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Steuer auf Biodiesel können wir nicht nachvollziehen

Mit der Novelle des Energie- und Stromsteuergesetzes soll die Steuerbefreiung für Land- und Forstwirte beim Einsatz von Biodiesel und Pflanzenöl gestrichen werden. Warum?

Lesezeit: 4 Minuten

Mit der Novelle des Energie- und Stromsteuergesetzes soll die Steuerbefreiung für Land- und Forstwirte beim Einsatz von Biodiesel und Pflanzenöl gestrichen werden. Warum?

 

Hemmerling: Das Bundesfinanzministerium (BMF) befürchtet beim Biodiesel wie auch bei anderen Strom- und Energiesteuerregelungen eine steuerliche Doppel- bzw. Überförderung, die nach EU-Beihilferecht ausgeschlossen ist. Hinter vorgehaltener Hand ist aber auch zu hören, dass das BMF wegen des angestrebten Ausbaues der Elektromobilität und allgemein stagnierender Einnahmen aus der Energiesteuer (ca. 39 Mrd. Euro jährlich) „Schlupflöcher“ schließen will.

 

Ist die Begründung für Sie nachvollziehbar?

 

Hemmerling: Gar nicht. Das EU-Beihilferecht verbietet zwar eine Überförderung. Gleichzeitig darf die Land- und Forstwirtschaft bei der Energiebesteuerung von den EU-Staaten besonders begünstigt oder sogar befreit werden. Mit der Erstattung der Energiesteuer für Biodiesel und Pflanzenöl kann eine Über- bzw. Doppelförderung in Deutschland somit gar nicht eintreten.

 

Die Dieselrückvergütung bzw. frühere Gasölverbilligung für fossilen Diesel soll dagegen bestehen bleiben. Wie ist das zu erklären?

 

Hemmerling: Die für die landwirtschaftlichen Betriebe enorm wichtige Agrardieselsteuererstattung ist EU-beihilferechtlich möglich und muss jeweils von der Bundesregierung in Brüssel angemeldet werden. Dies ist auch für die Jahre nach 2016 vorgesehen. In vielen EU-Mitgliedstaaten ist die Steuerermäßigung bei Agrardiesel deutlich größer bzw. es wird auf Agrardiesel überhaupt keine Steuer erhoben.

 

Inwieweit würde die Besteuerung Biokraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft benachteiligen? Und wie würde sich das auf den Absatz von Pflanzenöl auswirken?

 

Hemmerling: Dies wäre der Sargnagel für alternative Kraftstoffe in der Agrarbranche. Der Deutsche Bauernverband hat gerade mit anderen Partnern eine Branchenplattform für Biokraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft gegründet, um alle Partner der Wertschöpfungskette an einen Tisch zu holen. Uns ist klar, dass wegen der niedrigen Rohölpreise derzeit kaum Biokraftstoffe eingesetzt werden. Wenn die Preise für fossile Kraftstoffe wieder steigen, werden Pflanzenölkraftstoff, Biodiesel oder auch Biogas aber für viele Landwirte zu einer interessanten Alternative.

 

Hätten Landwirte überhaupt noch einen Anreiz, Biodiesel einzusetzen? Denn die Umrüstung bestehender Motoren auf reinen Biodieselbetrieb oder mögliche Serienmotoren der Hersteller verursachen ja zusätzliche Kosten.

 

Hemmerling: Für Biodiesel sind heute viele Schleppertypen ohne Aufpreis freigegeben. Bei Pflanzenöl hatten einige Hersteller schon vor einigen Jahren Motoren zur Serienreife entwickelt, aber nicht mehr am Markt eingeführt, so dass hier derzeit Umrüstungen mit Aufpreisen ab Werk erfolgen. Aktuell geht es vor allem darum, dass die Traktorenhersteller weiter Motorfreigaben für Biokraftstoffe erteilen und die entsprechenden Prüfungen und Zulassungen dafür durchführen. Dafür sind die Steuerpläne aus dem Bundesfinanzministerium völlig kontraproduktiv.

 

Welche Änderungen sind in Bezug auf die Besteuerung von Erdgas- bzw. Biogaskraftstoff geplant? Welche Auswirkungen hätte das für die Nutzung bzw. den Absatz dieser Kraftstoffe?

 

Hemmerling: Die Steuerermäßigung für Erdgas (CNG) und Flüssiggas (LPG) im allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr soll über 2018 hinaus bis Ende 2024 bzw. Ende 2021 verlängert und bis dahin schrittweise abgebaut werden. Damit soll der Anreiz zum Umstieg auf umweltfreundliche Kraftstoffe verlängert werden.

 

 

Welche weiteren Knackpunkte aus Sicht der Biokraftstoffe gibt es aus Ihrer Sicht?

 

Hemmerling: Der DBV fordert, Land- und Forstwirte von der Energiesteuer auf Biokraftstoffe direkt zu befreien. Das jetzige Rückerstattungsverfahren ist zu langwierig. Außerdem haben wir eine Anschaffungsprämie für klimafreundliche Schlepper und Landmaschinen mit Biokraftstoffantrieb vorgeschlagen. Das Bundesumweltministerium wollte unseren Vorschlag aber nicht in sein Klimaprogramm 2020 aufnehmen, weil es immer noch politische Berührungsängste beim Thema Biokraftstoffe hat. Hier steht sich die Klimaschutzpolitik selbst im Wege.

 

Wie ist der Stand der Diskussionen und welche Chancen sehen Sie, dass diese Änderung noch zurückgenommen wird?

 

Hemmerling: Der erste Entwurf des Energie- und Stromsteuergesetzes aus dem BMF ist durch Einsprüche aus dem Wirtschafts- und dem Landwirtschaftsministerium zunächst aufgehalten worden. Mittlerweile liegt ein überarbeiteter Entwurf aus dem BMF vor, in dem u.a. auch die ursprüngliche Besteuerung von selbsterzeugtem KWK-Strom gestrichen ist. Das BMF hält momentan aber immer noch an der Streichung der Steuerbefreiung für Biokraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft fest. Dafür gibt es aus unserer Sicht keinen Grund. Wir hoffen sehr, dass diese wirtschafts- und umweltpolitisch unsinnigen Vorschläge schnell von der Großen Koalition gestoppt werden.

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