der Übertragung eines landwirtschaftlichen Betriebes überhaupt abziehbar? Denn grundsätzlich besteht bei der Übertragung, auch von verpachteten Betrieben, die Möglichkeit der Optionsverschonung, nämlich der vollständigen Verschonung des übertragenen Betriebsvermögens von Erbschaftsteuer, wenn bestimmte Bedingungen eingehalten sind. Würde man den übertragenen Betrieb im oben genannten Sachverhalt der Optionsverschonung unterwerfen, würde sich naturgemäß das Nießbrauchsrecht nicht auswirken, da der Abzug nicht möglich, weil der gesamte erbschaftsteuerliche Wert von der Schenkungsteuer freigestellt ist.

Einen solchen Sachverhalt hatte der BFH im Jahr 2016 zu entscheiden. Der BFH ist mit folgendem Leitsatz der Fragestellung entgegengetreten: "Grundstücksschenkungen unter einer Auflage unterliegen hinsichtlich des Wertes der Auflage der Grunderwerbsteuer, wenn die Auflage bei der Schenkungsteuer abziehbar ist. Unerheblich ist, ob die Auflage tatsächlich bei der Schenkungsteuer abgezogen wurde. Das gilt selbst dann, wenn die Grundstücksschenkung insgesamt von der Schenkungsteuer befreit ist." Denn, so der BFH, es spielt für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer keine Rolle, ob Schenkungsteuer tatsächlich festgesetzt wurde und gegebenenfalls mit welchem Wert die Auflage sich dabei schenkungsteuerlich mindernd auswirkt. Die Festsetzung von Schenkungsteuer einerseits und von Grunderwerbsteuer andererseits haben hrensrechtlich und materiellrechtlich und grundsätzlich einen anderen Hintergrund und sind unabhängig voneinander. Nach diesen Grundsätzen ist es nach § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG ohne Bedeutung, dass die freigebige Zuwendung des Grundstücks zwar steuerbar ist, aber insgesamt erbschaftsteuerlich befreit bleibt. Ausreichend ist, dass der Wert der Auflage vom Erwerb im schenkungsteuerlichen Sinn abziehbar ist.

Insoweit lässt sich zusammenfassen: Die gemischte Schenkung bzw. die Schenkung unter Nutzungs- oder Duldungsauflage stellt aus grunderwerbsteuerlicher Sicht eine Gegenleistung dar. Falls der Erwerber kein Verwandter in gerader Linie bzw. Ehegatte ist, sind die Befreiungen nach § 3 Nr. 4 und Nr. 6 GrEStG nicht anwendbar. Häufig wird in der Praxis das Vermögen auf Geschwister oder Neffen bzw. Nichten übertragen. Die Gegenleistung ist deshalb der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen. Als Gegenleistung gilt auch die Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt oder Wohnrecht. Deshalb unterliegt der Kapitalwert des vorbehaltenen Nutzungsrechts der Grunderwerbsteuer. Bei der Ermittlung des Kapitalwerts für Zwecke der Grunderwerbsteuer ist die bewertungsrechtliche Begrenzung gemäß § 16 BewG auf den 18,6ten Teil des Steuerwertes nicht anwendbar (§ 17 Abs. 3 Satz 2 BewG).


Berücksichtigung von Altenteilszahlungen bei Übertragung vom Onkel auf den Neffen


Wenn der kinderlose Onkel seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf den Neffen oder die Nichte überträgt, ist ebenfalls die Versorgung des Onkels mit Altenteilszahlungen in der Praxis sehr häufig vorzufinden.

Typischerweise sind Altenteilszahlungen vom Zahlungsverpflichteten, nämlich dem Empfänger des Vermögens, Hofübernehmer, steuerlich als Sonderausgaben abziehbar, während der Zahlungsempfänger, Hofübergeber, die Zahlungen als sonstige Einkünfte zu versteuern hat. Dieses Modell des Familiensplittigs wird in der Praxis bei Hofübertragungen regelmäßig vorzufinden sein.

Das Einkommensteuergesetz begünstigt in diesem Sinne Vermögensübertragungen unter Angehörigen. Die Finanzverwaltung schränkt dieses Angehörigenprivileg durchaus ein, nämlich dass der Empfänger des Vermögens auch ein nahestehender Dritter sein kann (z. B. Schwiegerkinder, Neffen und Nichten) und ausnahmsweise sogar familienfremde Dritte nur dann sein können, wenn:

  • der Übernehmer aufgrund besonderer persönlicher Beziehungen zum Übergeber ein Interesse an der lebenslangen angemessenen Versorgung des Übergebers hat oder
  • die Vertragsbedingungen des Übergabevertrages allein nach dem Versorgungsbedürfnis des Übergebers und nach der Leistungsfähigkeit des Übernehmers vereinbart worden sind.
Danach ist es also grundsätzlich möglich, dass steuerlich wirksame Altenteilsvereinbarungen auch zwischen Onkel und Neffen getroffen werden können.

Adoption

Nach § 3 Nr. 6 GrEStG ist der Grundstückserwerb durch eine Person, die mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt ist, von der Grunderwerbsteuer befreit. Gemäß BGB sind Personen, deren eine von der anderen abstammt, in gerader Linie verwandt. Gemäß BGB sind des Weiteren Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben dritten Person abstammen - z. B. Geschwister Tante, Onkel - in der Seitenlinie verwandt. Der Verwandtschaft in gerader Linie kommt die Adoption gleich. Die Befreiung des Grunderwerbs durch ein adoptiertes Kind gemäß § 3 Nr. 6 GrEStG ist jedoch nur möglich, wenn die Annahme als Kind durch das Familiengericht im Zeitpunkt des Grunderwerbs bereits ausgesprochen war. Den Verwandten in gerader Linie stehen deren Ehegatten sowie Stiefkinder und deren Ehegatten gleich.

Besonders bei umfangreicherem Grundbesitz, der auf Nichten und Neffen übertragen werden soll, ist eine Adoption zu prüfen. Es ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass Adoption, die nur aus steuerlichen Gründen erfolgen, durchaus auch abgelehnt werden, d. h. nicht rechtskräftig werden.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Grunderwerbsteuer häufig übersehen wird, wenn ein Hof oder eine Immobilie von einem kinderlosen Erblasser/Schenker auf einen Neffen oder eine Nichte übergeht. Die Grunderwerbsteuer ist in jedem Fall einzuplanen und zum Gegenstand der Erörterung zu machen. Ob zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer in solchen Fällen eine Adoption ein probates Mittel ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller familiären Aspekte abzuwägen.

Autor:Stefan Heins, wetreu LBB Betriebs- und Steuerberatungsgesellschaft KG, Kiel

 

 

Hofübergabe an Neffen – rechtliche Aspekte 

Der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes ist frei darin, wem er unter Lebenden den Betrieb übertragen will, soweit er nicht durch Erbvertrag oder formlos bindenden Hofübergabevertrag eingeschränkt ist. Eine Übergabe an Nichten, Neffen und nichtverwandte Personen ist also ohne weiteres möglich. Den vorgesehenen Hofübernehmer kann der Übergeber zuvor adoptieren.

Seit 1977 erfolgt die Adoption durch einen notariell zu beurkundenden Antrag und einen Adoptionsbeschluss durch das Gericht. Bei der Adoption von Minderjährigen gilt der Grundsatz der Volladoption: Durch die Adoption werden dessen alte Verwandtschaftsverhältnisse mit allen Folgen im Familien- und Erbrecht beendet. Der Minderjährige verliert seine alten Verwandten und gewinnt durch die Adoption neue Verwandte.

 

Demgegenüber hat die Adoption von Erwachsenen keine Auswirkungen auf die Verwandtschaftsverhältnisse. Der Angenommene behält also seine leiblichen Eltern und erhält zusätzlich die Adoptiveltern. Unter besonderen Voraussetzungen kann die Adoption eines Erwachsenen ausnahmsweise auch als Volladoption erfolgen, also mit den Wirkungen einer Adoption eines Minderjährigen und der Folge, dass die bisherigen Verwandtschaftsverhältnisse erlöschen.

Bei der Entscheidung über die Adoption muss das Gericht prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen. Hier hängt es nicht allein vom Willen der Beteiligten ab. Vielmehr muss das Gericht prüfen, ob die Adoption sittlich gerechtfertigt ist. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn zwischen den Beteiligten ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits vor der Adoption entstanden ist. Eine Adoption aus ausschließlich steuerlichen Gründen hingegen dürfte auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen.

Auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des Adoptionsbeschlusses kommt es übrigens in der Höfeordnung für die Anwendung des Ältesten- oder Jüngstenrechtes an; entscheidend ist weder der Zeitpunkt des Antrages noch das Lebensalter des Adoptierten; diese Rechtsfolge ist meines Erachtens in Ansehung der Neuregelungen des Adoptions- und Adoptionsverfahrensrechtes zwingend, auch in der aktuellen höferechtlichen Literatur aber umstritten.


Der Antrag auf Ausspruch der Adoption bedarf der notariellen Beurkundung. In deren Rahmen müssen bei der Minderjährigenadoption die leiblichen Eltern und bei der Volljährigenadoption ein eventueller Ehepartner des Anzunehmenden in die Adoption einwilligen. Bei der Minderjährigenadoption muss der Antrag Darlegungen dazu enthalten, dass die Adoption dem Wohl des Kindes dient und die Entstehung eines Eltern-Kind-Verhältnisses zu erwarten ist. Beim Volljährigen muss die Adoption sittlich gerechtfertigt sein, was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. In Ausnahmefällen kann es genügen, wenn die Entstehung eines Eltern-Kind-Verhältnisses zu erwarten ist. Von einem Eltern-Kind-Verhältnis kann man dann sprechen, wenn eine „dauernde innere seelig-geistige Verbundenheit besteht, wie sie üblicherweise die Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern auch nach deren Volljährigkeit prägen, so eine in der Rechtsprechung verwendete Formel. Indizien für ein solches Verhältnis sind zum Beispiel das Vorliegen eines der natürlichen Generationenfolge entsprechenden Altersabstandes, persönlicher Umgang der Beteiligten, wie beispielsweise Besuche bei familiären oder kirchlichen Ereignissen, gegenseitige Unterstützung bei Krankheit und wirtschaftlichen Schwierigkeiten etc. Der Hauptzweck der Adoption muss familienbezogen sein. Dazu darf durchaus offengelegt werden, dass es darum geht, einen Nachfolger für die Fortführung des Lebenswerkes zu erhalten; auch wird eine bestehende Beistandsgemeinschaft anerkannt. Rein steuerrechtlich motivierte Adoptionen werden von den Gerichten abgelehnt.

 

Daraus folgt: Die rechtlichen Anforderungen an die Darlegung der sittlichen Rechtfertigung bei der Volljährigenadoption sind umso höher, je eher leibliche Kinder vorhanden oder wirtschaftsfähig sind. Bloßer Familienkrach rechtfertigt eine Adoption zur Seite nicht.

Adoption begründet Pflichtteilsrecht. Zur Vervollständigung des oben angesprochenen Gedankens ist darauf hinzuweisen, dass die Adoption ein Pflichtteilsrecht begründet. Kommt es also in der Folge einer Adoption zwischen dem Hofeigentümer und dem Adoptierten zu einem Zerwürfnis in dessen Folge ein anderer den Betrieb erhalten soll, so ist der Eigentümer durch das Pflichtteilsrecht des Adoptierten erpressbar. Diese Überlegungen machen deutlich, dass es für die Übergabe, man kann es nicht oft genug predigen, eines ausgereiften Gesamtplanes bedarf; es ist die Kunst des Notars, dabei nicht nur die rechtlichen, sondern auch die menschlichen, d.h. psychologischen und emotionalen Wirkmächte im Menschen zu kennen, zu erkennen und zu bedenken. Es geht also nicht um die schnelle Urkunde, sondern um langfristiges Vertrauen.

Nach dem Grundgesetz steht die Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung; auch wird das Erbrecht gewährleistet. Beide Grundrechte werden von der einfach gesetzlichen Ausgestaltung durch das Bürgerliche Gesetzbuch und die Höfeordnung geprägt, nicht aber ausgefüllt. Deutlich wird das beispielsweise im Pflichtteilsrecht; es umkreist den Kern des umstrittenen Begriffs von der Familie. Pflichtteilsberechtigt sind der Ehepartner des Erblassers und seine Abkömmlinge bzw., wenn Abkömmlinge nicht vorhanden sind, seine Eltern. Den Pflichtteilsanspruch hat nur, wer durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des gesetzlichen Erbteiles und dieser Erbteil kann gerade in den hier zu betrachtenden Fällen mit wenig leiblicher Verwandtschaft relativ größer sein. Am Pflichtteilsrecht hängt der Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen, der immer dann greift, wenn sich der Erblasser innerhalb von 10 Jahren vor seinem Tode oder vor der Übergabe arm geschenkt hat; das Verschenkte wird dann fiktiv zum Nachlass hinzugerechnet. Pflichtteilsansprüche sind „bequeme“ Ansprüche, denn sie sind ihrer Natur nach auf die Zahlung von Geld gerichtet. Geld, das der Erbe oder Übernehmer möglicherweise nur durch Versilberung des Nachlasses aufbringen kann.

Daraus folgt: Sollten bei der Übergabe an Nichten oder Neffen die Eltern oder ein Ehegatte noch leben, so wird der wirtschaftliche Sinn der Übergabe in aller Regel nur dann erreicht werden, wenn Eltern oder Ehegatten auf ihren Pflichtteil verzichten. Insoweit ist besonders die Vererblichkeit des Pflichtteilsanspruches zu bedenken. Es reicht also nicht, wenn sich die wohlmeinende Tante (Schwester des kinderlosen Eigentümers) mit der Übergabe an ihren Sohn (Neffe des Eigentümers) einverstanden erklärt und die alten Eltern alles mit Wohlgefallen ob der vermeintlich sichergestellten Nachfolge betrachten, keiner der Beteiligten aber an einen Pflichtteilsverzicht der Eltern denkt. Verstirbt oder übergibt erst der Hofeigentümer und dann dessen Eltern, könnten neidende Geschwister der Tante Pflichtteilsansprüche geltend machen.

 

Ein Pflichtteilsverzicht ist natürlich erst recht in den Fällen zu bedenken, in denen Abkömmlinge des Übergebers mit diesem zerstritten sind oder von diesem als nicht wirtschaftsfähig angesehen werden. Der Pflichtteilsverzicht bedarf wiederum der notariellen Beurkundung und in den Streitfällen wird selten Bereitschaft zum Pflichtteilsverzicht bestehen. Sind also Abkömmlinge vorhanden, wird eine Übergabe an Nichten oder Neffen regelmäßig nur dann in Betracht kommen, wenn die Abkömmlinge von sich aus kein Interesse am landwirtschaftlichen Betrieb zeigen. „Stadtflucht macht frei“, wie es in Abwandlung des mittelalterlichen Rechtssatzes heißen könnte.

Umgekehrt kann das durch die Adoption entstehende Pflichtteilsrecht das Pflichtteilsrecht der Eltern und entfernteren Abkömmlinge verhindern; Normzweck des § 2309 BGB ist es, eine Vervielfältigung der Pflichtteilslast durch Mehrfachbegünstigung desselben Stammes entgegenzuwirken und allen Pflichtteilsberechtigten zusammen nicht mehr als die Hälfte dessen zukommen zu lassen, was ihnen bei gesetzlicher Erbfolge zufiele.

Höfeordnung Nach der Höfeordnung sind - vorbehaltlich anderer Bestimmung durch Testament etc. - die Abkömmlinge der Geschwister des Erblassers, also die Nichten und Neffen, als Hoferben erst in vierter Ordnung berufen. Vor den Nichten und Neffen kommen  also in der ersten Hoferbordnung zum Zuge die Kinder des Erblassers und deren Abkömmlinge, in der zweiten Hoferbordnung der Ehegatte des Erblassers, in der dritten Hoferbordnung die Eltern des Erblassers, wenn der Hof von ihnen oder aus ihren Familien stammt oder mit ihren Mitteln erworben worden ist und noch vor den Nichten und Neffen in der vierten Hoferbordnung die Geschwister des Erblassers. Es wird also in aller Regel Bedarf geben, von dieser Reihenfolge abzuweichen und den Hof schon lebzeitig zu übergeben.

Eine wichtige Sonderregelung enthält § 17 Abs. 2 der Höfeordnung. Danach gilt zugunsten der anderen Abkömmlinge der Erbfall hinsichtlich des Hofes mit dem Zeitpunkt der Übertragung nur dann als eingetreten, wenn der Eigentümer den Hof an einen hoferbenberechtigten Abkömmling übergibt. Die Vorschrift stärkt im Ergebnis die Rechtsstellung des Eigentümers. Er bleibt frei, seine Abkömmlinge zu umgehen, indem er den Hof zu Lebzeiten an eine Nichte oder einen Neffen übergibt. In diesem Fall haben die Kinder des Eigentümers keinen im Zeitpunkt der Übergabe fälligen Abfindungsanspruch, auch nicht auf die nur nach dem Hofeswert bemessene niedrige Abfindung. Der Anspruch entsteht erst bei Ableben des Abgebers und dann auch nur in Höhe des Pflichtteilsanspruches und nur, wenn seit der Überlassung nicht mehr als 10 Jahre vergangen sind. Werden allerdings Nichte und Neffe zuvor aus Steuerersparnisgründen adoptiert, bestehen die Abfindungsansprüche der umgangenen Abkömmlinge in voller Höhe bei Überlassung des Hofes. Im Ergebnis muss sich der Übergeber also entscheiden, ob er Steuern sparen will oder im Ergebnis das Vermögen nicht doch an die übergangenen Kinder gibt.

Autor:Dr. Tilman Giesen, Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Lauprecht Rechtsanwälte Notare

 

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