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Neue 6-Felder-Tafel verbessert das Controlling

Die Milchkontroll-Daten zeigen sehr gut die Versorgungslage der Kühe. Doch die bekannte 9-Felder-Tafel passt nicht mehr. Deshalb haben Forscher ein neues Schema entwickelt.

Lesezeit: 16 Minuten

Die Milchkontroll-Daten zeigen sehr gut die Versorgungslage der Kühe. Doch die bekannte 9-Felder-Tafel passt nicht mehr. Deshalb haben Forscher ein neues Schema entwickelt.


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Der ausführliche Forschungsbericht:


3       Nutzung der MLP-Ergebnisse zur Charakterisierung der Versorgungslage und des Tierwohls von Milchkühen - eine kritische Betrachtung

 

Bernd Losand1), Stephan Hartwig2), Silke Heinz2) und Anke Römer1)

1)         Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern

2)         Landeskontrollverband für Leistungs- und Qualitätsprüfung Mecklenburg-Vorpommern e.V.

 

1.      Einleitung

Seit Beginn der 90er Jahre werden die Inhaltsstoffe der Milch zur Bewertung der Versorgungslage der Kühe im Herdenmanagement genutzt. Diese Zeit ist als Beginn der Entwicklung eines ausgeprägten, d.h. routinemäßigen Herdenmanagements (inkl. Fütterungsmanagement) anzusehen. Die Nutzung der monatlich anfallenden MLP-Daten für die Steuerung/optimierung der Haltung und Fütterung war und ist kostengünstig. Für das damalige Herdenniveau von 4.500 … 7.000 kg Milch waren das sehr zeitnahe Informationen. Zunehmend „fallen“ aber auch weitere Indikatoren zur Beurteilung der Versorgungslage aus den Managementdaten und aus der Tierbeobachtung an, die einerseits eine mehrdimensionale und damit exaktere Fütterungskontrolle erlauben, andererseits aber auch in gewisser Konkurrenz zu den Milchinhaltsstoffen im Hinblick auf die Schnelligkeit und das Gewicht der Aussage sowie die möglichen Managementreaktionen stehen.

Gegenüber dem Zeitpunkt der Einführung der „9-Felder-Tafel“ haben wir es fast mit einer Verdoppelung des Leistungsniveaus bei den heutigen Kühen zu tun. Trotzdem wirddiese auch heute für die Beurteilung des Herdenstatus noch gern und erfolgreich genutzt. Aus Sicht der Nutzer stimmt aber die Diagnose nach den MLP-Ergebnissen oft nicht mit der Diagnose am Tier bzw. nach weiteren Merkmalen überein. Insbesondere die Nutzung eines starren Mindestgehaltes an Milcheiweiß als untere Grenze für die Bewertung einer optimalen Energieversorgung unabhängig vom Leistungsniveau war mit den Beobachtungen am Tier (Veränderungen der Körperkondition, Tierverhalten, Milchleistungsentwicklung, Stoffwechseluntersuchungen im Blut) nicht in Einklang zu bringen. Außerdem zwingt uns auch eine teilweise vordergründige Tierwohldiskussion dazu, die Beurteilung der Versorgungslage der Kühe (Energiemangel, Eiweißmangel, Eiweißüberschuss) differenzierter und exakter zu bewerten und durchzuführen. Unberücksichtigt bei der bisherigen Bewertung bleibt die negative Beziehung des Milcheiweiß- und auch des Milchfettgehaltes zur Milchmenge. Schon Richardt (2003) empfahl daher, eine solche Grenzlinie in drei Stufen abnehmend oder in dynamischen Modellen nach Milchmenge anzusetzen. Zusätzlich zwingt uns die kritische Betrachtung der Tierhaltung als „Umweltverschmutzer“, Proteinüberversorgung zu vermeiden. Der Milchharnstoffgehalt zielt auf die Bewertung der Proteinversorgung ab. Er ist dabei positiv mit der Ausscheidung von N über den Harn korreliert. Dabei wird jedoch ein weiter Bereich zwischen 150 und 300 mg Milchharnstoff/Liter nach Kirchgessner u.a. (1986) als optimal bewertet. Praktische Erfahrungen, aber auch wissenschaftliche Untersuchungen zeigen jedoch, dass eine am Bedarf der Kuh und am Bedarf des Vormagensystems ausgerichtete Proteinversorgung über das Futter zu Milchharnstoffgehalten nicht höher als 200 bis 250 mg/Liter führt. Eine weitere Differenzierung der Bewertung der Proteinversorgung anhand des Milchharnstoffgehaltes könnte in der Praxis zur Einsparung von Eiweißfutter, zu geringerer N-Emission und damit zu geringerer gesundheitlicher und Umweltbelastung zwingen. 

Auf Initiative und in Zusammenarbeit mit dem LKV Mecklenburg-Vorpommern wurde eine Überprüfung der bisher im Bewertungsschema genutzten und alternativer Orientierungswerte für den Versorgungsstatus von Einzelkühen ausschließlich anhand der Milchinhaltsstoffe auf Basis der Nutzung der MLP-Daten aller Kühe in M-V eines Monats vorgenommen. Ziel war eine Qualifizierung der Aussagen der Milchkontrolle als Beitrag in einem systemisch angelegten Fütterungsmanagement.

 

2.      Material und Methoden

Einbezogen wurden nur Datensätze der schwarz- bzw. rotbunten Rassen Deutsche Holstein (DH) und Deutsches Schwarzbuntes Niederungsrind (DSN), für die der Laktationsstand der Kuh und die Milchmenge zur Verfügung standen. Von diesen Kühen wurde gleichzeitig die Milchmenge der Milchkontrolle des Vormonates erfasst. Die aktuelle Milchmenge und die Differenz der Milchmenge zum Vormonat wurde zur Validierung der Aussagen zur energetischen Versorgung der Einzelkuh genutzt. Der LKV prüft in Mecklenburg-Vorpommern mehr als 95%  aller statistisch erfassten Milchkühe (LKV M-V, 2014). Eine kurze Beschreibung der zur Verfügung gestellten Kontrolldaten gibt im Überblick Tabelle 1. In einem ersten Schritt erfolgte eine statistische Analyse der Beziehungen der Milchinhaltsstoffe zur Milchmenge. Im zweiten Schritt wurden die Datensätze nach unterschiedlichen Grenzziehungen für eine mögliche Mangelversorgung (Milcheiweißgehalt, Fett-Eiweiß-Quotient, Milchharnstoffgehalt, Milchfettgehalt) bzw. Überversorgung (Milcheiweißgehalt, FEQ, Milchharnstoff) gruppiert und dann in Abhängigkeit vom Laktationsstadium die Milchmenge bzw. die Milchmengendifferenz zur Vormonatskontrolle vergleichend mit dem Datenmittel dargestellt. Für die Darstellung des Proteinversorgungsstatus anhand des Milchharnstoffgehaltes wurde zunächst der Normalbereich von 150 – 300 mg/Liter zur Feststellung einer optimalen Versorgung angenommen.  

 

Tabelle 1: Milchmenge und Milchinhaltsstoffe der vom LKV MV zur Verfügung gestellten Milchkontrolldaten


MLP April 2015MLP März 2015
Auswertbare Betriebe549
Auswertbare Kühe132.862
Mittlerer Melktag208208
Mittlere Milchleistung (kg/Tag)29,430,7
% Milcheiweiß3,493,45
% Milchfett4,084,10
Milchharnstoff (mg/l)233229
Fett/Eiweiß-Quotient FEQ1,171,19



Aus der milchmengenabhängigen Darstellung der Milchinhaltsstoffe als lineare Regression lässt sich über die Nutzung des Restvarianzkoeffizienten (sR%) ein statistisch begründeter Normalbereich dieser Funktion (Linie) = (Mittelwert – sR%) bis (Mittelwert + sR%) ableiten. Dabei wurde jedoch der am Datenmittelwert ermittelte Anteil von sR für die gesamte Funktion zugrunde gelegt.  Die so berechnete untere Grenzlinie des normalen Milcheiweißgehaltes wird %Emin, die obere Grenzlinie des milchmengenabhängigen Normalgehaltes %Emax benannt.

Neben der von Spohr und Wiesner (1991) angegebenen Maßzahl für die Energieversorgung von 3,2 % Milcheiweiß wurde mit %Emin ein möglicher die Energieversorgung beschreibender niedriger Milcheiweißgehalt sowie der Fett/Eiweiß-Quotient bzw. die Kombination von beiden geprüft. Ferner wurden differenziertere Milchharnstoffgehalte zur Beschreibung des Proteinversorgungsgrades geprüft und neben dem noch physiologisch normalen oberen Milchharnstoffgehalt von 300 mg/Liter eine weitere Stufe definiert, die eine bedarfsgerechte Versorgung beschreiben soll. Die Milchleistung, der Milchharnstoffgehalt und die Milchmengenänderung zum Vormonat der nach unterschiedlichen Maßzahlen klassifizierten Milchleistungsergebnisse werden in Abhängigkeit vom Laktationsstand dargestellt und im Hinblick auf ihre Aussagefähigkeit hinsichtlich der Versorgungslage diskutiert.

 

3.      Ergebnisse und Diskussion

Wie bereits durch Spohr und Wiesner (1991) dargestellt ergibt die milchmengenabhängige Darstellung eine abnehmende Tendenz für den Milcheiweißgehalt wie auch für den Milchfettgehalt. Abbildung 1 stellt diese Beziehung für den Milcheiweißgehalt dar. Der statistische Zusammenhang ist mit einem Bestimmtheitsmaß B von 0,324 eher gering. Andere gewichtige Einflussgrößen, die diesen grundsätzlichen Zusammenhang jedoch nicht in Frage stellen, sind die genetische Veranlagung des Einzeltieres, aber auch die Versorgungslage auf der Ebene des Stoffwechsels der Kuh. Unbeachtet dieser weiteren Einflussfaktoren kann der statistische Zusammenhang zwischen Milchmenge (x) und Milcheiweißgehalt (y) durch folgende lineare Regression für die Gesamtheit des nicht unbeträchtlichen Datenpools repräsentativ beschrieben werden:




%Milcheiweiß = 4,149 – 0,0223 * kg Milch/Tag              B=0,324                       sR=0,307


Anhand des Verhältnisses von sRzum Mittelwert des gesamten Datenpools (3,49% Milcheiweiß) ergibt sich zum Mittelwert ein Schätzfehler von 8,8%. Wird dieser Anteil auf die gesamte Funktionsgleichung angewendet, ergibt sich ein Bereich zwischen %Emax und %Emin der im Folgenden als Normalbereich angesehen werden soll. Unterhalb der durch Spohr und Wiesner (1991) festgelegten Hilfslinie bei 3,2% Milcheiweiß, die von ihnen als ausreichender Milcheiweißgehalt bezeichnet wurde, befinden sich 20,1% der Werte. Diese würden nach der jetzigen Interpretation der 9-Felder-Tafel als energetisch unterversorgt interpretiert. Zwischen dem Eiweißgehalt und dem Fettgehalt der Milch besteht eine vergleichsweise hohe Korrelation von r=0,58, die besagt, dass auch der Fettgehalt in ähnlicher Weise mit der Milchmenge zurückgeht, bei geringerer Vorhersagesicherheit von B=0,248 und einer Reststandardabweichung sR von 0,648. Es zeigt sich weiterhin, dass der Quotient aus Fett und Eiweiß nahezu ausschließlich durch Ausschläge des Milchfettgehaltes bestimmt wird (r=0,79) und kaum durch den Milcheiweißgehalt (r=-0,03). Das bedeutet, dass ein erhöhter Fett-Eiweiß-Quotient fast ausschließlich durch ein Ansteigen des Milchfettgehaltes und eben nicht durch ein Absinken des Milcheiweißgehaltes entsteht. Zumindest dieses Ergebnis stellt die Bedeutung eines niedrigen Milch-Eiweißgehaltes für die Interpretation eines Energiemangels in Frage. Im Zeitraum der ersten acht Laktationswochen gibt es jedoch eine negative Tendenz des Eiweißgehaltes bei ansteigendem FEQ (r=-0,26). Während der restlichen Laktation gibt es keinen Zusammenhang mehr (r=0,02). Das zeigt, dass im eigentlich bedeutsamen Zeitraum für die Interpretation des FEQ auch ein absinkender Eiweißgehalt in der Milch für die Erhöhung des FEQ verantwortlich sein kann.



Abbildung 1: Milcheiweißgehalt in Beziehung zur Milchmenge, Datenlage MLP April 2015 in Mecklenburg-Vorpommern




 

Abbildung 2 zeigt die Darstellung der individuellen Milchharnstoffgehalte in Beziehung zur jeweiligen Tagesmilchmenge. Hier zeigt sich nur ein geringfügig positiver Zusammenhang mit marginaler Sicherheit (r=0,08). Die Trendlinie liegt ansteigend zwischen 210 und 270 mg/Liter. 




 

Abbildung 2: Milchharnstoffgehalt in Beziehung zur Milchmenge differenziert nach Laktationsabschnitten mit Trendlinien




Es zeigt sich, dass während der ersten 8 Laktationswochen der Milchharnstoffgehalt etwa 40 bis 20 mg/Liter niedriger liegt. Da nicht anzunehmen ist, dass in der allgemeinen Fütterungspraxis die Fütterung zu Laktationsbeginn proteinärmer gestaltet wird, ist dies Ausdruck einer geringeren Futteraufnahme. Im Bereich sehr niedriger Milchharnstoffgehalte unter 100 mg/Liter fehlen tendenziell höhere Tagesmilchmengen. Ausgehend von einem Optimalbereich um 210 bis 220 mg Milchharnstoff/Liter für die Interpretation einer ausgeglichenen Fütterung nach Energie- und Proteinbedarf bei ausgeglichener ruminaler Stickstoffbilanz RNB (nach Lebzien u.a., 2006) ist die Proteinversorgung der ausgewerteten Milchkühe im Mittel als ausreichend anzusehen, so dass mit einem als höhere Proteinversorgung zu interpretierenden ansteigenden Milchharnstoffgehalt keine höhere Milchmenge mehr zu erreichen ist (r=0,08). Offensichtlich gibt es aber geringfügig stärkere Tendenzen eines ansteigenden Milchertrages mit zunehmendem Milchharnstoffgehalt zu Beginn der Laktation (r=0,13).

Lässt sich eventuell aus der gesamten Datenmenge eine untere Grenze für einen Proteinbedarfsdeckung anzeigenden Milchharnstoffgehalt ableiten? Wird der Datenpool nach Milchharnstoffklassen eingeteilt und für jede dieser Klassen die lineare Regression berechnet (Tabelle 2) zeigt sich ein Bruch der Regressionskoeffizienten und des Bestimmtheitsmaßes in der Aussage bei etwa 150 – 200 mg Milchharnstoff/Liter. Diese Aussage erscheint angesichts der sehr niedrigen Bestimmtheitsmaße von unter 1% sehr vage. Da aber die Milchmenge primär durch die Energieversorgung bestimmt wird, gewinnt die Interpretation dieses Ergebnisses an Gewicht.

Tabelle 2: Anstieg b und Bestimmtheitsmaß B der linearen Beziehung zwischen Milchharnstoffgehalt in mg/Liter (y) und der Milchmenge in kg/Tag (x) in differenzierten Niveaus des Milchharnstoffgehaltes


Harnstoffniveaumg/LiterAnstieg bmg Milchharnstoff/kg MilchB in %
50 – 1000,110,60
100 – 1500,080,36
150 – 2000,040,06
200 – 2500,0040,00
250 – 3000,020,02
300 – 3500,020,02
350 – 4000,040,07





 



Abbildung 3:      Anteil der Kühe und auswertbaren Betriebe nach Milchharnstoffgehalt




Wird die Grenze eines die bedarfsgerechte Proteinversorgung charakterisierenden Milchharnstoffgehaltes in Anlehnung an Lebzien u.a. (2006)  bei maximal 250 mg/Liter gezogen, waren in Bezug auf die ausgewertete MLP im April 2015 ca. 39 % der Kühe und sogar 25 % der Herden als überversorgt angezeigt (Abbildung 3).

Zur Bewertung der Aussagekraft der die Energieversorgung charakterisierenden Milchinhaltsstoffkennzahlen sind die jeweils die Grenze in Richtung der Mangel- oder Überschusssituation überschreitenden Daten nach Laktationsstadium zusammengefasst worden. Kriterium der Bewertung war die Milchmenge sowie die Milchmengendifferenz der Einzeltiere zur Kontrolle im Vormonat. Als Grenzziehung für die Charakterisierung des Energiemangels dienten folgende Kriterien:

  • Milcheiweißgehalt < 3,2%
  • Milcheiweißgehalt < %Emin
  • FEQ >1,4
Zum Ausschluss falsch positiv (im Sinne Energiemangel) bewerteter Tiere nach Milcheiweißgehalt <%Emin wurden %Emin und FEQ kombiniert.
  • Milcheiweißgehalt < %Eminund FEQ >1,4
  • Milcheiweißgehalt < %Eminund FEQ >1,4
Ein solches Vorgehen soll die Kühe herausfiltern, die bei einem niedrigen Milcheiweißgehalt tatsächlich auch einen (anhand eines hohen FEQ) Energiemangel interpretiert bekommen. Das sind die Kühe, die die negative Korrelation zwischen Milcheiweißgehalt und FEQ vor allem in den ersten 8 Laktationswochen begründen und als Risikotiere im Hinblick auf eine Ketose angesehen werden können. Diejenigen Kühe mit einem niedrigen Milcheiweißgehalt und einem FEQ ≤ 1,4 sind möglicherweise Tiere mit einem genetisch bedingten niedrigen Milcheiweißgehalt und würden falsch positiv beurteilt.  

Abbildung 4 zeigt die Darstellung der täglichen Milchmenge der so gruppierten Daten in Abhängigkeit vom Laktationsstadium. Die momentane Milchleistung ist Ausdruck der aktuellen bis kurzfristig zurückliegenden Energie- und Nährstoffbereitstellung für die Milchsynthese. Es ist zu berücksichtigen, dass jeder Datenpunkt auf den Hilfslinien für die Kühe steht, die zu diesem Laktationszeitpunkt so klassifiziert wurden. Das können für jeden Punkt auf einer Linie andere Kühe sein.



 

 Abbildung 4:   Milchleistung der Kühe, die nach unterschiedlichen Kriterien der Milchkennwerte als energieunterversorgt charakterisiert wurden




Die Linie „gesamt“ charakterisiert dabei eine mittlere „Laktationskurve“ aller 132.862 Tiere der untersuchten Milchkontrolle. Im Vergleich dazu haben die am Milcheiweißgehalt von 3,2 % gemessenen Tiere ständig eine 3 bis 4 kg höhere Milchleistung. Die nach dem %Emin als mangelhaft energieversorgt beurteilten Kühe zeigen dagegen zu jedem Zeitpunkt der Laktation eine um 3 bis 5 kg geringere Milchleistung als die Gesamtheit der Tiere. Die entsprechend einem FEQ > 1,4 als mangelhaft versorgt beurteilten Tiere haben in den ersten zwei Monaten eine der Gesamtheit vergleichbare Milchleistung. Im weiteren Laktationsverlauf  ist die Milchleistung zunehmend bis zu 5 kg/Tag unter dem Niveau der Gesamtheit. Kühe mit einem Milcheiweißgehalt unter %Emin und einem FEQ  > 1,4 haben zu jedem Zeitpunkt der Laktation mit bis zu 10 kg unter der Gesamtheit die geringste Milchleistung. Dagegen weisen die Kühe mit einem Milcheiweißgehalt unter %Emin und einem FEQ < 1,4 einerseits eine 3 bis 4 kg geringere Milchleistung als die Gesamtheit, unterscheiden sich aber andererseits deutlich von den nach Milcheiweißgehalt unter %Emin und einem FEQ > 1,4 klassifizierten Kühen.



Abbildung 5:    Differenz der Milchleistung zum Vormonat (in %) der nach unterschiedlichen Kriterien der Milchkennwerte als energieunterversorgt charakterisiert wurden




Die Differenz der Milchleistung zum Vormonat kennzeichnet kurz- bis mittelfristig zurückliegende Veränderungen in der mittleren Stoffwechselsituation aus Sicht der für die Milchbildung bereitgestellten Energie. Während Mitte des zweiten Laktationsmonats noch von einem deutlichen Zuwachs auszugehen ist, pegelt sich nach Überschreiten des Laktationsgipfels zum dritten Laktationsmonat hin die monatliche Verringerung der täglichen Milchleistung auf etwa 5% der Vorleistung ein (Linie „gesamt“, Abbildung 5). In gleicher Weise reagieren die Kühe, die anhand des Grenzwertes von 3,2 % Milcheiweiß als unterversorgt eingestuft sind. Die nach %Emin bzw. einem FEQ > 1,4 als mangelhaft versorgt eingestuft wurden, verzeichnen mindestens doppelt so hohe Verringerungsraten. Im Falle der Einstufung nach einem Milcheiweißgehalt unter %Emin, gekoppelt mit einem FEQ > 1,4 werden Kühe als mangelhaft versorgt erfasst, die schon mit deutlich geringeren Steigerungsraten in die Laktation starten und die auch im Verlauf der Laktation extreme Milchleistungsdepressionen von 20 % und mehr zeigen. Bezogen auf die untersuchte Stichprobe in MV sind das etwa 20 % der Datensätze mit einem Eiweißgehalt unter %Emin über die gesamte Laktation und 29 % der Datensätze bis zum 56. Melktag.

Als Grenzziehung für die Charakterisierung eines relativen Energieüberschusses dienten folgende Kriterien:

  • Milcheiweißgehalt > 3,8 %
  • Milcheiweißgehalt > %Emax
  • Zum Erkennen von Tieren mit dem Risiko einer unzureichenden Versorgung an physikalischer Struktur diente
  • FEQ < 1,0


Abbildung 6:    Milchleistung der Kühe, die nach unterschiedlichen Kriterien der Milchkennwerte als energieüberversorgt bzw. strukturmangelversorgt charakterisiert wurden




Im Vergleich zur Gesamtheit der Tiere haben die Kühe, die mit einem Milcheiweißgehalt > 3,8 % als überversorgt gelten, über die gesamte Laktationsdauer hinweg sehr geringe Milchleistungen (Abbildung 6). Hier ist zu vermuten, dass nicht primär eine zu hohe Energieversorgung die Ursache ist, sondern dass andere Ereignisse (Erkrankungen, Brunst, Umstellung in andere Fütterungsgruppen) zu einer drastischen Verringerung der Milchleistung führten mit dem Effekt des Anstiegs der Milchinhaltsstoffgehalte. Dies sollte am Einzeltier geprüft werden. Bei Kühen mit verlängerter Laktation über den 305. Melktag hinaus betrifft das etwa 30 % der Tiere. Auch der obere „Grenzwert“ für den Normalbereich des Milcheiweißgehaltes %Emax ist nicht zwingend für die Feststellung einer überschüssigen Energieversorgung geeignet. In den ersten Laktationsmonaten werden damit offenbar Kühe bewertet, die eine sehr hohe Milchleistung haben bei trotzdem sehr hohen Inhaltsstoffen. Hier ist im Gegenteil die Milchleistung aufgrund der sehr guten Energieversorgung erbracht worden. Eine Reduzierung der Energieversorgung verbietet sich hier. Zum Ende der Laktation hin nähern sich die „Laktationsverläufe“ aber dem Verlauf der Gesamtheit an, womit das Risiko einer Überversorgung ansteigt. Bei diesen Tieren ist anhand anderer Kriterien aus der Fütterungskontrolle (z.B. positive Veränderung des BCS) das Risiko einer Verfettung zu prüfen.

Auch die Beurteilung der Kühe als strukturmangelversorgt (Risiko einer subklinischen Azidose) anhand eines FEQ < 1,0 lässt nicht zwingend auf eine Gefährdung schließen, da diese Tiere kontinuierlich eine etwa 3 – 4 kg höhere Tagesmilchmenge aufweisen als die Gesamtheit der Kühe und sich damit nicht abgrenzen lassen. Auch hier sind andere Parameter (Kotkonsistenz, Wiederkauverhalten) primär heranzuziehen.




4.      Schlussfolgerungen

  • ·  Ein starrer Milcheiweißgehalt ist als Anzeiger für den energetischen Versorgungsstatus von Milchkühen ungeeignet. Der Milcheiweißgehalt steht in negativer Beziehung zur Milchleistung: Für diesen Zusammenhang wurde folgende für einen repräsentativen Datenpool geltende Funktionsgleichung abgeleitet:      
%Milch-Eiweiß = 4,149 − 0,0223 * kg Milch/Tag;   B = 0,324; sR=0,307.

Die Reststreuung der Funktion sRim Verhältnis zum Mittelwert des Datenpools dient der Berechnung eines oberen (%Emax) und eines unteren (%Emin) Normalbereiches der Funktion.
  • Ein niedriger Milcheiweißgehalt ist kein ausreichender Anzeiger für Energiemangel.
  • Der FEQ ist unabhängig von der Milchleistung und daher besonders geeignet zur Beurteilung der Qualität der Energieversorgung unabhängig vom Laktationsstadium.
  • Der Milchharnstoffgehalt der untersuchten Kühe zeigt im Mittel sehr gute Bedarfsdeckung mit Futterprotein an, gemessen an 21,6 mg/100 ml Milch für ausgeglichene RNB (Lebzien u.a., 2006).
  • Der Milchharnstoffgehalt ist Anzeiger für die absolute Proteinversorgung im Verhältnis zum Bedarf, ist aber nicht zur Interpretation eines optimalen Proteingehaltes im Futter zu nutzen.
  • Die Fütterung sollte auf Milchharnstoffgehalte von > 150 bis maximal 250 mg/l eingestellt werden.
  • Hohe Milcheiweißgehalte allein können nicht ausreichend eine Energieüberversorgungssituation (von guter Versorgung) abgrenzen.
  • Eine Überarbeitung des Bewertungsschemas der Milchinhaltsstoffe für die Fütterungskontrolle ist dringend erforderlich.


Abbildung 7: Vorschlag Bewertungsrahmen der Milchinhaltsstoffe für die Energie- und Proteinversorgung von Milchkühen schwarzbunter Rassen (Kuhgruppen und Einzeltiere)




In Anlehnung an die 9-Felder-Tafel wird eine 6-Felder-Tafel unter Nutzung des Fett-Eiweißquotienten und des Milchharnstoffgehaltes empfohlen. Für die Abgrenzung einer mangelhaften von einer optimalen Energieversorgung wird ein FEQ von 1,4  und als Optimalbereich für die Proteinversorgung die Spanne im Milchharnstoffgehalt zwischen 150 und 250 mg/Liter angesetzt. Dieses Schema bietet die Möglichkeit, das Risiko extremer Versorgungssituationen mit Futterenergie über die Kombination mit dem Milcheiweißgehalt einzuengen. Die Ausweisung einer „hohen Energieversorgung“ in der ersten Laktationshälfte ist jedoch zu unterlassen.




5.      Literatur

Kirchgessner, M., M. Kreuzer u. D.A. Roth-Maier 1986. Milk urea and protein content to diagnose energy and protein malnutrition of dairy cows. Arch. Anim. Nutr. 36 (1986): 192-197

Lebzien, P., A. Riemeier, G. Flachowsky  2006. Investigation on the effect of ruminal N-balance on rumen metabolism, urea content in blood serum and milk as well as some liver parameters of lactating cows. Arch. Anim. Nutr. 60(2006): 99-109

LKV-MQD Mecklenburg-Vorpommern: Jahresbericht 2014

Richardt, W. 2003: Milchinhaltsstoffe als Indikatoren für die Fütterung und Gesundheit von Milchkühen. Themen zur Tierernährung. Fachtagung Deutsche Vilomix Tierernährung GmbH 2003/2004

Spohr, M. und H.-U. Wiesner 1991. Kontrolle der Herdengesundheit und Milchproduktion mit Hilfe der erweiterten Milchleistungsprüfung. Milchpraxis 4(1991): 231-236

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